Lockruf der Gefahr - Lockruf der Gefahr - Black Hills
Furchtbares erlebt, als wir jung waren. Wir haben überhaupt so einiges erlebt. Du täuschst dich, wenn du sagst, dass ich dir nicht vertraue. Und du täuschst dich auch, wenn du glaubst, mit Gewalt erreichen zu können, was immer du auch willst.«
»Ich will dich, Lil. Etwas anderes habe ich nie gewollt.« Als ihr Kopf zu ihm herumfuhr, waren ihre Wangen tatsächlich rot. »Lass mich in Ruhe!«
Sie spornte ihr Pferd an und trabte davon.
TEIL 3
Geist
Nichts auf weiter Welt ist einsam,
Jedes folgt und weiht sich hier
Einem andern allgemeinsam.
PERCY BYSSHE SHELLEY
21
M ist, dachte er und ließ sie ein Stück vorausreiten. Vielleicht würde sie ihre Wut abreagieren, vielleicht auch nicht. Aber es war ihm immer noch lieber, wenn sie wütend und nicht erschöpft war. Sie musste reiten, dachte er, musste wieder einmal richtig durchatmen. Über ihnen kreiste ein Adler, und überall duftete es nach Salbei und Wacholder. Er hörte ein Geräusch, das er als Balzlaut eines Birkhuhns interpretierte. Es kam aus dem Dickicht eines kalifornischen Flieders, dessen geschlossene Knospen kurz davor standen aufzubrechen.
Auch wenn sie wütend war, würde sie all das in sich aufnehmen, und danach würde es ihr bestimmt bessergehen.
Auch wenn sie nicht nach oben schaute und den Adler beobachtete, wusste sie trotzdem, dass er da war.
Als sie endlich langsamer wurde, holte er sie ein. Nein, ihre Wut war noch nicht verraucht. Sie war stocksauer.
»Wie kannst du nur so etwas sagen?«, fragte sie. »Alles, was du jemals wolltest? Du hast mich verlassen. Du hast mir das Herz gebrochen.«
»Das sehe ich anders. Ich kann mich nicht erinnern,
dass einer den anderen verlassen hätte. Und als wir gemeinsam beschlossen haben, dass eine Entfernungsbeziehung nicht funktioniert, hast du auch nicht gerade den Eindruck gemacht, als würde es dir das Herz brechen.«
»Als du das beschlossen hast. Ich war schon auf halbem Weg nach New York, um dich zu sehen, um mit dir zusammen zu sein. Ich war bereit, zu dir zu kommen, endlich mal Zeit mit dir zu verbringen, in deiner Heimat. Aber du wolltest nichts davon wissen.« Ihre dunklen Augen durchbohrten ihn. »Wahrscheinlich hast du gedacht, dass du mich nicht mehr so leicht verlassen kannst, wenn ich erst mal in deiner New Yorker Wohnung hocke.«
»Meine Güte, Lil, ich habe dich nicht verlassen.« Ihr Blick tat ihm weh, verletzte ihn tief, ohne dass sie es wahrnahm. »So war es nicht.«
»Wie war es dann? Du sagtest, du könntest so nicht weitermachen. Du müsstest dich auf dein Leben konzentrieren, auf deine Karriere.«
»Ich sagte, wir können so nicht weitermachen. Wir müssen uns auf unsere Karriere konzentrieren.«
»Quatsch!« Rocky scheute leicht, er reagierte verstört auf ihren aufgebrachten Ton. Sie beruhigte das Tier. »Wer gibt dir das Recht, für mich und meine Gefühle zu sprechen? Das kannst du nicht, weder damals noch heute.«
»Du hast dich nicht gewehrt.« Sein Pferd tänzelte genauso nervös wie Rocky. Coop beschwichtigte es und wollte wenden, damit er Lil ins Gesicht sehen konnte. Doch sie trabte wieder einfach davon. Mit zusammengebissenen Zähnen trieb Coop sein Pferd an und ritt ihr nach. »Du warst damit einverstanden«, sagte er, nachdem er sie eingeholt hatte, und ärgerte sich, dass er sich vor ihr rechtfertigte.
»Was blieb mir denn anderes übrig? Mich in deine Arme zu werfen und dich anzuflehen, bei mir zu bleiben, mich zu lieben?«
»Ehrlich gesagt …«
»Ich bin den ganzen weiten Weg bis zu diesem verdammten Motel in Illinois gefahren und war so aufgeregt! Es kam mir vor, als wären wir Jahre getrennt gewesen, und ich hatte Angst, meine Frisur oder meine Klamotten könnten dir nicht gefallen oder so was Blödes. Ich brannte förmlich darauf, dich wiederzusehen. Mein ganzer Körper schmerzte vor Sehnsucht.«
»Lil …«
»Doch ein Blick genügte, und ich wusste: Da stimmt was nicht. Du warst vor mir da, schon vergessen? Ich habe gesehen, wie du aus dem Diner gekommen bist und den Parkplatz überquert hast.«
Ihre Stimme klang anders - nicht mehr wütend, sondern traurig. Während ihn die Wut nur verletzt hatte, machte ihn die Trauer vollends fertig.
Er schwieg, ließ sie ausreden. Obwohl er ihr auch hätte sagen können, dass er das selbstverständlich nicht vergessen hatte. Er wusste noch genau, wie er diesen Parkplatz voller Schlaglöcher überquert hatte und auch, wie er sich bei ihrem Anblick gefühlt hatte. Er erinnerte sich an die Aufregung,
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