Lockruf der Gefahr - Lockruf der Gefahr - Black Hills
Ausweis und ihren Schmuck mit, den Rest überlässt er den Tieren. Die anderen Fälle sind ebenfalls ungeklärt. Danach hat es aufgehört, nach vier Morden war Schluss. Das heißt, dass er sich entweder auf andere Opfer verlegt hat oder wegen eines anderen Vergehens eingelocht wurde und jetzt im Gefängnis sitzt. Oder aber er ist tot.«
»Vier«, sagte sie, »vier Frauen. Es muss doch irgendwelche Verdächtigen oder Spuren gegeben haben.«
»Nichts, was wirklich überzeugend war. Meiner Meinung nach ist er entweder im Gefängnis oder tot. Es ist ziemlich viel Zeit vergangen, seit etwas Ähnliches passiert ist.«
»Und Menschen ändern sich nicht. Zumindest nicht von Grund auf«, fügte sie hinzu, als er sie ansah. »So ist
das mit dem Töten. Es ist etwas ganz Ursprüngliches. Wenn es derselbe Mörder ist, dann kennt er seine Opfer nicht, stimmt’s? Auf jeden Fall nicht näher. Es ist ein bestimmtes Beuteschema, das die Tat auslöst. Eine einsame Frau in einer bestimmten Umgebung. Sein Revier mag sich ändern, aber nicht sein Beuteschema. Hat ein Jäger einmal mit seiner Methode Erfolg, setzt er sie immer wieder ein.«
Sie ritt eine Weile schweigend weiter, und als er nichts sagte, fuhr sie fort: »Ich dachte oder wollte es mir zumindest einreden, dass Melinda Barrett eine Art Zufall oder zumindest ein Ausnahmefall war. Dass es jemand war, den sie kannte oder der sie kannte und es auf sie abgesehen hatte.«
»Du hast die Stelle markiert, wo wir sie gefunden haben.«
»Das war doch das Mindeste. Zum Gedenken an sie. Vor vier Jahren habe ich dort oben ein junges Männchen mit einem Sender versehen. Es ist bis nach Wyoming gewandert. Da oben hat auch die Kamera vor ein paar Tagen den Geist aufgegeben. Es ist eine Infrarotkamera, ein Bewegungsmelder. Sie verschafft uns viele Klicks. Die Tierkameras im Reservat und in der Wildnis sind sehr beliebt auf unserer Website.«
Sie gebot sich zu schweigen, schließlich hatte sie sich nicht mit ihm unterhalten wollen. Aber eine richtige Unterhaltung war das sowieso nicht, eher ein Monolog.
»Du bist wirklich äußerst gesprächig geworden in all den Jahren«, bemerkte sie.
»Du wolltest doch keine Gesellschaft?«
»Nein, und das will ich nach wie vor nicht. Und trotzdem bist du hier.«
Genau aus diesem Grund beschloss er, sich Mühe zu geben. »Schalten sich die Kameras oft ab?«
»Sie müssen regelmäßig gewartet werden. Das Wetter, die Tiere … manchmal macht sich auch der ein oder andere Wanderer daran zu schaffen.« Als sie den Fluss erreichten, blieb sie stehen. Hier türmte sich der Schnee, in dem man kreuz und quer die Spuren jener Tiere sah, die zum Jagen oder Trinken hierherkamen.
»Wir machen keinen Ausflug in die Vergangenheit«, wiederholte sie. »Es ist einfach nur ein guter Zeltplatz. Ich lasse meine Sachen hier, bevor ich weiter hochreite.«
Sie befanden sich ein Stück flussaufwärts von der Stelle, an der sie oft gepicknickt hatten. An der sie sich das erste Mal geliebt hatten. Er verlor kein Wort darüber, denn sie musste nicht daran erinnert werden. Lillian Chance kannte diese Gegend in- und auswendig - so gut wie andere Frauen den Inhalt ihres Kleiderschranks.
Wahrscheinlich sogar besser. Auch er lud sein Pferd ab und baute sein Zelt in ungefähr viereinhalb Metern Entfernung zu ihrem auf.
Der bewusste Abstand war sicherlich für ihr Grinsen verantwortlich, aber er kommentierte es nicht weiter.
»Macht die Baracke Fortschritte?«, fragte sie, als sie schließlich weiterritten. »Oder geht mich das auch nichts an?«
»Langsam, aber sicher. Wenn alles gutgeht, kann ich bald einziehen.«
»In deinen eigenen Bungalow?«
»Jeder braucht ein eigenes Zuhause.«
»Ich weiß, wie das ist. Bevor wir die Hütte gebaut haben, kam ich mir zu Hause vor wie früher mit sechzehn. Egal, wie viel Platz man zur Verfügung hat - wenn man in
einem gewissen Alter immer noch bei den Eltern - oder Großeltern - lebt, fühlt sich das einfach komisch an …«
»Noch komischer ist es mitzubekommen, wie das Bett quietscht, weil deine Großeltern Sex haben.«
Sie lachte rau auf. »Ach du meine Güte. Vielen Dank auch.«
»Versöhnungssex«, fügte er hinzu, womit er sie erneut zum Lachen brachte.
»Ist ja gut, jetzt hör schon auf.« Sie sah ihn an, und ihr flüchtiges, breites Lächeln traf ihn sofort bis ins Mark.
»Du hast es ernst gemeint.«
»Was?«
»Das Lächeln. Du hast es dir nur verkniffen.«
»Vielleicht.« Sie sah weg und richtete ihre dunklen,
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