Lockruf der Gefahr - Lockruf der Gefahr - Black Hills
verführerischen Augen wieder nach vorn. »Vermutlich wissen wir beide nicht recht, wie wir uns in dieser Situation verhalten sollen. Auf Besuch kommen ist eine Sache, und seit damals sind wir fast nie gleichzeitig im selben Bundesstaat gewesen. Aber jetzt leben wir im selben Ort, haben überwiegend mit denselben Leuten zu tun. Ich bin es nicht gewohnt, in der Nähe meiner Ex-Freunde zu leben und zu arbeiten.«
»Gab es viele davon?«
Unter ihrer Hutkrempe warf sie ihm einen eiskalten Blick zu. »Das geht dich eindeutig nichts an.«
»Vielleicht sollten wir eine Liste mit verbotenen Fragen machen.«
»Vielleicht.«
Wie damals suchten sie sich ihren Weg durch die Kiefern und Birken. Aber jetzt war die Luft klar und bitterkalt, und ihre Gedanken weilten in der Vergangenheit, nicht in der Zukunft.
»Hier war ein Puma.«
Sie brachte ihr Pferd zum Stehen, genau wie damals. Coop kam es vor wie ein Déjà-vu-Erlebnis - er sah Lil in einem roten T-Shirt und Jeans vor sich, das Haar unter dem Hut trug sie offen. Sie streckte die Hand nach ihm aus, während sie dicht nebeneinander herritten.
Die jetzige Lil mit dem langen Zopf und der Lammfelljacke streckte die Hand nicht nach ihm aus. Stattdessen beugte sie sich vor und untersuchte den Boden. Aber er nahm den Duft ihres Haares wahr, ihren Urwald-Duft. »Und Rehe. Sie ist auf der Jagd.«
»Du bist gut im Fährtenlesen, aber wie willst du das Geschlecht eines Tieres an seinen Fußspuren ablesen?«
»Das ist nur so eine Vermutung.« Jetzt war sie wieder ganz in ihrem Element. Sie richtete sich im Sattel auf und suchte die Umgebung aufmerksam ab. »Die Bäume weisen zahlreiche Kratzspuren auf. Das ist ihr Revier. Wir konnten sie ein paar Mal filmen, bevor die Kamera schlappmachte. Sie ist jung. Ich würde sagen, die erste Paarung steht ihr noch bevor.«
»Wir sind also einem jungfräulichen Pumaweibchen auf der Spur.«
»Sie ist wahrscheinlich ein Jahr alt«, fuhr Lil jetzt langsamer fort. »Noch nicht ganz ausgewachsen. Sie macht die ersten größeren Ausflüge mit ihrer Mutter und hat noch wenig Erfahrung. Vielleicht habe ich Glück, nach genau so etwas suche ich. Und vielleicht stammt sie ja von dem Tier ab, das ich hier vor vielen Jahren gesehen habe. Oder sie ist Babys Kusine.«
»Baby?«
»Der Puma im Reservat. Ich habe ihn und seine Geschwister in diesem Abschnitt gefunden. Es wäre interessant
zu wissen, ob ihre Mütter aus einem Wurf stammen.«
»Es gibt bestimmt familiäre Ähnlichkeiten.«
»DNA-Spuren, Coop, dieselben, mit denen auch die Polizei arbeitet. Das ist eines meiner Hobbys. Mich interessiert, wo sie hinwandern. Wo sie sich zur Paarung treffen. Und ob die Weibchen sich von ihren alten Schlupfwinkeln und Geburtsstätten angezogen fühlen.«
Bevor das Grasland begann, blieb sie erneut stehen. »Rehe, Elche, Büffel. Sie hat die Wahl.« Sie zeigte auf die Spuren im Schnee. »Und deshalb habe ich vielleicht wirklich Glück.«
Sie stieg vom Pferd und ging auf eine einfache Holzkiste zu. Während Coop sein eigenes Pferd anband, hörte er, wie sie vor sich hin murmelte und fluchte. »Die Kamera ist nicht kaputt.« Sie hob ein kaputtes Vorhängeschloss auf, das im Schnee lag. »Und das Wetter oder die Fauna waren auch nicht schuld. Irgendein Scherzbold.« Sie steckte das kaputte Schloss in ihre Tasche und ging in die Hocke, um den Deckel von der Kiste zu nehmen.
»Der uns einen Streich gespielt hat. Er hat das Schloss aufgebrochen, die Kiste geöffnet und die Kamera abgeschaltet.«
Coop musterte Kiste und Kamera. »Wie viel geht auf so ein Ding drauf?«
»Auf diese Kamera hier? Ungefähr sechshundert Minuten. Und ich habe wirklich nicht die leiseste Ahnung, was das soll. Aus reiner Lust an der Zerstörung.«
Vielleicht, dachte Coop. Aber der Vorfall hatte sie hergelockt, und sie wäre allein gekommen, wenn er sie nicht spontan begleitet hätte.
Er entfernte sich ein Stück, während sie die Kamera wieder anmachte und das Reservat anfunkte.
Er konnte nicht so gut Spuren lesen wie sie, da brauchte er sich nichts vorzumachen. Aber er entdeckte Stiefelabdrücke, die kamen und gingen, das Grasland überquerten und zu den Bäumen auf der anderen Seite führten.
Der Stiefelgröße und Schrittlänge nach zu urteilen musste der Vandale - wenn er denn einer war - etwa einen Meter dreiundachtzig groß sein und Schuhgröße dreiundvierzig bis fünfundvierzig haben. Aber um mehr zu erfahren, reichte es nicht, sich nur ein wenig umzuschauen.
Er suchte
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