Lockruf der Gefahr - Lockruf der Gefahr - Black Hills
kann aber auch ein Tier gewesen sein. Der Zaun dient hauptsächlich dazu, dass unsere Tiere nicht weglaufen können. Aber auch, um andere fernzuhalten. Sie könnten Krankheiten einschleppen, deshalb sind wir vorsichtig.«
»Aber in der freien Wildbahn würden sie doch auch auf andere Tiere treffen und …«
»Sie sind hier nicht in der freien Wildbahn«, sagte sie knapp. »Wir geben ihnen die Möglichkeit, sich zu erholen. Trotzdem leben sie in Gefangenschaft. Wir haben in ihre Umwelt eingegriffen. Andere Tiere wie Vögel, Nager, Insekten können theoretisch alle möglichen Parasiten oder Krankheiten einschleppen. Deshalb wird sämtliches Futter sorgfältig kontrolliert. Und deshalb reinigen und desinfizieren wir die Gehege, untersuchen die Tiere regelmäßig und nehmen Proben. Wir impfen sie, behandeln sie, geben ihnen Nahrungsergänzungsmittel. Sie befinden sich nicht in freier Wildbahn«, wiederholte sie. »Daher sind wir in jeder Hinsicht für sie verantwortlich.«
»Verstehe.« Er hatte geglaubt zu wissen, was sie hier oben tat, begriff aber, dass er nur eine ungefähre Ahnung gehabt hatte. »Hast du irgendwelche Spuren entdeckt, nach jener Nacht, in der der Tierarzt irgendwen - oder irgendwas - bemerkt hat?«
»Nein. Weder die Tiere noch die Ausrüstung oder die Käfige waren in Mitleidenschaft gezogen worden. Ich habe mich gründlich umgesehen, aber es hatte geschneit, und meine Leute waren bereits überall herumgetrampelt. Insofern waren die Chancen, noch irgendwelche Spuren - sei es von einem Tier oder einem Menschen - zu finden, sehr gering.«
»Hast du eine Liste mit sämtlichen Mitarbeitern und Freiwilligen?«
»Klar. Aber das war niemand von uns.«
»Lil, du warst ein halbes Jahr weg. Kennst du jeden Freiwilligen persönlich, der den Katzen rohes Fleisch vorwirft?«
»Wir werfen ihnen kein …« Sie verstummte und schüttelte den Kopf. »Wir sehen uns die Leute genau an. Wir nehmen fast nur Einheimische und haben ein Freiwilligenprogramm. Es gibt verschiedene Hierarchiestufen«, erklärte sie. »Die meisten Freiwilligen verrichten nur Hilfsarbeiten. Sie helfen beim Füttern, Putzen, räumen Vorräte ein. Wenn sie nicht schon Erfahrung mitbringen oder sich auf der obersten Hierarchiestufe befinden, haben die Freiwilligen - mit Ausnahme des Streichelzoos - keinerlei Umgang mit den Tieren. Nur die Tierarzthelfer, die ehrenamtlich für uns arbeiten und uns bei den Untersuchungen und Operationen helfen, dürfen das.«
»Ich habe hier junge Leute gesehen, die durchaus Kontakt zu ihnen hatten.«
»Das sind Praktikanten, keine Freiwilligen. Wir nehmen Praktikanten von Universitäten an, Studenten, die Feldforschung betreiben. Wir bilden sie aus. Sie sind hier, um praktische Erfahrungen zu sammeln.«
»Ihr bewahrt hier auch Medikamente auf?«
Müde strich sie sich über den Nacken. »Ja. Die Medikamente sind auf der medizinischen Station und im Arzneischrank weggeschlossen. Matt, Mary, Tansy und ich haben einen Schlüssel. Nicht einmal die Tierarzthelfer haben darauf Zugriff. Außerdem machen wir wöchentlich eine Inventur.«
Das genügt für heute, dachte er. Sie konnte nicht mehr. »Das Huhn schmeckt gut«, sagte er und nahm noch einen Bissen.
»Ja, das stimmt.«
Er stand auf und goss ihnen ein großes Glas Wasser ein.
»Warst du ein guter Polizist?«, fragte sie.
»Ganz okay.«
»Warum hast du den Polizeidienst verlassen? Und jetzt erzähl mir nicht, dass ich mich um meine eigenen Angelegenheiten kümmern soll, während du dich hier in alles einmischst.«
»Ich brauchte eine Veränderung.« Er dachte kurz nach und beschloss dann, ihr alles zu erzählen. »In meiner Einheit arbeitete eine Frau, Dory. Eine gute Polizistin, eine gute Freundin. Nur eine Freundin«, wiederholte er. »Sonst war da nichts zwischen uns. Zum einen, weil sie verheiratet war, zum anderen, weil wir einfach nur befreundet waren. Aber als ihre Ehe den Bach runterging, glaubte ihr Mann, wir hätten eine Affäre.«
Er schwieg, und als sie nichts darauf sagte, fuhr er fort. »Wir ermittelten in einem Fall, und nach einer Nachtschicht gingen wir gemeinsam etwas essen, um uns zu besprechen. Ich nehme an, er hat uns beobachtet und nur auf so einen Moment gewartet. Ich habe nicht das Geringste geahnt«, sagte er leise. »Keinerlei Verdacht geschöpft. Und sie hat mir nie erzählt, wie schlimm es war, nicht einmal mir.«
»Was ist passiert?«
»Er kam um die Ecke und hat geschossen. Sie ging sofort zu Boden, fiel auf mich.
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