Lockruf der Highlands: Roman (German Edition)
ich sagen soll.« Unvermittelt sah sie ihn an. »Würdest du meiner Mutter eher glauben? Wenn Dr. Grace Sutter dir diesen Zauber erklärte, würdest du ihr Glauben schenken?«
Er stand auf und ging den Schlitten entlang nach vorn. »Das besprechen wir später«, erwiderte er, doch seine Worte wurden vom Winde verweht. Er legte sich das Zugseil über die Schulter, dann schaute er sich um. »Wenn du frierst, musst du es mir sagen.«
Sie nickte nur, weil ihre Kehle so eng war, dass sie kein Wort herausbrachte. Luke rief Max zu sich und zog an. Der Schlitten setzte sich mit einem Ruck in Bewegung. Camry begrub ihr Gesicht in Tiggers Fell. Das Bild von Lukes verletzter Miene hatte sich wie heißer Sand in ihre Augen gebrannt.
Es war längst finster, als sie das Camp von Megan und Jack Stone erreichten, und Luke war nicht wenig erstaunt, dass sie es trotz Dunkelheit und Sturm tatsächlich gefunden hatten. Am Ende seiner Kräfte, da er schließlich Camry, Tigger und am Ende auch noch Max sowie ihre Notausrüstung hatte ziehen müssen, hatte er schließlich Camrys Drängen nachgegeben und es ihr erlaubt, sich die Schneeschuhe anzuschnallen und ihn die letzten paar Meilen zu ziehen. Die Einsicht, dass allen mehr gedient war, wenn
er seine Kräfte für den Treck sparte, der ihnen am nächsten Tag bevorstand, hatte ihm die Entscheidung erleichtert; außerdem war abzusehen, dass die Strecke meistens bergab führte.
Mit vereinten Kräften sowie ein paar Holzabfällen, die sie im Camp gefunden hatten, machten sie mit der Windklappe des Zeltes ein provisorisches Biwak zurecht und verkrochen sich in ihre Schlafsäcke – samt den Hunden, denn ihre Körperwärme war wohltuend. Luke klemmte Camry zwischen sich, Max und Tigger, dann schlief er schon, bevor er noch die Augen ganz geschlossen hatte.
Doch als er am nächsten Morgen erwachte, war er allein. Er fuhr hoch, kroch zum Ausgang und rief laut nach Camry.
»Hier bin ich«, tönte es vom Ufer zurück. Sie hatte die Arme weit ausgebreitet. »Sieh doch, Luke! Ist das nicht wunderschön?«
Er fuhr sich mit der Hand übers Gesicht, schüttelte die letzten Reste der Angst ab und tat einen beruhigenden Atemzug, als er sich aufrichtete. Dann schaute er sich in der Umgebung um. Erstaunt, wie ruhig die Luft war, blinzelte er ins grelle Sonnenlicht, das sich über dem östlichen Ende des zugefrorenen Sees ausbreitete. Ein Wintermärchen unter glitzerndem, makellos weißem Schnee, soweit das Auge reichte!
»Ja, es ist wirklich herrlich!«, rief er ihr zu, in Gedanken
schon bei den Schwierigkeiten, die diese Schönheit ihnen heute auf ihrem Treck bereiten würde. Aber auch ohne Rogers Zeitlimit war es keine Alternative, hier herumzutrödeln. Luke zog seine Stiefel an und ging zu Camry. »Wie dick ist die Eisdecke auf dem See deiner Schätzung nach?«, fragte er mit einem Blick über die schneebedeckte Fläche.
»So zwanzig bis dreißig Zentimeter. Aber an manchen Stellen bloß drei Zentimeter.« Sie schüttelte den Kopf. »Da überall Schnee liegt, sind die unsicheren Stellen nicht zu erkennen.«
Luke bückte sich, griff in den Schnee und rieb sich damit das Gesicht ab. Er fröstelte, als der letzte Rest Schlaf vertrieben war. »Dann halten wir uns also lieber an den Forstweg. Wie lang bist du schon auf den Beinen?«
»Seit einer halben Stunde. Ich habe ein kleines Feuer gemacht und Schnee für eine Suppe geschmolzen.« Sie deutete auf das kleine Feuer, das ein Stück weiter flackerte. »Max, Tigger und ich haben uns schon gestärkt. Der Rest ist für dich.«
»Warum hast du mich nicht geweckt?« Er trat ans Feuer und nahm den Topf von den Flammen.
»Ach, ich dachte, du würdest von allein aufwachen, sobald du gut ausgeruht bist.« Sie kniete neben ihm nieder, packte einen Stock und schob damit die Asche zu einem Häufchen zusammen. »Ich
dachte an das, was du gestern gesagt hast«, fuhr sie leise fort, ohne ihn anzusehen. »Und ich gebe dir recht – wir sollten Rogers Ultimatum vergessen und uns Zeit lassen. Wir müssen nicht unter allen Umständen vor der Sonnenwende auf Gù Brath sein.« Sie sah ihn kurz an, um ihren Blick sofort wieder auf die Flammen zu richten. »In unserer Ehe haben allein wir zu bestimmen. Wir werden zu Hause sein, wenn wir ankommen, und wir werden legal getraut, wann wir wollen – und von wem wir wollen.«
Als sie nach seinem Ärmel fasste, blickten ihre grünen Augen ihn scharf an, ihre Miene war trotzig. »Wir sind ein Team, und gemeinsam
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