Lockruf Der Leidenschaft
wenn es sich als reichlich anstrengend erwies.
»Eure Darbietung gestern Abend, Mistress Wyat, hat alles, was ich bisher gesehen habe, überstrahlt.« Seine Gnaden verbeugte sich tief vor Polly »Da erweist Ihr mir aber eindeutig zu viel der Ehre, Mylord.« Polly versank in einen nicht minder tiefen Knicks, den Blick bescheiden auf den Boden gerichtet. »Einer Rolle wie der der Isabella muss man ganz einfach gerecht werden, denn versagte man dabei, wäre man wohl in der Tat nur eine schlechte Schauspielerin.«
»Mr. Dryden muss sich geehrt fühlen«, murmelte der Herzog, nahm ihre Hand und zog sie wieder hoch. »Ich kann nur hoffen, dass Ihr auch meinen bescheidenen Versuchen als Dramaturg Eure Gnade erweisen werdet. Von nun an muss es der Ehrgeiz eines jeden Stückeschreibers sein, Eurer Brillanz das nötige Werkzeug zu schaffen.« Polly versuchte, ihm ihre Hand wieder zu entziehen, doch der Herzog von Buckingham verstärkte seinen Griff, während ein Lächeln über seine schmalen Lippen huschte. »Warum versucht Ihr vor mir zu fliehen, meine Rose? Beleidigen Euch meine Komplimente etwa?«
Polly konnte sich gerade noch ein kurzes Lachen abringen und die Achseln zucken. »Aber wie sollten sie das, Sir? Für eine Schauspielerin ist der Applaus doch geradezu lebensnotwendig. Er ist für uns das Elixier des Lebens!« Schlaff und ohne Gegendruck ließ Polly ihre Hand in der seinen liegen, während sie den Raum nach einer Fluchtmöglichkeit absuchte. Ihr Blick fiel auf Richard De Winter, der sie ununterbrochen beobachtete und nur wenige Schritte von ihr entfernt stand. Verzweifelt versuchte sie, ihn auf ihre missliche Lage aufmerksam zu machen. Schließlich kam Richard mit einer kurzen Entschuldigung an die Umstehenden zu ihr herübergeschlendert. »Oh, Lord De Winter«, sagte Polly, als überrasche sie sein Erscheinen. »Ich hatte Euch noch gar nicht entdeckt.« Da ihre Hand noch immer fest in Buckinghams Griff lag, konnte sie De Winter nicht auf die gebührende Art begrüßen, deshalb ließ Buckingham endlich ihre Hand los.
»Ich bin auch gerade erst gekommen«, erwiderte Richard lässig und hob ihre Fingerspitzen in einer Geste vollendeter Ehrerbietung an seine Lippen. »Ich möchte Euch meine Gratulation für die Darstellung der Isabella aussprechen. Noch nie ist diese Rolle mit so viel Lebhaftigkeit und Witz gespielt worden.«
»Das Lob gebührt Mr. Killigrew«, entgegnete Polly bescheiden und drängte sich verstohlen ein bisschen dichter an Richard heran, als ob dieser sie vor dem Herzog beschützen könnte. »Ich folge schließlich nur seinen Anweisungen.«
»Bei einem solchen Gehorsam muss ein Mann sich doch glücklich schätzen«, bemerkte der Herzog und nahm eine Prise Schnupftabak. »Ich muss gestehen, ich beneide Thomas ein wenig. Zeigt Ihr Euch Eurem Beschützer gegenüber ebenso unterwürfig, Mistress Wyat? Lord Kincaid ist offenbar ein sehr glücklicher Mann. Ich hoffe doch sehr, Eure Fügsamkeit wird auch angemessen großzügig entlohnt? Gewiss gibt es viele, die derlei Unterlassungssünden nur allzu gern wieder gutmachen würden.«
Polly erschauderte, als sie das Gefühl beschlich, als ob unter Buckinghams herausforderndem Blick und dem leicht spöttischen Tonfall eine Horde Nacktschnecken ihre klebrige Spur über ihren Rücken zöge. Erschwerend kam hinzu, dass der Herzog gar nicht erst versuchte, die blanke Gier, die sich in seiner Stimme und in seinem Gesichtsausdruck widerspiegelte, zu verhehlen. Er hatte sein Angebot so deutlich zum Ausdruck gebracht, wie es ihm nur möglich war, ohne dabei allzu plump zu werden, und Pollys Blick schweifte Hilfe suchend zu Richard. »Das kann ich nur unterstreichen, Buckingham«, sagte dieser liebenswürdig und ließ Buckinghams Werben um Polly damit zu einer allgemeinen Angelegenheit werden. »Mistress Wyat muss sich langsam schon langweilen, bei all den Herzen, die ihr zu Füßen geworfen werden. Es wird gewiss bereits ein wenig anstrengend, nicht wahr?« Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem ausdruckslosen Lächeln.
»Oh, aber doch nicht anstrengend, Sir«, widersprach sie. Inzwischen hatte sie ihre Fassung wiedererlangt, und ihre Augen funkelten spitzbübisch, als sie vor den beiden Männern in einen tiefen Knicks sank. »Wenn es nach mir ginge, würde ich mir einen ganzen Teppich aus Herzen wünschen.«
»Grausames Mädchen!« In gespieltem Entsetzen hob De Winter die Hände. »Und Ihr lasst auch keinerlei Gnade walten?«
»Nein, Sir«, entgegnete
Weitere Kostenlose Bücher