Lockruf Der Leidenschaft
zu widmen, war nur allzu offensichtlich. Sie murmelte einige entschuldigende Worte und machte sich daran, sich mit einem beladenen Tablett aus dem Salon zurückzuziehen.
»Und bist du mit Susan zufrieden?« Nick blickte Polly tief in die Augen. »Du kommst doch gut mit ihr aus, und sie wiederum wird ohne Schwierigkeiten verstehen, was du von einer Hilfe erwartest.«
»Aber ja, natürlich bin ich mit ihr zufrieden«, bestätigte Polly und berührte zart Nicholas' Lippen. »So zufrieden, wie ich mit niemand anderem sein könnte.« Doch dann trat sie einen Schritt zurück, als der kalte Schatten des Morgens sich in die von der Liebe entfachte Wärme drängte, die von Nicholas ausstrahlte. »Ich hoffe, du hattest einen netten Spaziergang mit Seiner Gnaden?«
»Nun ja, er hatte einige Mühe, durchblicken zu lassen, dass er Interesse an meiner Mätresse gefunden hat«, erklärte Nick gelassen. »So, wie auch ich Mühe hatte, ganz gleichmütig und unbeteiligt zu erscheinen.«
»Oh, ich dachte mir schon, dass ihr genau darüber sprechen würdet.« Polly wandte sich wieder zum Feuer um. »Ich habe ihm heute Morgen nämlich zu verstehen gegeben, dass ich zur Verfügung stehe. Eine Einladung für heute Abend habe ich aber wiederum abgelehnt. Es erschien mir klüger, nicht allzu übereifrig zu wirken.«
»Und wie hat er auf diese Zurückweisung reagiert?« Nicholas ging zur Anrichte hinüber, um sich ein Glas Wein einzugießen. »Soll ich dein Glas noch einmal nachfüllen?« Nicholas hob fragend die Karaffe hoch.
»Heute Nachmittag findet keine Aufführung statt, aber ich muss trotzdem noch einmal zurück ins Theater, weil noch eine weitere Probe angesetzt wurde«, entgegnete Polly und verzog das Gesicht. »Deshalb sollte ich lieber nichts mehr trinken, damit ich nicht noch mehr Fehler mache. In dieser Hinsicht ist Thomas nämlich reichlich schwierig.«
»Noch mehr Fehler?«
Polly zuckte die Achseln und erzählte ihm die Geschichte von ihrem morgendlichen Schachzug. »Und es hat auch ziemlich gut funktioniert«, endete sie. »Aber um deine Frage nach der Reaktion des Herzogs auf meine Ablehnung zu beantworten: Ich glaube nicht, dass er sonderlich erbaut war, zumindest im ersten Augenblick. Aber dann schien er es nicht allzu schwer zu nehmen.« Sie stocherte ein wenig in der Glut herum, woraufhin ein Funkenregen in den Schornstein schoss. »Ich schätze, es wird nicht mehr lange dauern, bis ich eine weitere Einladung erhalte -eine Einladung, die ich dann annehmen werde.«
Am folgenden Morgen wurde die Ruhe im Haushalt durch das laute Hämmern des Türklopfers gestört. Polly nahm in Abwesenheit von Nicholas und seiner strengen Richtlinien im Hinblick auf das angemessene Verhalten bei den Mahlzeiten ihr Frühstück ein, während sie im Salon auf und ab ging und zwischen den einzelnen Bissen ihre Textzeilen murmelte und einige Gesten improvisierte, die ihr dazu einfielen.
»Ich gehe nachsehen, wer es ist«, sagte Sue und legte eines von Pollys Kleidern beiseite, das sie auf Risse und Flecken untersucht hatte. »Du bekommst noch eine Magenverstimmung, wenn du nicht aufhörst, ständig zu murmeln und im Zimmer herumzugehen, während du isst.« Susan eilte zur Tür.
»Du bist genauso schlimm wie Mylord«, entgegnete Polly lachend und trat ans Fenster, um zu sehen, ob auf der Straße etwas zu erkennen war, das ihr verriet, wer der Besucher sein mochte. Auf dem Bürgersteig stand ein Bursche in der Livree des Herzogs von Buckingham. Pollys gute Laune verschwand augenblicklich und wurde von einer Ruhe ersetzt - derselben Ruhe, die stets auf den Augenblick der Panik folgte, ehe sie die Bühne betrat, und die es ihr ermöglichte, in ihre vorgesehene Rolle zu schlüpfen.
»Es sind eine Nachricht und ein Päckchen für dich gekommen.« Sue kehrte in den Salori zurück, in den Händen ein kleines Päckchen und ein zusammengefaltetes Blatt Papier. »Von Seiner Gnaden, dem Herzog von Buckingham, sagt der Junge. Er wartet auf deine Antwort.«
Polly öffnete den Brief. Es war eine Einladung, in kühn geschwungener Handschrift in schwarzer Tinte, in eine blumige Ausdrucksweise gebettet und gespickt mit Komplimenten. Dann öffnete sie das beiliegende Päckchen, und Sue schnappte überrascht nach Luft. In Pollys Handfläche lag eine zierliche Brosche in Form eines Gänseblümchens, gefertigt aus feinstem Silberfiligran und mit Diamanten und Zuchtperlen besetzt. »Die ist ja ganz exquisit«, murmelte Polly. Doch wenn sie sie zurückwies,
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