Lockruf Der Leidenschaft
erschien«, entgegnete der Herzog gelassen. »Er sorgte sich auf eine für Euch recht schmeichelhafte Art und Weise um Eure Sicherheit.«
»Und ich wüsste nicht, warum Euch das überraschen sollte, Mylord.« Polly konnte sich nur fragen, woher sie auf einmal die Kraft nahm, sich der hypnotischen Wirkung zu widersetzen, die von der leisen, trügerisch sanften Stimme und den unter tief hängenden Lidern verborgenen Augen ausging, hinter denen eine kaum verhohlene und dennoch nur schwer zu beschreibende Bedrohung lauerte.
Der Herzog von Buckingham lachte kurz auf. »Oh, aber das hat mich doch nicht im Geringsten überrascht, meine Rose. Nicht im Geringsten.« Er beobachtete Polly aufmerksam, während sie versuchte, seine Worte zu begreifen. »Die Liebe ist ein sehr anspruchsvoller Gebieter«, murmelte er.
Polly schnappte unwillkürlich nach Luft und riss erschrocken die Augen auf. »Das ist eine ganz und gar nicht angemessene Gefühlsregung«, fuhr die sanfte, honigsüße Stimme fort. »Aber wir behalten dies einfach als unser kleines Geheimnis für uns, nicht wahr?« Da Polly für den Augenblick scheinbar unfähig war, etwas zu erwidern, verbeugte er sich spöttisch und schlenderte zu dem Kartentisch, an dem drei Spieler sich höchst angeregt in ihre Karten vertieft hatten.
Einen Moment lang stand Polly einfach nur da und versuchte, ihre lähmende Angst abzuschütteln. Was ging da vor sich? Was hatte er gesehen? Was meinte er? Sie musste Nicholas sofort finden.
Polly raffte ihre Röcke und eilte aus dem Zimmer, ehe sie unvermittelt stehen blieb. Was nützte es eigentlich, Nicholas von diesem Gespräch zu erzählen? Höchstwahrscheinlich bedeutete es gar nichts. Warum sollte es wichtig sein, dass Buckingham wusste, dass Polly und Nick nicht nur zwei Menschen waren, die sich zu ihrem gegenseitigen Nutzen auf eine alltägliche Affäre eingelassen hatten? Schließlich verband sie nichts mehr mit dem Herzog, also hatten sie durch die Erkenntnis, die er offenbar erlangt hatte, auch nichts zu verlieren. Von Bedeutung hingegen war die Tatsache, dass Polly ihm verraten hatte, dass sie Angst hatte, und ihn durch ihr schockiertes Schweigen nur noch bestätigt hatte.
Entschlossen kehrte sie in das Kartenzimmer zurück und gesellte sich zu einer lachenden Gruppe, die sich um das Shuffleboard versammelt hatte.
»Irgendetwas scheint Euch ja mächtig erfreut zu haben, Mylord«, bemerkte Lady Castlemaine, deren Augen durch die Schlitze ihrer schwarzen Seidenmaske funkelten.
»Dann sollte ich vielleicht auch eine Maske aufsetzen«, entgegnete Seine Gnaden gedehnt. »Ich möchte schließlich nicht, dass sich jeder meiner Gedanken an meiner Miene ablesen lässt.«
»Aber sie teilen sich doch nur jenen mit, die den Code kennen«, entgegnete Ihre Ladyschaft. »Ihr seid aus irgendeinem Grunde ausgesprochen zufrieden. Gebt es ruhig zu.«
Der Herzog lächelte und ließ sich mit einer anmutigen Bewegung neben sie auf die mit gedrechselten Armlehnen geschmückte Chaiselongue sinken. Er strich eine imaginäre Falte auf seiner aquamarinblauen Hose glatt und drehte seine Wade hin und her, um den Sitz seines Seidenstrumpfes zu überprüfen, womit er seiner Gesprächpartnerin die Gelegenheit bot, die ansehnliche Form seines Beines zu bewundern.
»Weiß Lord Kincaids kleine Schauspielerin nun endlich Eure zahlreichen Vorzüge zu schätzen?«, wagte Lady Castlemaine zu fragen, wobei ihr rachsüchtiger Blick zu der Stelle wanderte, wo Besagte neben dem Shuffleboard saß. Polly trug keine Maske, da sie ihr vom König höchstpersönlich mit der Begründung abgenommen worden war, dass eine solche Schönheit wie die ihre nicht das Recht hätte, sich hinter einer Maske zu verstecken. Diese Bemerkung hatte natürlich nur wenig dazu beigetragen, Lady Castlemaines Verärgerung zu vertreiben, die boshaft die Lippen zusammenkniff.
Trotz ihrer Maske interpretierte Buckingham auch Lady Castlemaines Gesichtsausdruck richtig. Er lachte leise. »Zeigt Eure Verstimmung doch nicht so offen, meine Liebe. Tücke ist keine schöne Gefühlsregung. Ein solcher Ausdruck verwüstet das Gesicht regelrecht und lässt es unnötig hart aussehen.«
Lady Castlemaine rang sich ein angedeutetes Lächeln ab. »Für diesen Ratschlag, Mylord, stehe ich in Eurer Schuld. Ich werde ihn gewiss befolgen. Aber möchtet Ihr mir denn nicht trotzdem antworten? Hat Eure derzeitige Zufriedenheit vielleicht etwas mit der Schauspielerin zu tun?«
»Nun ja«, murmelte der Herzog. »Ich
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