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Lockruf Der Leidenschaft

Lockruf Der Leidenschaft

Titel: Lockruf Der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
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Aussicht hob Pollys Laune nicht gerade. Um die Wahrheit zu sagen, empfand sie diese Leidenschaft für Sauberkeit sogar als höchst ärgerlich. Ihr gegenwärtiger sauberer Zustand war zwar keineswegs unangenehm - im Gegenteil; es war wundervoll, wenn es ausnahmsweise nicht ständig und überall juckte -, aber so früh aufzustehen würde ihren Plan für die Nacht durchkreuzen. Seine Lordschaft hatte das Haus am späten Nachmittag verlassen und Jung-Tom im Hinausgehen gesagt, er könne sich in sein Bett in der kleinen Kammer neben der Eingangshalle legen, da er noch gebraucht würde, um seinen Herrn bei dessen Rückkehr wieder ins Haus zu lassen. Doch unglücklicherweise war mit keiner Silbe erwähnt worden, wann dies sein würde. Es war also durchaus möglich, dass ein Mann, der nicht schon vor Sonnenaufgang wieder aufstehen musste, auch erst zu dieser Zeit sein Bett aufsuchte.
    Vorsichtig stieg Polly aus ihrem Bett und nahm das teure Buch, die Feder und das Papier. Damit sollte sie ausreichend beschäftigt sein, während sie auf Lord Kincaid wartete. Allerdings würde sie nicht lernen können, wenn sie nicht irgendwo Licht und Abgeschiedenheit fand. Die Talgkerze im Mansardenzimmer jedenfalls war bereits wenige Minuten nachdem die Bediensteten zu Bett gegangen waren ausgeblasen worden. Sie schlich aus der Dachkammer, hielt auf dem Treppenabsatz aber noch einmal kurz inne. Die Luft war erfüllt vom Schnarchen und Grunzen, das aus dem gegenüberliegenden Mansardenzimmer drang, in dem die männliche Dienerschaft schlief. Es war stockdunkel, und kein Mondstrahl fiel durch das kleine runde Fenster im Giebel. Lautlos schlich Polly weiter, stieß jedoch mit dem Zeh gegen ein leicht überstehendes Dielenbrett und konnte sich gerade noch einen lauten Schmerzensschrei verkneifen.
    Der Haupttreppenabsatz war nur schwach von den Lampen erhellt, die in der Halle darunter brannten, damit der Hausherr bei seiner Rückkehr nicht in der Finsternis herumtappen musste. Polly schlüpfte in das Schlafzimmer mit den bemalten Wänden, dem hellen Kaminfeuer und dem Kerzenlicht und schloss leise die Tür hinter sich. Sie zitterte. Es war eine kalte Nacht, und sie trug nichts als ein dünnes Hemd. Einladend loderte das Feuer, sodass sie sich bäuchlings vor den offenen Kamin auf den Teppich legte, Papier und Feder zur Hand nahm und das Buch bei jener Passage aufschlug, die sie abschreiben sollte. Doch die Aufgabe erwies sich als reichlich ermüdend, selbst für jemanden mit Pollys Begeisterungsfähigkeit, und während das Feuer flackernd riesige Schatten an die Wand warf, fielen ihr die Augen zu.
    Nicholas, Lord Kincaid, betrat genau in jenem Augenblick sein Zimmer, als die Nachtwache die mitternächtliche Stunde ausrief, und fand Polly schlafend über ihrem Übungsbuch liegend vor. Ihr üppiges honigfarbenes Haar floss über die sanften Rundungen von Arm und Schulter, und der Schlaf und die vom Feuer ausgehende Hitze hatten ihre Wangen zart gerötet. Die feine Baumwolle ihres Hemds schmiegte sich eng an ihren kurvenreichen Körper und versteckte nur äußerst unzureichend die rosa- und elfenbeinfarbenen Schattierungen ihrer nackten Haut. Einen Augenblick lang stand Nicholas einfach nur da und blickte auf Polly hinunter, bis der unwillkommene Anflug sinnlichen Verlangens wieder etwas abgeflaut war. Sie hatte etwas so Unschuldiges an sich, wie sie da, vom Schlaf übermannt, neben ihrem Übungsbuch lag, dass ihm nichts anderes übrig blieb, als sie vom Vorwurf der kalkulierten Verführung freizusprechen. Er wusste, an welche Zeiten sich Margarets Dienstboten zu halten hatte und wie es um Margarets eiserne Sparsamkeit bestellt war. Damit war es also nur logisch und nachvollziehbar, dass Polly in das einzige Zimmer im Haus eingedrungen war, in dem sie auch nach der vorgeschriebenen Schlafenszeit noch Licht und Wärme vorfinden würde.
    Nicholas beugte sich über sie, atmete die Düfte des Badehauses nach Seife, Rosenwasser und sauberem Leinen ein. Wie reizvoll ihre nackten Füße sind, dachte er ein wenig geistesabwesend. Sie lugten unter dem Saum ihres Hemds hervor - die Fußsohlen wiesen noch einige Kratzer vom Ausflug der letzten Nacht auf-, und er sah den schmalen, hohen Spann und die zierlichen, appetitlichen kleinen Zehen, deren Nägel hübsch kurz geschnitten waren und im Feuerschein zart schimmerten, nun, da sie vom Schmutz befreit waren. Großer Gott! Es wurde wirklich höchste Zeit, dass er sich zusammenriss!
    »Polly!«, sagte Nicholas

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