Lockruf Der Leidenschaft
entscheiden.« Er nahm einen kleinen Schluck von dem Wein. »Ein guter Tropfen, Nicholas. Mein Kompliment.«
Er ließ sich auf einen geschnitzten Eichenstuhl sinken und trank noch einen Schluck. Polly faltete die Hände vor dem Bauch, presste die Lippen aufeinander und blieb als wahres Monument der Geduld genau in dieser Haltung stehen, bis De Winter sich geschlagen geben musste. »Ich war heute Abend bei Hofe. In den Räumlichkeiten der Königin fand ein kleiner Ball statt - im Übrigen eine etwas geschmacklose Angelegenheit«, fügte er hinzu, als ob sein Publikum an dieser Einschätzung von ihm interessiert wäre.
Nicholas lächelte und legte noch ein Holzscheit ins Feuer. »Polly, komm her.« Er klopfte einladend auf seinen Schoß. »Du siehst so angespannt aus.«
De Winter wartete, bis Polly es sich auf Nicholas' Knien bequem gemacht und den Kopf an seine Schulter gelegt hatte, während seine Finger in ihrem Haar vergraben waren, das sich über die warme Mulberrywolle ihres Nachtgewands ergoss. »Die Unterhaltung drehte sich hauptsächlich darum, dass Master Killigrew ein Ass im Ärmel versteckt haben soll. Es heißt, man solle sich morgen im Schauspielhaus zu Moorfields einfinden - zuvor solle man sich allerdings überlegen, ob man sich wirklich unter die dortigen Theaterbesucher mischen wollte -« Richard wedelte mit seinem Taschentuch aus Kambrik, als wolle er die unangenehmen Eigenschaften verscheuchen, die sich bei einem solchen Publikum finden ließen. »Dort könnte man schon ein wenig eher, als Thomas geplant hatte, auf eine Überraschung stoßen.«
»Geschickt«, murmelte Nick und erinnerte sich an das Gespräch mit Killigrew, in dem er seine Befürchtungen geäußert hatte, dass Polly für den Geschmack des Publikums in Moorfields vielleicht eine zu seltene Blume sein könnte. Wäre das Theater dagegen bereits mit neugierigen Höflingen besetzt, die höchstwahrscheinlich alle mit Beifall reagierten, würden sich die Besucher im Parkett entweder den Höflingen anschließen, oder ihre Missbilligung würde ohnehin untergehen. »Und es besteht die Chance, dort das Geheimnis zu lüften?« »Es sieht ganz danach aus.« Richard lächelte Nicholas über den Rand seines Glases hinweg an. »Selbst Davenant ist schon äußerst begierig darauf, zu erfahren, was seinen Rivalen so frohlocken lässt. Buckingham hat sein Erscheinen ebenfalls angekündigt, und wo der Herzog hingeht -«
»- folgt ihm alle Welt«, beendete Nicholas den Satz und kämpfte sein Unbehagen nieder. »Auch der König?« »Der ist verhindert. Der französische Botschafter hat ihn um eine Audienz gebeten, und Clarendon drängt darauf, dass ihm diese Unterredung gewährt werden sollte. Es besteht immer noch Hoffnung auf eine Allianz im Hinblick auf diesen verfluchten holländischen Krieg.«
»Wer's glaubt, wird selig!«, spottete Nick. »Weder die Franzosen noch die Spanier werden uns helfen. Frankreich macht sich doch nicht freiwillig Feinde, und Spanien ist zu schwach.«
Pollys Meinung nach schien das Gespräch abzudriften. Ungeduldig richtete sie sich auf. »Ich verstehe aber nicht, wie irgendjemand von mir wissen kann ... Oh.« Plötzlich schien ihr ein Gedanke gekommen zu sein. »Das heißt, falls ich überhaupt die Überraschung bin, von der Ihr sprecht.« De Winter und Nicholas nickten. »Denn wenn Thomas doch nicht wollte, dass irgendjemand am Hofe von der morgendlichen Aufführung weiß, wie kommt es dann, dass sie doch davon erfahren haben?«
»Ich vermute, er hat es ihnen gesagt«, entgegnete Nick gelassen und streckte seine Beine unter ihr aus. »Auf Umwegen, versteht sich. Er ist eben manchmal etwas verschlagen, unser Master Killigrew.« »Aber warum sollte er so etwas tun?« Polly stemmte sich gegen ihn, als er sie an seine Schulter zu ziehen versuchte.
Nick wollte Pollys Ängste nicht noch zusätzlich schüren, indem er ihr Killigrews wahre Gründe nannte, deshalb zuckte er nur lässig die Achseln. »Ich vermute, dass du schneller Fortschritte gemacht hast, als er in einer solch kurzen Zeit für möglich gehalten hätte. Und jetzt glaubt er, dass du dich - natürlich ganz informell - der Welt schon jetzt präsentieren könntest.«
»Meint Ihr, der Herzog von Buckingham erkennt mich wieder?« Polly stand auf und zog ihr Nachthemd enger um sich, als wäre mit einem Mal ein eisiger Finger in die Gemütlichkeit aus Kerzenlicht und Feuerschein eingedrungen.
»Und selbst wenn, warum sollte das von Bedeutung sein?«, fragte
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