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Lockruf der Toten / Magischer Thriller

Lockruf der Toten / Magischer Thriller

Titel: Lockruf der Toten / Magischer Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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Sie redete mit ihren Kindern. Ich gestattete mir einen kurzen Schauder schierer Erleichterung, bevor ich wieder mit dem Versuch begann, mich unter der Decke herauszuwinden.
    »In dem Schrank über dem Herd ist eine Schachtel Twinkies, aber sorg dafür, dass Tish nicht sieht, wo du sie gefunden hast. Sie sind eigentlich für die Schule. Sag ihr, es ist eine Ausnahme, und es tut Mommy leid, dass sie nicht zu Hause war, als ihr aus der Schule gekommen seid.«
    Ein schmaler Streifen Licht erschien über meinen Augen. Ich zappelte weiter herum, bis der Rand der Decke mir über die Nase herunterrutschte, und sog dann einen kühlen Luftzug ein. Mollys Kopf blieb hinter der Lehne des Sitzes vor mir verborgen; ich sah nur den Arm, mit dem sie sich das Handy ans Ohr hielt.
    »Es könnte später werden, aber ich besorge was zum Abendessen und rufe euch vorher an, dann könnt ihr mir sagen, was ihr haben wollt.«
    Die Decke rutschte mir bis zum Hals herunter. Na also. Endlich. Noch ein tiefer Atemzug durch die Nase, und ich entspannte mich etwas. Dann sah ich auf – sehr weit auf – zu der getönten Scheibe über mir, und es wurde mir klar, wie gering die Aussichten darauf waren, dass jemand zufällig von einem vorbeifahrenden Lastwagen aus durchs Fenster hereinsah und mich entdeckte. Ich musste näher an das Fenster heran.
    Ich setzte die Füße ein und schob mich dichter an die Seitenwand. Dann drehte ich mich, um die gefesselten Hände abstützen und mich hochstemmen zu können –
    Mollys Blick fing im Rückspiegel meinen auf.
    »Süße? Ich muss aufhören. Ich ruf euch an, sobald ich kann. Pass auf deine Schwester auf, okay? Ich hab dich lieb.«
    Sie beendete das Gespräch und wirkte eine Formel, ohne zuvor ein Wort zu mir zu sagen. Ein Energieblitz jagte auf mich zu, und ich stürzte wieder in die Dunkelheit.

[home]
9 Gebannte Aufmerksamkeit
    I ch wachte auf, als Molly mir eine leichte Ohrfeige verpasste.
    Zunächst konnte ich nur stöhnen. Alles tat mir weh, so als hätte man mich über einen unebenen Boden geschleift. Als ich einatmete, roch ich etwas Entsprechendes – feuchte Erde. Und Bäume, den frischen, scharfen Geruch nach Herbst. Dazu noch etwas anderes, schwächer und nicht annähernd so angenehm – verrottendes Grünzeug und abgestandenes Wasser.
    Still. Sehr still. Das Rascheln welker, noch nicht abgefallener Blätter. Der leise, fast zögernde Ruf eines Vogels. Das Knarren eines Astes im Wind.
    Ich lag am Boden. Feuchte Erde, deren üppiger Geruch mich umgab. Etwas bohrte sich mir in den Rücken, ein Stein oder Zweig.
    Noch eine Ohrfeige, härter.
    Ich öffnete die Augen und sah Bäume und noch mehr Bäume. Keine Spur von dem Geländewagen. Oder der Straße. Oder anderen Leuten. Mit Ausnahme von Molly, die neben mir in die Hocke gegangen war.
    Sie packte mich am Haar und riss meinen Kopf zur Seite, womit sie meine Aufmerksamkeit auf die Quelle des fauligen Geruchs lenkte – einen Sumpf, der zwischen den Bäumen sichtbar war. »Wer hat dich geschickt?«
    Die Drohung war unverkennbar: Wenn ich nicht redete, gab es eine sehr praktische Möglichkeit der Entsorgung in unmittelbarer Nähe. Sie riss mir das Klebeband vom Mund und nahm eine Schicht Haut gleich mit. Als ich keuchte und zu Atem zu kommen versuchte, gab sie mir die nächste Ohrfeige, und ich starrte sie wütend an.
    »Ich habe keine Ahnung, was das soll, aber …«
    Sie klebte mir das Band wieder über den Mund, legte mir beide Hände auf den Unterarm und sprach eine Formel. Es war, als hätte ich mir kochendes Wasser über den Arm geschüttet – ein Augenblick der Verwirrung und dann ein unfassbarer Schmerz. Ich brüllte hinter meinem Knebel, mehr aus Wut als aus Furcht.
    Sie lächelte nur, als sie meinen wütenden Blick bemerkte. »Hat dir nicht gefallen, stimmt’s? Vielleicht sollte ich mir eine Behandlung einfallen lassen, die besser zu der schönen Jaime Vegas passt.«
    Sie setzte sich zurück auf die Fersen, sah sich um und entdeckte einen Zweig. Wieder eine Formel, dann griff sie nach ihm und legte einen Finger ans Ende, bis er glühte wie eine brennende Zigarette. Sie hielt mir das glühende Ende so dicht vor die Wange, dass ich die Hitze auf der Haut spürte.
    Mein Herz hämmerte, aber ich widerstand der Versuchung, die Augen zu schließen.
    »Ich wette, mit Brandnarben in deinem hübschen Gesicht würde es dir nicht mehr ganz so leichtfallen, dir den Lebensunterhalt zu verdienen.«
    Sie brachte den Zweig noch näher heran. Ein

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