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Lockruf des Blutes

Lockruf des Blutes

Titel: Lockruf des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanne C. Stein
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geliebt haben; mit und ohne Trinken war es einfach unglaublich. Aber ich weiß, dass mir ein anstrengender Tag bevorsteht, und ich brauche wenigstens ein paar Stunden ununterbrochenen Schlaf. Seine sexuelle Anziehung ist stark, meine Disziplin schwach. Wenn er geblieben wäre, hätte ich vielleicht nicht die Kraft gehabt für das, was mich am Morgen erwartet.
    Sobald er weg ist, falle ich augenblicklich in tiefen, erholsamen Schlaf, endlich befreit von der Angst und Anspannung, die mich während der vergangenen Tage gequält haben. Erst als ich die Augen öffne und daran denke, was mit Frey und mir geschehen ist, trifft es mich wie ein Schlag.
    Ich habe letzte Nacht nicht ein einziges Mal an Max gedacht.
    Genauso war es, als ich mit Avery zusammen war.
    Diese Erkenntnis wischt jeden Zweifel fort und stellt mir klar vor Augen, was ich schon lange insgeheim befürchtet habe.
    Ich muss mit Max Schluss machen. Frey hatte recht, als er sagte, das Trinken würde mich befreien. Das hat es. Es hat meinen Geist befreit und geklärt. Der Sex meinen Körper. Ich habe beides gebraucht. Mit Max wäre es gestern Nacht nicht dasselbe gewesen. Ich kann nicht länger so tun, als würde es das je sein. Ich muss Max freigeben, damit er eine Frau findet, die ihm so aufrichtig sagen kann, wer sie ist und was sie braucht, wie er mir gegenüber aufrichtig war.
    Der Gedanke erfüllt mich mit unerwarteter Traurigkeit. Obwohl ich immer so großspurig behauptet habe, mit unserer eher lockeren Beziehung zufrieden zu sein, war Max doch eine Konstante in meinem Leben. Sogar als er den Verdacht hatte, dass es in der Nacht, als Donaldson mich angegriffen hat, mehr als nur einen Kampf gegeben hat, hat er mich nicht gedrängt, keine Erklärungen verlangt.
    Jetzt, ganz allein, ist es leicht zu beschließen, dass ich Max freigeben werde.
    Ich frage mich, ob mein Entschluss immer noch so unumstößlich sein wird, wenn er vor mir steht.
    Ich zwinge meine Gedanken in eine andere Richtung, krame in der Wohnung herum und warte darauf, dass die Uhr endlich neun anzeigt – die Öffnungszeit des Gentestlabors. In der Zwischenzeit packe ich meine Klamotten in Kisten, für den Umzug zurück ins Strandhaus. Der Küchenkram ist noch schneller eingepackt. Ich besitze nur das Notwendigste – Kaffeemaschine, ein paar Becher und Teller. Töpfe und Pfannen sind überflüssig geworden. Die Wohnung habe ich möbliert gemietet, alles andere bleibt also hier. In knapp zwei Stunden bin ich fertig.
    Williams ruft um Viertel vor neun an, als ich gerade zur Tür hinaus will.
    »Wie geht es dir?«, erkundigt er sich.
    »Viel zu tun«, erwidere ich. »Ich wollte gerade los, aber ich bin froh, dass du angerufen hast. Du hast Frey gestern Nacht zu mir geschickt, oder?«
    »Ja.«
    Kein Zögern, keine Entschuldigung oder Erklärung. Nicht, dass ich eine bräuchte. »Anschauungsunterricht?«
    »Ja.«
    Ich stoße den Atem aus. »Also gut, ich hab’s verstanden. Ich rufe dich nächste Woche an. Dann unterhalten wir uns in Ruhe, ja?«
    »Ich wünsche dir für heute viel Glück«, sagt er noch.
    »Danke. Williams, weißt du zufällig, was Trishs Großmutter während der vergangenen Tage so getrieben hat?«
    Er schweigt kurz. »Ich habe mich gestern Abend mit ihr unterhalten. Die Bürgermeisterin wollte, dass ich ihr den ganzen Fall schildere. Sie wirkte beinahe enttäuscht, als sie erfuhr, dass Trish ein Opfer ist. Und sie war gewiss nicht glücklich darüber, was Carolyn ihr angetan hat. Ich glaube nicht, dass sie deinen Eltern Schwierigkeiten machen wird, was das Sorgerecht angeht. Ja, ich würde sogar vermuten, dass sie sich so weit wie nur möglich von Trish distanzieren wird. Eine Tochter, die ihr eigenes Kind für Kinderpornos verkauft hat, käme bei ihren Freunden im Country Club wohl nicht so gut an.«
    »Falls das je herauskommt.«
    Er kichert. »Ich habe gewissermaßen angedeutet, dass es ziemlich sicher Schlagzeilen in Boston machen würde, falls sie deinen Eltern Schwierigkeiten bereiten sollte. Auf diese Weise darf sie jetzt die trauernde Hinterbliebene spielen, die eine Tochter verloren hat, statt als Mutter dazustehen, die ein Monster geschaffen hat.«
    »Sie hat sich darauf eingelassen?«
    »Ihr blieb gar nichts anderes übrig. Wenn ich wetten müsste, würde ich darauf setzen, dass Mrs. Joseph Bernard schon in diesem Moment in einem Jet nach Hause sitzt.«
    Ich bin unendlich erleichtert. Das Damoklesschwert eines Prozesses hängt immer noch über Trish, doch bis

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