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Lockruf des Blutes

Lockruf des Blutes

Titel: Lockruf des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanne C. Stein
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ihr liegt ein aufgeschlagenes Buch, und eine Frau sitzt neben ihr. Die Frau zeigt auf etwas in dem Buch, und beide lachen. Ein echtes Lachen. Trish sieht entspannt aus und – glücklich.
    Ist das ein Trick? Wo ist sie? Wer ist da bei ihr?
    Ich zeige es dir heute Nachmittag. Anna, du musst mir vertrauen.
    Nein. Das tue ich nicht.
    Das Bild löst sich auf. Ich schüttele den Kopf, um ihn freizubekommen, und reibe mir die Augen. Ich spüre ein seltsames Kribbeln im Nacken, wie leichter Muskelkater nach einem heftigen Fitnesstraining.
    Das tut mir leid , sagt Frey. Eine bedauerliche Nebenwirkung der Visionen.
    Er unterbricht sich, als er etwas aus meinen Gedanken aufpickt. Heute Morgen waren zwei Männer vor meiner Wohnung. Sie haben nach Trish gesucht, nicht wahr?
    Das vermute ich. Ob du es glaubst oder nicht, dein Nachbar hat sie verscheucht. Er hat mir außerdem erzählt, er hätte deine »Nichte« kennengelernt. Du hättest mir sagen müssen, dass du so etwas vorhattest.
    Du wolltest Trish in Sicherheit bringen. Sie ist in Sicherheit. Carolyn Delaney kann dir vielleicht sagen, wer diese Männer waren. Du musst mit ihr sprechen. Sofort.
    Über die Köpfe seiner Schüler hinweg begegnen sich unsere Blicke. Erstaunlicherweise scheinen die Kinder meine Anwesenheit überhaupt nicht zu bemerken. Vielleicht beherrscht ein Wesen, das Bilder in meinen Kopf projizieren kann, auch Zauber, die alle in seiner Umgebung nur das wahrnehmen lassen, was es will.
    Daniel Frey hat eine Menge interessanter Fähigkeiten.
    Wieder schüttele ich den Kopf. Die spinnwebartigen Überreste der Vision verblassen wie ein überbelichtetes Foto. Die Vision erschien mir sehr real. Und Trish sah glücklich aus. Aber ich kann erst sicher sein, dass das nicht nur ein Trick war, wenn ich Trish selbst gesehen habe.
    Ich schaue Frey wieder in die Augen. Also schön. Ich werde dir vertrauen und davon ausgehen, dass Trish in Sicherheit ist. Vorerst. Ich komme um drei Uhr wieder, um dich abzuholen. Wenn ihr irgendetwas geschieht, töte ich dich. Langsam.
    Er gestattet sich ein kaum merkliches Lächeln als einzige Antwort auf meine Drohung.
    Aber er glaubt mir. Meine telepathischen Kräfte mögen im Vergleich zu denen eines Gestaltwandlers begrenzt sein, doch für meine körperlichen Kräfte gilt das nicht.
    Also mache ich mich wieder einmal auf den Weg. Es kommt mir so vor, als hätte ich den Großteil der vergangenen Tage in meinem Auto verbracht. Meine Nerven beben vor Angst um Trish, vor Anspannung wegen der bevorstehenden Konfrontation mit Carolyn und vor Wut auf die kranken Schweine, denen es Vergnügen bereitet, Kindern alle Lebensfreude zu rauben. Ich kann nur hoffen, dass ich in der Lage sein werde, mich zu beherrschen, wenn ich sie finde. Die vergangenen zwei Monate haben mich in der Sicherheit gewiegt, ich könne ein normales Leben führen. Mit David zusammenarbeiten, meine Eltern besuchen und zu Culebra fahren, wenn ich trinken muss. Es fühlte sich beinahe natürlich an. Aber nur zwei Tage haben das alles über den Haufen geworfen.
    Erst bei Max, und jetzt spüre ich diesen rasenden mörderischen Zorn auf Carolyn, der mir Angst macht. Nicht, weil ich fürchte, ich könnte ihn nicht kontrollieren, sondern weil ich nicht mehr sicher bin, ob ich das überhaupt will.
    Wenn ich Carolyn gegenüberstehe, wird das eine schwere Prüfung für meine Selbstbeherrschung sein. Aber ich darf auf keinen Fall vergessen, dass sie den Schlüssel besitzt, der Trish in Sicherheit bringen kann. Sie weiß, wer, außer ihr selbst, ihre Tochter missbraucht und benutzt hat. Ich werde an meinem Zorn ersticken, wenn es sein muss, aber ich werde ruhig und vernünftig vorgehen. Ich werde ihr ganz rational erklären, warum es in ihrem eigenen Interesse liegt, mir zu sagen, was ich wissen muss.
    Meine Finger halten das Lenkrad so krampfhaft umklammert, dass die Knöchel weiß geworden sind. Meine Zähne tun schon weh vom Zusammenbeißen.
    So viel zu »ruhig und vernünftig«.
    Carolyn wird mit mir reden.
    So oder so.
    Der Wohnblock liegt direkt vor mir. Als ich auf den Parkplatz einbiegen will, versperrt mir ein Streifenwagen den Weg. Ein junger Polizist lehnt lässig an der Tür. Er richtet sich auf, als ich näher komme, und bedeutet mir mit einem Wink, am Straßenrand zu halten.
    Ich fahre rechts ran und beobachte die Szene hinter ihm. Da sind weitere Streifenwagen, mit blitzenden Lichtern. Ein Haufen Uniformierte und Polizisten in Zivil wuseln herum. Aber sie wirken nicht

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