Lockruf Des Mondes
...« Sie gab einen kummervollen Laut von sich. »Ich frage mich, ob sie uns beim Pläneschmieden nicht belauscht haben oder uns vielleicht sogar in diesem Moment noch hören können ...« Cait schüttelte den Kopf. »Nein, ich glaube, wir sind weit genug entfernt, um außer Hörweite zu sein. Ich höre sie jedenfalls nicht mehr. Wir sind ein gutes Stück gelaufen.«
»Wenn wir nicht bald zurückkehren, werden sie sich auf die Suche nach uns machen.«
Ein gequälter Ausdruck huschte über Caits Gesicht. »Das haben sie schon getan. Wir müssen sofort zurück.«
Emily nickte, weil sie ihrer verstörten Freundin nicht widersprechen wollte. Wenn sie sagte, die Männer kämen, musste sie etwas gehört haben. Am See hatte sie sie jedenfalls schon lange vor ihr selbst gehört.
Aber Emilys Bitte um ein bisschen Ungestörtheit war nicht nur eine List gewesen. »Ich brauche trotzdem noch einen Moment für mich«, erklärte sie.
Cait sah zunächst verblüfft aus, und dann lachte sie. »Ich auch. Ich habe festgestellt, dass die Schwangerschaft diesen Aspekt des Lebens manchmal ziemlich lästig macht.«
Emily lächelte und erinnerte sich an andere Frauen auf der Burg ihres Vaters, die sich über das Gleiche beklagt hatten. Cait war schon zu der Lichtung zurückgekehrt, als Emily sich hinter dem Gebüsch erleichtert hatte, und Drustan stand bei ihr.
Er sagte nichts, und Caits Augen waren erfüllt von hilfloser Verzweiflung.
Emily funkelte den Krieger böse an.
Er zuckte ein bisschen zusammen, als wäre er überrascht von ihrer Feindseligkeit, die so jäh und heftig war, dass sie am liebsten losgekeift hätte wie ein Fischweib. Waren denn alle Männer in den Highlands so begriffsstutzig?
»Was Ihr tut, ist falsch.«
»Nein, Mädchen. Vergeltung zu üben, ist Gesetz unter den Clans. Das Recht ist auf unserer Seite.«
Da blitzte Zorn in Caits Augen auf, und sie fuhr ihn an: »Ach, ja? War es denn etwa richtig, Eurer Clan-Angehörigen zu erlauben, bei Vollmond außerhalb des Balmoral'schen Territoriums zu jagen? Sie war schutzlos und dazu noch brün ...« Cait unterbrach sich jäh und sah zuerst Emily, dann Drustan an. »Ihr wisst schon, was ich meine. Ihr vom Balmoral-Clan habt es versäumt, sie zu beschützen, und jetzt wollt ihr mich für eure eigene Schwäche bestrafen.«
Drustan warf sich beleidigt in die Brust. »Ich habe es nicht versäumt, meine Schwester zu beschützen. Ich weiß nicht, was für Lügen Euer Clan-Angehöriger erzählt hat, um seine Handlungsweise zu rechtfertigen, aber Susannah war nicht außerhalb der Insel auf der Jagd. Euer Mann hat sie von unserem Territorium verschleppt, genauso, wie ich jetzt Euch entführe. Und nicht Ihr seid es, die den Preis dafür bezahlt, sondern Euer Bruder, indem er Euch und das Kind, das in Euch heranwächst, aus seinem Rudel verliert.«
Emily hatte noch nie gehört, dass ein Clan als »Rudel«, bezeichnet wurde, doch dies war nicht der richtige Moment, danach zu fragen. »Susannah ist glücklich verheiratet mit einem Sinclair. Das ist doch wohl das einzig Wichtige«, sagte sie.
»Der Sinclair hätte im Namen seines Clan-Angehörigen um Erlaubnis bitten müssen. Das hat er nicht getan, was ein Bruch der Clan-Gesetze ist, den mein Laird und ich, Susannahs Bruder, nicht hinnehmen können.«
Cait verschränkte ihre Arme über der Brust und funkelte den Balmoral'schen Krieger an. »Streitet es ab, so viel Ihr wollt, doch sie war eine einzelne Wöl ... eine Einzelgängerin! Sie war leichte Beute, als Magnus ihr begegnete, aber sie ist in der Tat glücklich verheiratet. Sie liebt Magnus, und unser Clan hat sie mit offenen Armen aufgenommen.«
Emily versuchte, nicht das Gesicht zu verziehen bei der Erinnerung daran, dass ihr keine solche liebevolle Akzeptanz zuteilgeworden war.
»Dem Clan-Gesetz muss Genüge getan werden«, beharrte Drustan stur.
»Selbst wenn es bedeutet, Krieg zu führen?«, fragte Emily.
»Natürlich.« Dieser dumme Mann sah aus, als könnte er nicht einmal verstehen, dass sie die Frage stellen musste.
Sie machten sich auf den Rückweg, wobei Cait sich Mühe gab, Abstand zwischen sich und dem Balmoral'schen Krieger zu bewahren. Emily bedauerte ihre Freundin. Ihre eigene Situation war kritisch, aber die Wahrheit war, dass sie nicht schlechter dran war, als sie es vorher schon gewesen war. Das Leben bei den Balmorals konnte auch nicht schlimmer sein als bei den Sinclairs. Und solange sie eine Gefangene des anderen Clans war, brauchte sie sich
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