Lockruf des Verlangens (German Edition)
keine Gelegenheit gegeben, seinen Körper zu erforschen, hatte er gelacht und ihr versprochen, sie käme schon noch an die Reihe – sobald er nicht mehr ganz so scharf auf sie sei.
»Noch reichlich scharf«, hatte sie zehn Minuten später gesagt, ihr Haar zur Seite geworfen und nach Luft geschnappt, als er zum zweiten Mal von hinten in sie eingedrungen war.
Dafür hatte sie einen Kuss in den Nacken bekommen, seine Finger waren nach unten gewandert zu der hochsensiblen Haut zwischen ihren Schenkeln. »Schärfer, als du dir vorstellen kannst.« Sie zitterte, und er hatte mit wissenden Fingern ihre Klitoris umkreist. »Siehst du den Stuhl da? Als Nächstes sitzt du dort rittlings auf mir.«
Die vor Begierde raue Stimme hatte eine Hitzewelle in ihr ausgelöst, dunkel und lustvoll. Doch was sie nun fühlte, war mehr als unangenehm, als würde sie innerlich kochen. Sie wand sich aus Hawkes Armen und murmelte: »Bad«, als er sie festhalten wollte. Dann ging sie in den abgeteilten Bereich der Hütte. Wusch ihr Gesicht mit kaltem Wasser und rieb es wieder trocken, doch ihre Haut brannte immer noch.
Sie sah in den Spiegel.
Und hielt die Luft an.
Ihre Augen waren golden – flirrendes, flimmerndes Gold. Sie schluckte und versuchte, die Panik aufzuhalten, die in ihr hochsteigen wollte. Die zweite Dissonanzebene hatte sich nicht eingeschaltet. Was auch immer diese Reaktion ausgelöst hatte, war also keinesfalls ein gefährlicher Kontrollverlust. Mit diesem beruhigenden Gedanken sah sie sich in ihrem Kopf um, um die Schilde zu verstärken, die das X-Feuer eindämmten. Sie waren ausgebrannt. Himmel hilf!
Die Dissonanzkonditionierung war buchstäblich unter einer Welle von Energie begraben worden. Das hätte nicht geschehen dürfen – der Schmerz hätte ihr schon lange vorher das Bewusstsein rauben müssen … doch sie war eine X-Mediale. Eine Kardinale. Niemand wusste genau, wie ihre Kräfte sich verhielten.
Augenscheinlich wies zwar alles auf einen Zusammenhang hin, aber sie wusste, dass dieser Zusammenbruch nicht durch die Gefühle der beiden vergangenen Nächte hervorgerufen worden war – ihre Reaktion auf Hawke war schon wild und leidenschaftlich gewesen, bevor sie Intimitäten mit ihm ausgetauscht hatte. »Ruhig bleiben«, sagte sie sich. »Ganz ruhig.« Sobald ihr der Zugriff gelang, baute sie die Schilde wieder auf … und musste zusehen, wie das kalte Feuer sie sofort wieder vernichtete.
Schrecken erfasste sie, lähmte ihren Verstand.
Doch tief in ihrem Innern gab es so etwas wie ein Begreifen.
Sie hatte geglaubt, sie hätte die X-Anlage besiegt, aber sie hatte sie nur eingesperrt – man konnte die Fähigkeiten nicht aufhalten. Die periodische Abfuhr hatte regulierend eingegriffen, genügte aber nicht mehr. Während sie geschlafen hatte, war die Energie in exorbitante Höhen gewachsen, nun zerrte das Monster an den Schilden und wollte hinaus.
Alles deutet darauf hin, dass deine Kräfte sich in unvorhersehbare Richtungen entwickeln. Irgendwann werden sie dich überwältigen.
Sie hatte Mings Vorhersage beinahe vergessen, vielleicht hatte sie sich auch nur nicht daran erinnern wollen. Diesmal hatte der Mistkerl recht behalten. »Keine Panik jetzt. Denk nach, Sienna.« Sie ging im Bad hin und her, bis ihr klar wurde, dass sie als Erstes das kalte Feuer abführen musste, um sich Zeit zu verschaffen.
Sie brauchte fünf Minuten, um sich an Hawke vorbeizuschleichen, ohne ihn aufzuwecken. Dabei war sie überzeugt davon, dass er nur nicht aufstand, weil er sie riechen konnte und wusste, dass sie in Sicherheit war. Sobald ihre bloßen Füße den Waldboden berührten, sandte sie das Feuer hindurch, und fast eine Minute lang brannten Phantomflammen auf der Erde, bis das X-Feuer im Boden verschwand.
Doch als sie erneut in ihren Kopf schaute, wusste sie, dass schon am nächsten Morgen erneut ein kritischer Zustand eintreten würde. Das kalte Feuer war unersättlich, es wollte alles fressen, was sich ihm in den Weg stellte, aber das war noch nicht das Schrecklichste an der Feuerbrunst in ihrem Hirn. Denn Synergie, der katastrophale Höhepunkt der X-Kräfte, war nicht nur möglich, sondern höchstwahrscheinlich.
Und es gab kein Zurück, wenn dieser Höhepunkt erst einmal erreicht war.
Sie warf einen Blick zur Hütte und errichtete noch eine zweite Schicht von Schilden, ehe sie zurückkehrte. Ihre Augen hatten wieder die normale nachtschwarze Farbe angenommen, so konnte sie es sich gestatten, bei Hawke zu bleiben, die
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