Yuki, die dem knapp sitzenden Anzug nach zu urteilen auf dem Weg zur Arbeit war. »Ich dachte, wir treffen uns in deinem Büro.« Sie griff in ihre Aktenmappe und holte ein Klemmbrett mit einem Formular heraus.
Indigo nahm es ihr aus der Hand und zeigte es Hawke. »Ich wollte mich gleich in die Höhle des wilden Wolfs wagen.«
Knurrend griff Hawke nach dem Stift. »Was ist das?«, fragte er und unterschrieb, ohne sich das Papier durchzulesen. So viel Vertrauen brachte er nur seinen Offizieren entgegen. Wenn er ihnen nicht blind vertrauen konnte, würde es dem ganzen Rudel schaden. Das war erst einmal in der Geschichte ihres Rudels geschehen, und Hawke würde niemals zulassen, dass die schmerzhaften Geschehnisse von damals die Beziehung zu seinen Leuten vergifteten. »Normalerweise brauchen wir keinen Anwalt als Zeugen.«
»Hierfürschon«,sagteIndigo,unterschriebebenfallsundübergabdannYukidenStift,damitdieseihreUnterschriftdanebensetzenkonnte.»DamithatRileyeinenrechtlichenAnspruchaufdeineweltlichenGüter,fallsdieLageeserfordert.«
Er sah auf. »Indigo!«
»Es ist mir ernst. Er erhält auch das Recht, für dich über Leben und Tod zu entscheiden, falls es dazu kommen sollte.«
»Seit wann braucht man das in einem Rudel?« Das Rudel war eine Einheit. Eine Familie.
»Seit Judd darauf hingewiesen hat, dass eine rechtliche Absicherung alles einfacher machen würde, falls du ausgeschaltet würdest«, sagte Yuki stirnrunzelnd. »Sonst wären wir leicht handlungsunfähig, wenn man uns Steine in den Weg legt. Es behagt mir gar nicht, dass ich nicht selbst daran gedacht habe.«
Hawke musste zugeben, dass es sinnvoll war. Besonders da … Ach so! »Es hat damit zu tun, dass ich keine nahen Familienangehörigen habe.« Weder Eltern. Noch Geschwister. Noch eine Gefährtin.
Yuki sah ihn scharf an, Elias’ treue Gefährtin und Sakuras liebende Mutter würde auch wie eine Löwin für ihren größten und forderndsten Klienten, für die Wölfe, kämpfen. »Ich möchte diese Papiere nur ungern benutzen, pass also auf dich auf.« Sie steckte das Klemmbrett zurück in die Tasche, sah auf die Uhr, das lackschwarze Haar fiel ihr ins Gesicht. »Muss mich beeilen, habe eine Besprechung in Sacramento.« Die letzten Worte rief sie schon im Davongehen.
»Ich schließe mich Yuki vorbehaltlos an.« Indigo beugte sich vor, als wollte sie ihn umarmen. Unwillkürlich trat er einen Schritt zurück, und die Offizierin kniff die Augen zusammen. »Du musst ja mächtig in Bedrängnis sein, wenn du dich nicht mal traust, eine Rudelgefährtin in den Arm zu nehmen, an der du nicht das geringste sexuelle Interesse hast.«
»Hab dir doch gesagt, ich werd mich darum kümmern.«
Ihre Lippen waren ein dünner Strich. »Verdammt noch mal, Hawke!« Sie verschränkte die Arme und schüttelte den Kopf. »Ich weiß, was du vorhast, und du glaubst auch noch, damit beschützt du sie – aber wenn du das wirklich tust, wird Sienna dir niemals vergeben. Bist du sicher, dass du dir jede Chance verbauen willst?«
Er sah ihr in die Augen, ließ den dominanten Wolf heraus. Sie hielt dem Blick länger stand als jeder andere, ausgenommen vielleicht Riley.
»Verdammt.« Sie blinzelte und sah weg. »Du bist so was von stur, weißt du das?«
»Ich bin, wer ich bin.« Und im Augenblick war er ein Mann, der sein sexuelles Verlangen stillen musste, bevor ihm der Wolf die Entscheidung aus der Hand nahm. Denn der Wolf würde nur nach einem einzigen Duft suchen.
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WIEDERHERGESTELLTE DATEI COMPUTER 2(A)
STICHWORTE: PRIVATKORRESPONDENZ, VATER, HANDLUNG NICHT ERFORDERLICH
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von: Alice
an: Dad
am: 16. März 1971 um 22:13
betrifft: AW : Deine Mutter
Lieber Dad,
sag Mom, sie bekommt keine E-Mails von mir, weil ich sie ja anrufe. Wenn ich euch nicht gleich behandle, bekomme ich doch nur Vorwürfe, ich würde einen von euch vorziehen.
Bevor ich es vergesse: Vielen Dank für euer Geschenk. Die Skulptur ist ganz außergewöhnlich und wird sich in meinem Arbeitszimmer wunderbar machen. Ihr kennt mich wirklich gut.
Du hast nach meinem neuen Projekt gefragt. Ich habe gerade erst begonnen, und obwohl meine medialen Kollegen sich damit einverstanden erklärt haben, meine Bitte um Informationen im Medialnet zu veröffentlichen, bin ich bereits auf das erste Hindernis gestoßen: X-Mediale sind sehr rar. Bislang haben sich nur zwei bereit erklärt, an der Studie teilzunehmen, aber ich werde nicht aufgeben. So sind wir Eldridges