Lockruf des Verlangens (German Edition)
Zaungast.« Sie hob die Hände. »Aber du solltest vielleicht den furchterregenden Gesichtsausdruck ablegen, bevor du zu ihr gehst.«
»Den wird sie wohl aushalten müssen«, knurrte er.
Heimlich schob Sienna Kit den sechsten Likör zu.
Der verzog das Gesicht. »Musst du unbedingt dieses Mädelszeug bestellen?«
»Ich bin ein Mädchen, falls dir das noch nicht aufgefallen ist.« Die zuerst bestellten Wodkas waren leichter zu entsorgen gewesen – die farblose Flüssigkeit verschwand ungesehen in den leeren oder mit Eiswürfeln gefüllten Gläsern, die die Bedienung regelmäßig wegräumte. Bei den Likören wäre es aufgefallen.
Kit schüttelte sich, kippte den Karamelllikör schnell hinunter und schob ihr das leere Glas wieder zu, bevor irgendjemand mitbekam, wer ihn getrunken hatte.
»Mein Gott, war das ätzend.« Er trank einen Schluck Bier. »Noch einen trinke ich nicht für dich.«
»Das wird auch reichen. José guckt mich schon ganz böse an.« Sienna sah den Barmann blöde lächelnd so an, als sei sie betrunken.
Der große Hirsch starrte ebenso unbewegt zurück wie ein Wolf.
Sie wollte es lieber nicht darauf ankommen lassen und schwenkte ihren Kopf in die andere Richtung – zu Kit, der sie erstaunlich ernst ansah. »Was ist denn?«
»Ich weiß ja, dass du viel für Hawke empfindest«, sagte er und wandte sich ganz ihr zu. »Aber bist du auch bereit für das, wohin diese Scharade führen kann?«
Sienna hatte sich das auch schon gefragt und nur eine einzige Antwort darauf gehabt. »Das werde ich erst wissen, wenn er es zulässt.« Sie nahm Kits Hand. »Vielleicht stellt sich ja tatsächlich heraus, dass ich mich übernommen habe«, gab sie zu, denn natürlich würde Hawke kein einfacher Liebhaber sein – falls es ihr je gelang, ihn dazu zu bringen, eine Beziehung zwischen ihnen beiden überhaupt in Erwägung zu ziehen. »Aber eines weiß ich genau: Ich kann nicht einfach ruhig dasitzen und zusehen, wie er sich eine andere Geliebte nimmt.«
Er schaute sie durchdringend an. »Du hast dir alles genau überlegt.«
»Ja.« Was auch immer geschah, so konnte es auf jeden Fall nicht weitergehen – denn die Spannung zwischen ihnen war kaum noch auszuhalten. »Nervös bin ich aber trotzdem.«
Kit drückte ihre Hand und lächelte katzenhaft. »Ich setze auf dich.«
Sie beugte sich vor und küsste ihn auf die Wange. »Was meinst du, wann sollte ich wieder auf den Tresen steigen?«
»Wenn man berücksichtigt, wann José angerufen hat und wie schnell Hawke fahren wird, würde ich sagen, in zwei Minuten.«
»Gut.« Sie nahm ihr Handy und steckte es in die Hosentasche, etwas anderes hatte sie nicht dabei. »Dann hast du noch zwei Minuten, um abzuhauen.«
»Ich laufe nicht weg.« Er war beleidigt.
Sienna hatte lange genug in einem Rudel gelebt, um männlichen Stolz zu verstehen – selbst wenn er manchmal dumm war. »Du läufst nicht weg. Aber wenn du hierbleibst, machst du meinen ganzen schönen Plan kaputt, weil sich Hawke dann auf dich und nicht auf mich stürzen wird.«
»Oje.« Er trank sein Bier aus und stand auf.
Dann tat er etwas völlig Unerwartetes. Er zog sie an sich und küsste sie so leidenschaftlich, dass sie einen Eindruck davon bekam, was für ein Mann er werden würde. Als er sie wieder losließ, schlug ihr Herz doppelt so schnell. »Ähem, na ja, das war … « Okay, dachte sie, ganz ruhig bleiben. Es funkte zwar nicht so heftig zwischen ihnen wie zwischen Hawke und ihr, aber wenn er es wirklich wollte, konnte Kit sie ins Bett bekommen. Was eine ziemliche Überraschung war. »Das war aber nicht nett«, brachte sie schließlich heraus. »Ganz im Gegenteil.«
Zufrieden lächelnd wippte Kit auf den Absätzen. »Ich sollte dich warnen – jetzt riechst du nach mir. Das wird ihm nicht gefallen.«
Die schlaue Raubkatze. Nur gut, dass er auf ihrer Seite war. »Showtime.«
Kit beugte sich vor, seine Lippen berührten ihr Ohr. »Ich bleibe in der Nähe. Wenn er zu sehr außer sich gerät, hau ich dich raus.«
»Er tut mir nichts.« Das war so sicher wie sonst nichts in ihrem Leben. »Heb mich hoch.«
Er stellte sie neben eine andere junge Frau, eine schlanke Leopardin, die Sienna eine Kusshand zuwarf. Sofort ertönten Pfiffe, und Kit verschwand in der Menge. Vor der neonblau erleuchteten Glaswand mit den vielen Flaschen standen nun zwei weibliche Silhouetten. Sienna wusste genau, dass Nicki nur mit ihr flirtete, um Jason zu ärgern, sie warf die Kusshand zurück, und die Bar explodierte.
Als
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