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Lockvögel

Lockvögel

Titel: Lockvögel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
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sie an sich zu bringen.«
    Lorraine zögerte und rang sichtlich um einen Entschluß. Dann sagte sie: »Donald, ich werde Ihnen jetzt etwas erzählen, was ich noch niemandem sonst gesagt habe. Aber vorher möchte ich Ihnen eine Frage stellen, und ich erwarte eine aufrichtige Antwort von Ihnen.«
    »Schießen Sie los«, antwortete ich. »Erzählen Sie, und dann fragen Sie.«
    »Nein«, sagte Lorraine hartnäckig. »Erst stelle ich meine Frage, und dann werde ich es Ihnen erzählen.«
    »Also gut, wie Sie wollen«, lenkte ich ein.
    »Donald, sind Sie Ihrer Erinnerung in dieser Unfallsache absolut sicher?«
    »Ja, aber gewiß doch. Es war der dreizehnte August.«
    »Und welche Zeit war es?«
    »So gegen 3 Uhr 30. Es kann ein paar Minuten früher oder später gewesen sein.«
    »Sind Sie sich der Zeit ganz sicher?«
    Ich beobachtete ihr Gesicht.
    »Ich — natürlich könnte ich mich da etwas vertan haben. Aber Sie wissen doch, wie das ist, wenn man eine eidesstattliche Erklärung abgibt. Man wagt nicht zu sagen, es sei etwa um diese oder jene Zeit gewesen oder daß man sich vielleicht geirrt haben könnte. Tut mandas, dann wird man von irgendeinem Anwalt im Kreuzverhör vorgeknöpft, bis man nicht mehr weiß, ob man Männchen oder Weibchen ist.«
    Sie nickte verständnisvoll.
    »Also«, drängte ich sie, »was stimmt an der Zeit nicht?«
    »Irgendwo ist ein Fehler in der Geschichte«, sagte sie.
    »Woher wissen Sie das?«
    »Den dreizehnten August habe ich besonders gut im Gedächtnis, weil es mein Geburtstag ist. Wir hatten hier im Büro eine kleine Feier und tranken ein paar Cocktails. Es stimmt zwar, daß Mr. Holgate den größten Teil des Nachmittags außer Haus war. Er kam aber kurz nach vier ins Büro und setzte sich zu uns. Dann mußte er ziemlich rasch wieder weg. Allem Anschein nach hatte er eine Verabredung, da er immer wieder auf die Uhr sah. Was mich nachdenklich stimmt, ist, daß ich gegen vier Uhr dreißig bei der Abfahrt seinen Wagen sah, und da war er noch nicht beschädigt.«
    »Wollen Sie damit sagen, der Unfall sei nur vorgetäuscht worden, daß der Wagen überhaupt nicht beschädigt wurde und —«
    »Nein, nein. Das natürlich nicht«, antwortete Lorraine. »Es geht nur um die Zeit, das ist alles. Donald, Sie haben doch den Unfall gesehen. Ich muß unbedingt wissen: Ist es möglich, daß Sie sich in der Zeit geirrt haben?«
    »Das könnte schon sein«, gab ich zu.
    »Danke, das ist alles, was ich wissen wollte.«
    Ich mahnte zum Aufbruch.
    »Wir sollten das Fenster schließen und das Licht ausmachen.«
    »Und außerdem sollten wir abschließen«, ergänzte sie meinen Vorschlag.
    Ich nickte.
    »Also gehen wir«, sagte sie resigniert. Nochmals wanderte sie kreuz und quer durch das Büro und meinte: »Du liebe Güte, das sieht hier wirklich aus wie in Sodom und Gomorrha.«
    »Es lohnt nicht, noch heute nacht Ordnung zu schaffen«, sagte ich. »Und für den Fall, daß Mr. Holgate doch noch daran denken sollte, die Behörden zu benachrichtigen, sollten wir die Dinge möglichst so belassen.«
    »Ganz recht, Donald.«
    »Wie sieht es eigentlich im anderen Büro aus? Es ist dunkel.«
    »Das ist das Privatbüro von Mr. Maxton.«
    »Sollten wir nicht vorsichtshalber einmal hineinsehen?«
    »Ich denke schon. Sicher ist sicher.«
    »Haben Sie einen Schlüssel?«
    »Er befindet sich in einem Safe im Vorzimmer.«
    »Und Sie wissen, wie man den Safe öffnet?«
    »Aber ja. Die Kombination kenne ich.«
    »Dann sehen wir mal nach.«
    Wir gingen in das Vorzimmer, wo sie erneut mit gerunzelter Stirn nachdenklich vor ihrer Schreibmaschine stehenblieb.
    »Ich kann es nicht begreifen, was hier geschehen ist«, sagte sie. »Es ist mir völlig unverständlich, wer diese Maschine benutzt haben könnte.«
    »Kann Mr. Holgate Maschine schreiben?« fragte ich.
    »Mit zwei Fingern. Er war es sicher nicht.«
    »Dann muß also jemand hier gewesen sein, der mit der Schreibmaschine umzugehen verstand. Vergessen Sie nicht den Damenschuh.« Sie nickte.
    »Wahrhaftig. An den hatte ich gar nicht mehr gedacht.«
    »Das gibt uns noch mehr Anlaß zum Nachdenken«, sagte ich. »Versuchen wir doch mal, die Situation zu rekonstruieren. Holgate war hier mit einer Dame. Vielleicht hat er ihr ein Grundstück verkauft. Sie verstand es, mit einer Schreibmaschine umzugehen. Jedenfalls kam der Handel zustande, und sie wollte etwas Schriftliches in der Hand haben. Holgate fragte sie, ob sie mit einer Schreibmaschine dieser Art vertraut sei. Sie sagte

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