Lockvögel
Flugplatz fahren?«
»Ganz sicher tun wir das. Ich hasse es, nach Hause zu kommen und eine Menge schmutziges Geschirr vorzufinden.«
Sie drehte den Hahn zu, ließ ein paar Tropfen Spülmittel hineintropfen, wusch die Teller mit einer Bürste ab und reichte sie mir.
»Sie trocknen ab.«
Ich tat es.
Zwölf Minuten nach neun Uhr waren wir zum Aufbruch bereit.
Doris sah sich noch einmal im Raum um und sagte: »Vivian wird Ihnen gefallen. Aber verlieben Sie sich nicht in sie.«
»Sieht Vivian so gut aus?«
»Sicher. Blond und alles, was Männer sonst noch lieben.«
Wir fuhren mit dem Fahrstuhl hinunter und stiegen in den Wagen. Am Flugplatz angelangt, fragten wir, ob die Maschine pünktlich sein werde. Sie würde auf die Minute genau landen, wurde uns gesagt.
Nach dieser Auskunft gingen wir ins Restaurant und bestellten Wurst, Rühreier und nochmals Kaffee.
Das Flugzeug landete und rollte an dem Tor aus, an dem Doris und ich standen, um Vivian zu empfangen. Ich entdeckte Vivian, bevor Doris auch nur ein Wort sagen konnte.
Sie war eine auffallende Blondine in einem kurzen, enganliegenden Kleid aus knallrosa Rohseide. Sie hatte die Jacke nicht zugeknöpft und gab dadurch den Blick auf ihr Dekollete frei. Ihre Figur gab dem Kleid alles, was es benötigte, um Eindruck zu machen.
»Da ist Vivian«, rief Doris und stieß mich an. Dabei hüpfte sie aufgeregt von einem Fuß auf den andern.
Vivian kam durch das Ausgangstor, und Doris lief mit kleinen Freudenjuchzern auf sie zu.
»Vivian!« rief sie und faßte sie stürmisch am Arm. »Du siehst wieder blendend aus.«
Vivian lächelte, langsam und etwas von oben herab.
»Guten Tag, Doris, du Männerblickfang«, sagte sie zur Begrüßung.
»Nenne mich nicht so, Vivian. Ich habe einen Begleiter.«
Sie wandte sich nach mir um. »Donald, das ist Vivian. — Vivian, darf ich dir meinen Freund Donald vorstellen?«
»Den neuesten und letzten?« fragte Vivian ironisch.
»Auf alle Fälle den neuesten«, antwortete Doris.
Vivian musterte mich von oben bis unten und reichte mir langsam die Hand.
»Guten Tag, Donald«, begrüßte sie mich mit dunkler Stimme.
Die Art und Weise, wie sie mir die Hand gab, war umwerfend. Sie war darauf berechnet, bei mir den Eindruck zu erwecken, daß diese Geste eine besondere Bedeutung habe. Es war etwa so, als wenn eine Striptease-Tänzerin nichts weiter als die Handschuhe auszieht und diese harmlose Handlung wie mit Dynamit lädt, so daß der nackte Arm vom Ellenbogen zu den Fingerspitzen wie eine unmoralische Zurschaustellung nackten Fleisches aussieht.
»Donald hat mich hierhergefahren«, sagte Doris. »Aber du mußt ja beinahe mitten in der Nacht abgeflogen sein.«
»Angenehm war es nicht«, antwortete Vivian. »Es sind drei Stunden Zeitunterschied. Und so ließ es sich nicht vermeiden, daß ich mit einer Trampmaschine flog, die an allen möglichen Orten zwischenlandete, in Chikago, Denver und in Salt Lake City. In New York ist es jetzt zwei Uhr. Ich brauche dir wohl nicht zu sagen, Darling, daß ich in aller Herrgottsfrühe abgeflogen bin.«
»Wie, in aller Welt, hast du es bloß fertigbekommen, so früh aufzustehen?«
»Ganz einfach.« Vivian lächelte. »Ich bin gar nicht erst schlafen Ergangen.«
Sie öffnete ihre Handtasche, nahm das Flugticket heraus, riß den Gepäckschein ab und wollte ihn mir geben. Dann aber behielt sie ihn und sagte:
»Vielleicht holen Sie lieber den Wagen, und ich lasse einen Träger das Gepäck herbeischaffen. Sie können vor der Laderampe Vorfahren wo man Sie nicht belästigen wird; Sie müssen nur die Haube des Kofferraums öffnen und stehenbleiben. Man kann dort zwanzig Minuten parken, wenn man etwas ein- oder auszuladen hat. Sie brauchen nur mit erwartungsvollem Gesicht daneben zu stehen.«
Ich ging, um meinen Wagen zu holen. Ich brauchte ein paar Minuten, um mich durch die Menge der geparkten Fahrzeuge durchzuwinden und dann vor der Gepäckhalle vorzufahren.
Die beiden Mädchen standen schon da. Ein Gepäckträger bewachte vier Koffer und eine Handtasche.
Das Gepäck war auf einem kleinen Handkarren aufgestapelt, und ich gab dem Gepäckträger den Schlüssel zum Kofferraum. Dann ging ich an die rechte Wagenseite und hielt den Mädchen die Tür zum Einsteigen auf.
»Wir können alle drei vom sitzen«, sagte Vivian und schob sich gleich auf den mittleren Teil der vorderen Sitzbank.
In diesem Augenblick hörte ich einen Aufschrei des Gepäckträgers. Ich wandte mich um. Er stand wie
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