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Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition)

Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition)

Titel: Lockwood & Co. - Die Seufzende Wendeltreppe: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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konnte den Geist zwar nicht so gut sehen wie ihr, aber dafür habe ich vielleicht etwas gehört, das euch entgangen ist. Bevor die Erscheinung verblasst ist, hat sie nämlich etwas gesagt. Habt ihr das nicht mitbekommen? Ganz leise nur, aber gut verständlich. War in Eile. Hab die Bremsen nicht überprüft . Zweimal hat er das Gleiche gesagt, dann ist er verschwunden.«
    »Ja und?«, kam es von George. »Was bedeutet das?«
    »Dass die Heimsuchung ihre Quelle womöglich nicht unter dem Fußboden hat und es sich bei dem Toten nicht um ein Kriegsopfer handelt. Ich denke, es geht eher um die Kisten dort drüben. Was ist dadrin?«
    »Schrott«, sagte George.
    »Motorenteile«, setzte Lockwood hinzu.
    »Teile von Motorrädern, die unser Klient überall zusammenkauft. Wo kommen sie her? Was haben sie für eine Geschichte? Ich frage mich, ob nicht eins der Teile von einer Maschine stammt, die in einen Unfall verwickelt war. Einen Unfall mit tödlichem Ausgang.«
    George rümpfte die Nase. »Ein Verkehrsunfall soll die Heimsuchung ausgelöst haben?«
    »Tragen Motorradfahrer nicht auch Lederkleidung?«, fragte ich zurück.
    Schweigen breitete sich aus. Dann nickte Lockwood bedächtig. »Das könnte durchaus … Auf jeden Fall sollten wir uns den Inhalt der Kisten mal ansehen. Morgen früh fragen wir Mr Potter, ob er etwas dagegen hat. Vielen Dank für Ihre interessante Beobachtung, Miss Carlyle. Sie und Ihre Gabe haben mich nicht enttäuscht!«
    Nur der Vollständigkeit halber – ich lag tatsächlich richtig. Eine der Teekisten enthielt die zertrümmerten Einzelteile eines Rennmotorrads, die uns sehr auffällige Werte lieferten. Wir räumten die betreffende Kiste aus der Garage und ließen die Teile bei Fittes einschmelzen und damit war die Sache erledigt. Als wir nach dem Einsatz in die Portland Row zurückkehrten, klang mir Lockwoods Lob immer noch so laut in den Ohren, dass ich nicht gleich schlafen gehen konnte. Statt mich in meine Dachkammer zurückzuziehen, machte ich mir in der Küche ein Brot und ging damit in die Bibliothek. Die hatte ich noch nicht erkundet.
    Die Wände der Bibliothek waren mit dunklem Eichenholz getäfelt. Vor den Fenstern hingen schwere Vorhänge, schwarze Regale voller dicker, gebundener Bücher säumten die Wände. Über dem Kamin hing ein Gemälde, auf dem drei reife grüne Birnen zu sehen waren. Überall standen Leselampen, wie Reiher an einem Seeufer. Eine dieser Lampen beschien Anthony Lockwood, der, die langen, schlanken Beine elegant über die Armlehne drapiert, quer in einem bequemen Sessel saß. Das Haar fiel ihm dekorativ in die Stirn. Er las in einer Zeitschrift.
    Ich blieb unschlüssig in der Tür stehen.
    »Ach, Miss Carlyle!« Er sprang auf und lächelte mich freundlich an. »Kommen Sie doch herein! Setzen Sie sich hin, wo Sie wollen, aber vielleicht nicht unbedingt in den braunen Sessel dort in der Ecke, denn in dem lümmelt sich George manchmal in Unterhosen. Hoffentlich gewöhnt er sich das wieder ab, jetzt, wo Sie zu uns gehören. Aber keine Sorge, heute Abend kommt er bestimmt nicht mehr her. Er liegt schon im Bett.«
    Ich setzte mich Lockwood gegenüber in einen Ledersessel. Der Sessel war sehr bequem, nur der angenagte Apfelbutzen auf der Armlehne störte ein bisschen. Als Lockwood die Lampe hinter mir anknipste, nahm er das braune Ding wortlos mit und warf es in einen Papierkorb. Dann ließ er sich wieder in seinem eigenen Sessel nieder, legte die Zeitschrift in seinen Schoß, faltete die Hände und lächelte mich an.
    Ich lächelte zurück. Mit einem Mal wurde mir bewusst, dass wir uns im Grunde überhaupt nicht kannten. Nachdem das Bewerbungsgespräch, die Hausführung und der Einsatz bei Mr Potter überstanden waren, hatte ich keine Ahnung, worüber wir jetzt reden sollten.
    »Ich hab gesehen, wie George hochgegangen ist«, sagte ich lahm. »Ich hatte den Eindruck, dass er … dass er irgendwie mies gelaunt war.«
    Lockwood machte eine wegwerfende Geste. »Das gibt sich wieder. Manchmal hat er so seine Macken.«
    Eine Pause trat ein. Die kunstvoll verzierte Uhr auf dem Kaminsims tickte vernehmlich.
    Anthony Lockwood räusperte sich. »Also, Miss Carlyle …«
    »Nennen Sie mich doch bitte Lucy. Das ist kürzer und klingt nicht so steif. Immerhin sind wir ja jetzt Kollegen. Und Hausgenossen. Da können wir uns auch duzen, oder nicht?«
    »Aber gern. Sehr gern sogar …« Er blickte auf seine Zeitschrift, dann sah er mich wieder an. »Also, Lucy …«, wir lachten beide

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