Lodernde Begierde
Haut eines Mannes und der einer Frau? Hatte sie je einen kühlen Wasserlauf auf ihrer nackten, von der Sommersonne erhitzten Haut gespürt? Das war die unschuldige Sinnlichkeit der Kindheit. Was war mit der Satinglätte von heißer Haut, geöffneten Lippen, der vulkanischen Hitze von Fleisch an Fleisch?
Bei diesen Gedanken spannte sich seine Hose – verdammt, es war Wochen her! –, und ohne dass er sich dessen bewusst war, veränderten seine Fingerspitzen ihr Ansinnen. Aus unschuldiger Demonstration wurde erfahrene Verführung. Seine Hand wanderte von ihrem Handgelenk zu ihrer empfindlichen Armbeuge, seine Berührung war langsam und zielgerichtet.
Sophie bekam kaum Luft. Sie spürte nichts als seine Hände. Eine presste ihren Handteller an seine Wange, hielt sie sanft, aber unbeirrt. Sie ergab sich sofort und willig, unfähig anders zu reagieren. Die andere Hand glitt wie Flammen über ihre Haut, hinterließ glimmende Kohlen, während sie höher hinaufwanderte, bis sein Handrücken die Außenseite ihrer kleinen Brust berührte.
Ihre Lunge mochte zwar nicht funktionieren, aber dafür raste ihr Herz. Sie fühlte intensiv, wie ihre Haut sich um den Körper spannte. Sie konnte das Pulsieren ihres eigenen Herzschlags in den Ohren spüren, im Hals, im Puls, der unter seinen forschenden Fingerspitzen flatterte.
Wildes, ungezähmtes Verlangen durchströmte sie, ließ ihren Bauch erzittern und ihre Zehen sich in ihren Slippern verkrampfen. Gewebe zog sich zusammen, pulsierte und wurde feucht auf eine Art, die neu und aufregend war. Und verstörend, denn sie wollte, dass es niemals aufhörte. Nie gewagte Träume, niemals zugelassene Wünsche, Sehnsüchte, die sie unterdrückt hatte, brachen sich Bahn, waren rachsüchtig in ihrer Intensität. Sie konnte nicht atmen und nicht denken.
Mit einer zittrigen Bewegung ihrer anderen Hand zog sie sich die Augenbinde herunter. Ihre Augen öffneten sich, ihr Blick verschmolz mit seinem. Ihr trockener Mund arbeitete schwer daran, ihre Zunge von ihrem Gaumen zu lösen. »Bitte …«
Der Schock der Intensität in Sophies Blick hallte durch Graham. In Ordnung. Ja.
Doch dann rief er sich zur Ordnung. Was machst du da, du Scheißkerl? Warum verführst du dieses Mädchen? Um nicht länger an deine Schulden denken zu müssen?
O Gott, er war durch und durch verdorben. Er war zu viele Stunden mit ihr allein gewesen, viel zu viele Abende der Freiheit und der beiläufigen Intimität. Er wich zurück, verleugnete seine Reaktion auf ihr Flehen, überdachte und missverstand es bewusst. »Ja, natürlich. Ich höre auf damit. Verzeiht.«
Er erhob sich langsam, zwang seine halbe Erektion nieder, bevor er sich ganz aufrichtete. Er hätte sich deswegen keine Sorgen machen müssen, denn Sophies Blick war jetzt fest auf ihre Hände gerichtet, die sie in ihrem Schoß verkrampfte.
Dummkopf! Alberner, dummer, unrealistischer Dummkopf! Gott sei Dank hatte er ihr offenkundiges Flehen missverstanden. Sie war offensichtlich nicht so unempfänglich, wie sie geglaubt hatte, aber sie hatte nicht erwartet, dass sie sich für ihn bei der geringsten Berührung auf den Teppich legen würde.
Warum machst du dir Gedanken? Er hat sich nur gelangweilt – ein Kinderspiel gespielt. Er will dich nicht.
Graham wandte sich ab. Er schämte sich und, schlimmer noch, fühlte sich an all das erinnert, was zu vergessen er sich solche Mühe gegeben hatte. Der kurze Augenblick der Muße hatte die Dinge nur noch schlimmer gemacht, denn die ganze Last seiner Situation brach auf einmal über ihm zusammen wie die zerbröckelnden Mauern von Edencourt.
Er rieb sich mit beiden Händen das Gesicht. »Ah, Sophie. Es tut mir leid. Ich … ich bin heute nicht ganz ich selbst, fürchte ich.«
Sie räusperte sich hinter ihm. »Warum …« Er hörte, dass sie sich bewegte, hörte, wie sich das Rascheln ihres einfachen Musselinkleides von ihm entfernte. Genau das sollte sie tun, nachdem er sich derart egoistisch verhalten hatte.
Sie fuhr fort. »Warum seid Ihr nicht Ihr selbst?«
Er lachte auf. »Etwas Merkwürdiges ist passiert, nachdem ich gestern Abend hier fortging …« Er wollte es nicht laut aussprechen. Es Sophie zu erzählen, würde es Wirklichkeit werden lassen, aber vielleicht war es an der Zeit, dass es passierte. »Mein Vater ist tot.«
»Oh, wie schrecklich!« Ihre Stimme wurde wieder wärmer, was ihn sich nur noch schlechter fühlen ließ. »Kein Wunder, dass Ihr heute nicht der Graham seid, den ich kenne.«
Das ließ
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