Lodernde Begierde
ihre. »Hilfst du mir beim Auspacken, Lady Margaret?«
Meggie schaute aus zusammengekniffenen Augen zu ihr hoch. »Du bist nicht so hübsch wie Dee, Sophie.«
Sophie nickte ruhig. Es war nur die Wahrheit und Meggies Loyalität ihrer neuen Mutter gegenüber war erfreulich.
»Außer wenn du lächelst.«
Als sie mit Meggie im Schlepptau die Treppe hinaufschritt, fragte sich Sophie, ob Meggie wirklich sagen wollte, dass sie so hübsch war wie Deirdre, wenn sie lächelte.
Unmöglich.
Auf dem Weg zu ihrem Zimmer blieb Sophie in der Galerie stehen, da sie einige neue Bilder bemerkte, die in der langen Reihe von Porträts der Marbrook-Familie aufgehängt waren. Wo die Reihe einst mit Porträts der sehr jungen Calder und Rafe und einem Bildnis von Calders erster Frau, Melinda, aufgehört hatten, erstreckte sich nun eine ganze Serie neuer Werke.
Als Erstes ein Porträt von Calder, dem älteren Bruder und derzeitigen Marquis von Brookhaven, und seiner neuen Frau. Er war ein großer Mann mit breiten Schultern und dunklem Haar, dessen braune Augen in seinen wie gemeißelten Zügen glühten. Sein Gesichtsausdruck brachte Sophie zum Lächeln, denn sie konnte sich nur allzu gut vorstellen, wie ungeduldig er beim Modellsitzen gewesen sein musste. Calder war ein Mann der Tat, nicht des Müßiggangs.
Neben ihm stand eine exquisite Darstellung von Deirdre. Sie war eine königliche Schönheit mit goldenem Haar und Augen wie Saphiren. Ihr Lächeln war kühl und hochmütig, aber ihr Blick war voller Humor und ebenfalls einer Spur Ungeduld. Wenn Sophie sich nicht täuschte, dann hielt die Hand ihrer Cousine auf Calders Schulter diesen wortwörtlich am Platz.
Sie hatten keine einfache Zeit des Werbens gehabt, vor allem wenn man bedachte, dass sich der größte Teil davon nach ihrer Vernunfthochzeit abgespielt hatte, doch selbst in dem Porträt konnte Sophie sehen, dass Calders ganzes Sein sich an Deirdre orientierte, als wäre sie die Erde und er der verliebte Mond. Jeder Tag war ein Kampf, wer von beiden das Sagen hatte, doch wie es schien, war der Lohn dafür nichts weniger als vollkommene Hingabe.
Im nächsten Porträt stand Lord Raphael Marbrook, der uneheliche, aber anerkannte zweite Sohn. Die Ähnlichkeit zwischen den Halbbrüdern war erstaunlich, wenn man nur auf die Haar- und Augenfarbe und die generelle Statur achtete. Sie unterschieden sich einzig in ihrer Haltung. Rafes Blick aus den braunen Augen war unbekümmerter, fast lachend, und das verzückte Lächeln um seinen Mund war nicht wegzudenken.
In einem Stuhl vor ihm saß Phoebe. Ihr honiggoldenes Haar hing ihr über eine Schulter nach vorn, und sie schaute den Betrachter des Bildes mit einer Liebe in ihren himmelblauen Augen an, dass Sophies Herz vor Neid einen Sprung machte. Rafes Hand auf ihrer Schulter war eine Segnung und ein Streicheln, seine Finger vergruben sich leicht im seidigen Haar seiner Frau.
Liebe auf den ersten Blick, obwohl Phoebe eingewilligt hatte, Calder zu heiraten und die Hochzeitszeremonie fast bis zum Ende durchgezogen hatte. Ewig währende Liebe, dachte Sophie, während sie die zärtlich verweilende Hand auf Phoebes Schulter betrachtete.
»Papa hat mir Mamas Porträt gegeben, damit ich es in meinem Zimmer aufhängen kann«, sagte Meggie ruhig. »Mir gefällt es dort und Dee auch.« Das kleine Mädchen schaute stolz zum Bild ihrer neuen Mutter hinauf. »Früher habe ich mir gewünscht, dass Mama mich mitgenommen hätte, aber jetzt bin ich froh, dass sie es nicht getan hat.«
Sophie schloss die Augen bei dem Gedanken an die Tragödie, der Meggie so knapp entgangen war. Calders erste Ehefrau war auf der Flucht mit ihrem neuen Liebhaber bei einem Kutschenunfall ums Leben gekommen. Gott sei Dank, hatte die Frau genug Grips besessen, Calders damals zweijährige Tochter zu Hause zurückzulassen. »Ich bin auch froh, mein Schatz.«
»Ich werde auch bald für ein Porträt Modell sitzen, hat Papa gesagt.« Meggie kratzte sich die Nase. »Sobald ich gelernt habe, wie man still sitzt.«
Sophie lächelte zu ihr hinab. »Ich würde üben, wenn ich du wäre. Wie es aussieht, hat der Namenlose es bereits zu einiger Kunstfertigkeit im Stillsitzen gebracht.«
Meggie schaute hinab auf das langbeinige Kätzchen, das schlaff von ihrem Arm baumelte wie ein knochenloses Katzenfell. »Mortimer der Mächtige.« Sie zog die Stirn in Falten. »Nein, das passt nicht.« Sie seufzte tief und zuckte die Achseln. Das Kätzchen ließ glücklich den Kopf auf ihren Arm
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