Lodernde Begierde
verwickeln.«
Noch einmal schnalzte er mit der Zunge. »Wenigstens hattet Ihr genug Verstand, sofort nach dem Walzer zu gehen. Das verlieh Euch ein recht mysteriöses Ansehen, wie ich zugeben muss.«
Sophie nickte, denn sie fühlte sich von dem Abenteuer der letzten Nacht noch zu erschöpft für ausgiebige Unterhaltungen.
»Danach müsst Ihr Euch für Lady Peabodys Hauskonzert heute Abend fertig machen. Ich werde Patricia instruieren, was Ihr tragen sollt.«
Sophie hob flehend die Augenbrauen. »Darf ich bitte nach einer Viertelstunde wieder gehen?« Lady Peabody veranstaltete nur deshalb Hauskonzerte, um die zweifelhaften Talente ihrer beiden Töchter vorzuführen, die jedoch nicht in der Lage waren, Töne unterschiedlicher Tonhöhen voneinander zu unterscheiden. »Ich werde kaum verbergen können, dass ich keine Anstandsdame habe.«
Lementeurs Augen funkelten. »Meuterei! Aufruhr! Ungehorsam!« Dann grinste er. »Sie lässt immer erst ihre Töchter etwas vorführen. Plant Euer Erscheinen ein wenig verspätet. Umso leichter wird es Euch fallen, einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Wegen der fehlenden Anstandsdame plane ich, mit Lady Peabody zu sprechen. Sie wird mir diesen Gefallen gerne tun, wenn sie dafür einen Nachlass auf meine Kreationen bekommt.«
Dann war er fort, und Patricia trat mit einer Portion Rührei und noch mehr Tee auf einem Tablett ein. Sophie aß langsam und versuchte, den einen Gedanken, der ihr nicht aus dem Kopf gehen wollte, zu ignorieren.
Ob Graham wohl dort wäre?
Ihre Mundwinkel zuckten schelmisch, als sie an der Klingelschnur an der Wand zog. Fortescue würde es wissen.
Es war bereits Nachmittag, bevor Grahams Kammerdiener, Peabody, sich anschickte, Tee in Grahams Schlafzimmer zu bringen. Graham wusste, dass Peabody nicht damit einverstanden war, dass er noch nicht in die große Suite des Herzogs gezogen war, aber der Gedanke, in diese erdrückende Zimmerflucht vorzudringen – wo noch mehr hilflose Trophäen lauerten! – und alle Schätze seines Vaters rauszuwerfen …
Nein, danke.
Wenn er einen Butler wie Fortescue hätte, könnte er ihn damit beauftragen, alles entsprechend vorzubereiten, und er wüsste, dass die Räumlichkeiten ein Wunderwerk der Perfektion wären, wenn er sie beträte. Unglücklicherweise erwies sich Nichols als nicht gerade erfreut über die neuen Anweisungen.
Er könnte den Mann nicht behalten, aber er konnte ihn auch nicht entlassen, nicht nach so vielen Jahren Dienst für die Familie. Was würde Calder, der Marquis von Brookhaven, wohl mit einem Butler wie Nichols tun?
Graham konnte Sophies trockenen Tonfall fast hören: »Calder würde ihn mit einem kleinen Dienertrupp nach Edencourt schicken, um das Haus in Ordnung zu bringen.«
Leise lachend rieb sich Graham die Erschöpfung aus den Augen und fand den Mut, die Füße auf den eisigen Fußboden zu stellen. Kohle kostete im Moment ein Vermögen, und Graham war fest entschlossen, so viel wie möglich zu sparen. Wenn das bedeutete, dass er einen kalten Fußboden und zusätzliche Decken ertragen musste, dann würde er es tun. Sophie würde es gutheißen.
Woher hatte sie dieses luxuriöse Kleid? Es war ihr offenbar auf den Leib geschneidert; es gab nur wenige Frauen in England, die ein solches Kleid auf so elegante Art tragen konnten. War es ein Geschenk ihres neuen Cousins? Brookhavens?
Wahrscheinlich. Eigentlich ging es Graham gar nichts an. Deirdre hatte so eine impulsiv großzügige Art, um Sophie ein derart unpassendes Geschenk zu machen.
Unpassend? Letzte Nacht sah es aber ziemlich passend aus, nicht wahr?
Was wirklich merkwürdig war. Immerhin handelte es sich um Sophie. Sophie war die Sorte Freundin, mit der man lachte, redete und Karten spielte – aber nicht die Sorte, mit der man Walzer tanzte, bis die ganze Welt im Nebel versank. Ganz und gar nicht!
Du warst aber genauso hingerissen wie alle anderen.
Bei dieser Erkenntnis war ihm unbehaglich, weshalb er sie gründlich aus seinen Gedanken verbannte. Es funktionierte, bis Peabody ihn fertigrasiert hatte. Er wischte ihm das Gesicht mit einem dampfenden Handtuch ab, und dann begann er zu plaudern.
»So entzückende Zeichnungen von Euch und Miss Blake in den Klatschblättern heute früh, Euer Gnaden«, bemerkte Peabody, als er das Rasierzeug wegräumte. »Es war sehr freundlich von Euch, ihr zu helfen. Sicherlich wird sie jetzt eine gute Partie machen.«
Partie? Meinte er damit heiraten? Graham spürte, wie ihm der Mund offen
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