Lodernde Begierde
lieben, wie ich dich liebe … und ich möchte, dass du mir glaubst.«
Sie lächelte. »Ich glaube dir, Graham. Ich werde dir immer glauben.«
Die Reise zurück nach London an diesem Morgen verlief ohne besondere Vorkommnisse, wenn man einmal davon absah, dass sie eine gute halbe Stunde brauchten, um S.P. dazu zu bringen, noch einmal zwei Reiter auf seinem Rücken zu dulden.
»Er war anfangs ein so braves Tier«, sagte Graham kopfschüttelnd. »Ich kann gar nicht verstehen, was mit ihm los ist.«
Sie ritten überwiegend schweigend, nicht gewillt, einander auch nur für einen kurzen Moment loszulassen. Trotz der Tatsache, dass Sophie sich wieder so schnell auf dem Rücken eines Pferdes wiederfand, erlaubte sie sich zum ersten Mal in ihrem Leben, vollends glücklich zu sein. Denn schließlich würde alles gut werden, genau so, wie sie Graham versichert hatte.
Viel zu schnell kam der schmutzige Londoner Horizont in Sichtweite. Dann ritten sie in der Stadt ein. Karrenräder ratterten über Kopfsteinpflaster. Lachen und wütende Schreie erhoben sich über das allgemeine Getöse der Abfallbehälter und der Marktschreier. Nach der gespenstischen Stille auf Edencourt erinnerte dieser Angriff auf ihr Gehör Sophie an jenen lange vergangenen Tag — vor nur drei kurzen Monaten! –, als sie mit zwei Kleidern und einem Schrankkoffer voll gestohlener … äh, ungelesener Bücher aus Acton in London angekommen war.
So vieles hatte sich seither verändert. Sie selbst am meisten. Nie mehr würde sie jemandem erlauben, sie zu unterdrücken. Nie mehr würde es irgendjemand versuchen. Sie würde die Herzogin von Edencourt, vermögend und einflussreich, mit mächtigen Freunden und einer mächtigen Familie.
Edencourt war nicht das Einzige, was an diesem Tag gerettet werden würde.
Viel zu rasch erreichten sie Brook House. »Es tut mir leid, dass ich hier anhalten muss«, sagte sie zu Graham, »aber Fortescue ist wahrscheinlich vor Sorge ganz außer sich. Ich hoffe nur, er hat noch keine Nachricht an Deirdre geschickt.« Dann war da natürlich noch das Problem mit ihrer Kleidung. Sie konnte wohl kaum in einer Jungenhose und einem Hemd heiraten.
Sie küsste Graham zum Abschied und rannte zum Haus. An der Tür, die prompt von einem sehr erleichtert aussehenden Butler geöffnet wurde, drehte sie sich noch einmal zu Graham um und winkte ihm zu.
»Wir treffen uns in Eden House.«
Dann war sie drinnen, fühlte sich ohne Graham an ihrer Seite halb nackt, versicherte Fortescue, dass ihr gewiss nichts fehle und dass sie nicht von Banditen ausgeraubt worden sei, es ginge ihr gut, sie sei die ganze Zeit mit Seiner Gnaden zusammen gewesen.
Fortescue nickte nur. »Ja, Miss. Ich wusste, dass er ebenfalls verschwunden war.«
Sophie lächelte. »Die Kammerdiener-Buschtrommel? «
Er hob eine Augenbraue. »In der Tat, Miss.« Dann sah er wieder besorgt aus. »Als ich jedoch auch gestern nichts von Euch hörte, habe ich einen reitenden Boten zu Ihrer Ladyschaft geschickt, um zu erfahren, ob Ihr möglicherweise bei ihr wärt.«
Sophie biss sich auf die Unterlippe. Oje. Deirdre und Phoebe würden sich Sorgen machen. »Dann sollten wir besser sofort einen weiteren Boten aussenden. Hoffentlich können wir Deirdre erreichen, bevor sie in Panik gerät.«
Fortescue nickte. »Ja, Miss.«
Die Zeit verstrich. »Ich muss mich rasch umziehen«, sagte sie auf dem Weg zur Treppe. Sie warf ihm ein Lächeln über ihre Schulter zu. »Ich heirate heute. Könntet Ihr bitte Patricia hinaufschicken?«
Bei diesen Worten wurde Fortescue zu Stein. »Patricia O’Malley arbeitet nicht mehr in Brook House, Miss. Jedoch hoffe ich, dass Ihr meine Glückwünsche entgegennehmt. «
Sophie drehte sich alarmiert um. »Tatsächlich? Wohin ist sie gegangen?«
Fortescue streckte das Kinn vor. »Ich weiß es gewiss nicht, Miss. Ich werde Euch ein Dienstmädchen hinaufschicken, wenn es Euch recht ist.«
Er war ganz offensichtlich nicht glücklich mit der Situation, aber Sophie hatte keine Zeit, der Sache auf den Grund zu gehen. Nach der Zeremonie würde sie jedoch einige Fragen stellen und Antworten verlangen. Als sie Fortescue das letzte Mal gesehen hatte, war er ein zitternder Haufen bis über beide Ohren verliebter Livree mit perfekter Frisur gewesen. Jetzt war er ein steifer, verkniffener Schürhaken von einem Mann, dessen Haar aussah, als würde er es sich seit Tagen raufen.
Auf ihrem Weg die Treppe hinauf betete sie darum, dass es Patricia gut gehe und dass Phoebe
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