Lodernde Träume
gehofft, dass sie seine Frage bejahen würde? Und das, nachdem er sie so gedemütigt hatte? Aber wirklich nicht! Sie hatte, weiß Gott, keine Lust, von ihm nochmals so verletzt zu werden. Wenn er sie wirklich begehrte, war es seine Sache, das deutlich zu sagen.
Als der Butler mit einem Picknickkorb hereinkam, der randvoll mit Proviant gefüllt war, wurde sie furchtbar rot. Doch wie jeder gute Diener sah er geflissentlich darüber hinweg. »Ich wünsche Ihnen eine angenehme Reise, Euer Gnaden!« sagte er höflich und verbeugte sich.
Sie errötete noch mehr. Langsam fing sie wirklich an, diesen Titel zu hassen, den sie früher so heiß begehrt hatte.
Megan steckte die Serviette mit dem eingepackten Frühstück zu den anderen Sachen im Korb, als ob dies das Natürlichste der Welt wäre, und ging ins Foyer hinaus, wo Devlin bereits auf sie wartete. Wie üblich kam er ihr gerade recht, um ihren Ärger über die peinliche Situation von soeben an ihm auszulassen.
»Du willst mich offenbar von hier wegschleppen, bevor ich mich bei unserer Gastgeberin bedanken konnte?« fragte sie gereizt.
»Lady Margaret ist in Edinburgh und wird nicht vor morgen zurückerwartet«, sagte er kurz angebunden. »Hattest du vor, auf sie zu warten?«
»Und dabei zu riskieren, dass sie vielleicht den echten Herzog kennt?« zischte sie ihm leise zu, damit der Butler es nicht hören konnte. »Ganz bestimmt nicht! Du kannst also getrost nach Caesar schicken lassen.«
»Das habe ich schon. Und auch nach einer Kutsche für dich, wenn es dir recht ist.«
»Du hast eine Mietkutsche aufgetrieben?«
»Ich habe mir eine von Lady Margaret geborgt.«
Megan stöhnte auf. »Auch das noch!« Dann wurde sie ernst: »Devlin, jetzt reicht's aber langsam! Wie du diese Lady ausnützt, geht wirklich zu weit!«
Devlin schaute sie dermaßen herablassend an, dass sie ihm in diesem Moment den Herzog gut und gerne abgenommen hätte. »Darf ich fragen, inwiefern ich die Lady ausnutze?«
Megan kam noch näher heran und flüsterte: »Dir ist doch wohl klar, dass sie glauben wird, dass sich der ... - na, du weißt schon wer - ihre Kutsche ausgeliehen hat. Und du rechnest doch damit, dass sie darüber nicht im mindesten verärgert ist, sondern dass sie sich im Gegenteil geschmeichelt fühlen wird, einer so hochgestellten Persönlichkeit einen Gefallen tun zu können. Dabei stimmt die ganze Geschichte gar nicht!«
»Aber warum soll ich ihr diese Freude dann nicht machen, noch dazu, wo sie gar nicht hier ist und ihre Kutsche demnach nicht braucht?«
Dem Argument konnte sie nichts entgegenhalten. »Trotzdem, es bleibt Unrecht!« beharrte Megan.
»Die Verantwortung nehme ich voll und ganz auf meine schwachen Schultern. Und du hast dafür den Vorteil, dass du nicht mit mir auf Caesar sitzen und auch noch die ganze Zeit diesen sperrigen Korb auf dem Schoss halten muss t.«
Noch ein guter Grund, an den sie nicht gedacht hatte. Megan schwieg also, versuchte aber trotzdem, ihm ein schlechtes Gewissen zu machen, indem sie möglichst missbilligend dreinschaute.
Nachdem ihre Kutsche immer noch nicht vorgefahren war, stellte Megan den Korb am Boden ab. »Das ist das erste Mal, dass du von deiner Familie gesprochen hast«, sagte sie plötzlich.
Sie schaute gedankenverloren zum Butler hinüber, so dass sie seinen misstrauischen Blick von der Seite nicht bemerkte. »Wann soll ich denn von meiner Familie gesprochen haben?«
»Vorhin beim Frühstück, als wir über Scheidung geredet haben, erinnerst du dich nicht?«
Devlin war erleichtert. »Ach so«, sagte er in möglichst harmlosem Ton.
»Hast du also auch eine Familie, Brüder, Schwestern und so weiter?«
Ihre Frage klang eher beiläufig, als hätte sie im Grunde kein großes Interesse an diesem Thema. Doch er kannte sie besser. Ihre Neugier war wesentlich stärker entwickelt als bei allen anderen Menschen, die er kannte. Unter anderem hatte er dieser Eigenschaft ja auch die Ehe mit ihr zu verdanken. Und Devlin wusste : Wenn ihre Neugier einmal geweckt war, ruhte sie nicht eher, bis sie die Antwort wusste , so dass es keinen Zweck hatte, ihrer Frage auszuweichen.
Er hätte sich das schon viel früher klarmachen müssen. Vielleicht hätte er dann sogar Wege gefunden, aus ihrer Neugier den einen oder anderen Vorteil zu ziehen. Darüber müsste er wirklich einmal in Ruhe nachdenken. Jetzt aber bemerkte er lediglich: »Eine Großmutter, eine Großtante und zahlreiche entferntere Cousins.«
»Keine näheren
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