Lodernde Träume
Gärtner die seltene Gelegenheit, seinen Herrn, den Herzog von Wrothston, wie von Furien gejagt zum See hinunterstürzen zu sehen.
Devlin sah sie schon von weitem. Sie saß am Ufer, etwas abseits vom Bootssteg. Sie sah wie ein richtiger kleiner Wildfang aus, hatte ihren Hut achtlos weggeworfen und ihr Haar gelöst, so dass es wie eine feuerrote Mähne über ihrem grauen Reisemantel lag. Den Rock hatte sie bis zu den Knien hochgezogen, und einer ihrer Füße baumelte im eisigen Wasser.
Man hätte denken können, dass die Eiseskälte des Wassers sie womöglich davon abgehalten hatte, sich hineinzustürzen, doch als Devlin sie da sitzen sah, wurde es ihm sofort klar, wie lächerlich es gewesen war, an eine Kurzschluß reak- tion zu denken. Dazu war sie einfach nicht der Typ, dazu war sie viel zu verzogen. Denn dann hätte sie ja keine Chance mehr gehabt, sich an dem, auf den sie wütend war, zu rächen. Aber vielleicht tat er ihr da auch Unrecht, vielleicht war das gar kein Ausdruck ihrer Verwöhntheit, sondern eine ganz normale, menschliche Reaktion.
Vorsichtig trat er an sie heran. Sie hörte ihn kommen und richtete sich steif auf, drehte sich jedoch nicht um. Weinte sie noch? Großer Gott, bloß das nicht! Mit ihren Wutausbrüchen konnte er umgehen, vor ihren Tränen stand er, wie die meisten Männer, hilflos wie ein kleines Kind.
Und so sagte er natürlich prompt das Falsche: »Na, hast du dir den Zeh angestoßen?«
Devlin stöhnte innerlich, als sie nur lapidar bemerkte: »Ja!«
Er sank hinter ihr auf die Knie, in den weichen Ufersand. Er hob die Arme, wollte sie an sich ziehen, doch er befürchtete, sie könnte sich ihm in trotziger Abwehr hastig entziehen und dabei ins Wasser fallen.
»Es tut mir leid, Megan.«
»Was denn?«
» Dass mein Schienbein dummerweise genau da war, wo du hingetreten hast.«
Er musste lange auf eine Antwort warten, so lange, bis sie sich den Strumpf und den Schuh wieder angezogen hatte. Schließlich erwiderte sie: »Nein, das verzeihe ich dir nicht.«
»Was? Meine gedankenlosen Worte?«
»Die auch nicht.«
»Dann, dass ich über dein tadelloses Benehmen so überrascht war?«
»Das vielleicht schon.«
Obwohl sie ihn nicht sehen konnte, versuchte er, seinen
Seufzer der Erleichterung zu unterdrücken. »Alle waren von deinem Auftreten ganz begeistert, und niemand nimmt es dir übel, dass du mir gegen das Schienbein getreten hast. Alle haben gemeint, dass ich schuld an der ganzen Situation gewesen wäre, was ja auch stimmt. Mein Butler hat sogar gesagt, dass ich mich noch nie so danebenbenommen hätte.«
»Da bin ich aber ganz anderer Ansicht. Ich kann mich da an verschiedene Situationen...«
»Reicht es dir nicht, wenn ich mich für dieses Mal entschuldige, kleines Biest?«
Bei diesen Worten stand sie so abrupt auf, dass ihr Rüc ken ihm einen regelrechten Kinnhaken verpasste . Sie fuhr mit einem erschrockenen »Oh!« herum, konnte es sich dann aber nicht verkneifen, schadenfroh zu bemerken: »Tja, selber schuld, wenn du mir zu nahe kommst.«
»Da wäre ich an deiner Stelle aber nicht so kess. In kaltem Wasser kann man nämlich nicht nur seine Sinnlichkeit, sondern auch seinen Ärger abkühlen.«
Sie lachte laut. »Du würdest es doch niemals wagen, mich da reinzuwerfen!«
»Richtig. Aber nur deshalb, weil ich dir mit deiner Riesenschleppe ja hinterherspringen müsste , um dich vor dem Ertrinken zu retten. Und dazu hätte ich kaum Lust, denn mein See ist noch um einiges kälter als dein Teich.«
»Ich hab mich gar nicht erinnert, dass es hier auch einen See gibt.«
»Du hast dich bei deinem ersten Besuch wahrscheinlich für nichts anderes interessiert als für das Gestüt, hm?«
»Nein. Ich kenne schon einen großen Teil des Hauses. Eines deiner Hausmädchen hat Tiffany und mich damals herumgeführt und war unheimlich stolz, als sie sah, dass unsere Bewunderung keine Grenzen kannte. Sie zeigte uns sogar deine Privatgemächer, naja, zumindest ein paar deiner Räume.«
»Und? Warst du beeindruckt?«
»Und wie! Warum glaubst du wohl, dass ich den Herzog von Wrothston heiraten wollte?«
Der Hieb hatte gesessen. Er hätte wissen müssen, dass sie die peinliche Szene von vorhin nicht auf sich beruhen lassen und sich dafür irgendwie an ihm rächen würde. Und sie hatte genau die richtige Wunde getroffen.
»Ach, ich dachte, du hättest mir einmal gesagt, dass du hauptsächlich von dem Gestüt so beeindruckt warst«, entgegnete er, ohne sich anmerken zu lassen, wie sehr
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