Lodernde Träume
aber es war alles belegt. Und es war schon zu spät in der Nacht, als dass er bei irgendwelchen Bekannten hätte vorbeischauen können. Wenn er früher von London losgefahren wäre, hätte er womöglich noch bei jemandem unterkommen können. Vielleicht aber auch nicht. Er hat eben einfach nicht mit so einem Ansturm gerechnet. Dabei hätte er das doch wirklich wissen müssen. Wir haben zwar die letzten zehn Jahre hier keinen einzigen Ball mehr gegeben, aber unsere Familie feiert immer in großem Stil - wenn sie feiert.«
Megan fiel auf, dass sie selbst die Gästeliste auch noch nicht zu Gesicht bekommen hatte. »Wie viele Leute hast du denn schließlich eingeladen?«
»Ach, so ungefähr sechshundert. Und die werden auch alle kommen, abgesehen natürlich von den Leuten, die ich vergessen habe einzuladen und die deshalb erst recht auftauchen werden, um mich daran zu erinnern, dass ich sie vergessen habe.«
Ein paar Sekunden lang herrschte ungläubiges, erstauntes Schweigen. Dann bemerkte Tiffany trocken: »Na, dann kann man ja nur von Glück reden, dass es auf Sherring Cross nicht einen, sondern gleich zwei durchgehende Ballsäle gibt!«
»Ich hab mich immer gewundert, warum«, flüsterte Megan ängstlich. »Jetzt weiß ich es.«
Duchy tat so, als würde sie die allgemeine Verblüffung nicht bemerken. Sie liebte nun einmal Überraschungen. Deshalb hatte sie auch in den Einladungen nichts von dem Anlass dieses Balles erwähnt. Nicht einmal ihren allerbesten Freundinnen hatte sie von Devlins Hochzeit etwas erzählt. Nur ihre Schwester Margaret wusste davon, und deshalb musste sie seit deren Ankunft die ganze Zeit hinter ihr her sein, um zu verhindern, dass diese Plaudertasche es wieder einmal nicht fertigbrachte, ihr Geheimnis für sich zu behalten.
»Ach, da habe ich noch etwas vergessen«, sagte sie dann und reichte Megan eine Schmuckschatulle. »Devlin bestand darauf, dass ich den Familienschmuck herausholen sollte. Dabei kann ich mir einfach nicht vorstellen, wieso er meint, dass gerade Rubine zu deinem Ballkleid besonders gut passen würden.«
Megan wusste sehr wohl, warum. Denn Devlin glaubte ja immer noch, dass sie in einem rosa Ballkleid erscheinen würde. Doch sie musste so lachen, dass Duchy, die noch jede
Menge zu tun hatte, die Geduld verlor und nicht mehr warten wollte, bis sich Megan von ihrem Lachanfall erholt und ihr den Grund für ihr Gekicher mitteilen konnte. Sie meinte nur noch schmunzelnd: »Ich glaube, dir täte es ganz gut, wenn du vorher noch ein Nickerchen machtest.« Dann verschwand sie durch die Tür.
Megan fand gerade noch Zeit, ihr die Frage hinterherzurufen: »Ist es wirklich wahr, dass die Königin auch kommt?«
»Aber sicher doch!« tönte es aus dem Gang zurück.
»Oh Gott!« stöhnte Megan.
Hewlett-Packard
43
»Mach jetzt endlich deine Ansage, oder du wirst gleich sehen, wie der Herzog von Wrothston einen Skandal verursacht!«
Lucinda schaute ungläubig zu ihrem Enkel hoch, dann folgte sie seinem Blick hinüber zu Megan, die inmitten eines Pulks von jungen Verehrern kaum mehr zu sehen war. »Devlin, ich bitte dich, der Ball hat gerade erst begonnen, und du kannst sie ja schließlich da herausholen, indem du einfach mit ihr tanzt. Das ist durchaus erlaubt, wie du weißt.«
»Das ist aber auch keine Lösung«, brummte er ärgerlich, doch dann gab er sich einen Ruck und ging zu Megan hinüber, um genau das zu tun, was ihm seine Großmutter vorgeschlagen hatte.
Duchy schaute ihm kopfschüttelnd hinterher. Sie ahnte nicht, dass er jetzt gleich seine eigene Art von Ansage machen würde. Doch dann hörte sie es, konnte es gar nicht überhören, genauso wenig wie alle anderen, denn Devlin sagte es mit der geballten Wucht seines ganzen Stimmvolumens, damit es auch jeder vernehmen könnte.
»Verzeihen Sie, Gentlemen, aber ich würde jetzt gerne mit meiner Frau tanzen.«
Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe und verbreitete sich wie ein Lauffeuer durch alle Säle, bis es auch der allerletzte wusste . Duchy seufzte gequält. Wo sie sich doch so gefreut hatte, dass sie es wäre, die die freudige Nachricht überbringen würde! Aber dann musste sie trotzdem schmunzeln. Wenn ihr schon jemand die Show gestohlen hatte, dann war Devlin auf jeden Fall der einzig richtige Mann dafür. Man musste ja blind sein, um nicht zu sehen, wie der Junge vor Eifersucht platzte!
Die einzige, die nichts davon bemerkte, war Megan selbst. Sie wäre nie im Leben auf die Idee
Weitere Kostenlose Bücher