Lodernde Träume
Bisher war er auf jeden Fäll noch nicht aufgetaucht, und Duchy begann langsam nervös zu werden.
Megan war den ganzen Tag in ihrer Suite geblieben. Als Tiffany am Nachmittag auf Sherring Cross ankam, eilte sie gleich hinauf zu ihrer Freundin. Seit fünf Tagen war sie nun frisch vermählt, und sie strahlte vor Glück und Lebensfreude.
»Tyler ist schnurstracks in die Ställe gegangen«, sprudelte sie sofort los. »Er will unbedingt einen der St. James-Vollblüter kaufen, doch er hatte Angst, dass andere Gäste die gleiche Idee haben könnte, so dass kein einziges Pferd mehr übrig wäre, wenn der Ball vorbei ist. Mein Gott, und wer alles kommen wird! Ich habe sogar munkeln gehört, dass die Königin vorbeischauen wird! Und du glaubst ja gar nicht, was auf den Straßen und in den Gasthöfen auf dem Weg hierher los war! Wenn Ttyler nicht zufällig Bekannte hier in der Gegend gehabt hätte, dann wären wir hier mitten in der Nacht angekommen, weil einfach keine Herberge aufzutreiben war, und in der Kutsche hätte ich ja nun wirklich nicht übernachten wollen!«
Megan fuhr dazwischen, als Tiffany einen Moment lang Atem holte. »Du hättest schon gestern kommen sollen wie mein Vater, dann wärst du dem ganzen Trubel auf den Straßen entkommen. Du weißt doch hoffentlich, dass du keine Einladung brauchst, sondern hier jederzeit willkommen bist, oder? Du muss t überhaupt einmal für längere Zeit kommen!«
»Ach, weißt du, wir haben befürchtet, dass bei dem Ansturm von Gästen womöglich selbst auf Sherring Cross kein Zimmer mehr für uns frei wäre. Ehrlich, Megan, ich wette, wenn du heute in London einen Lord suchst, wirst du keinen einzigen mehr finden, weil alle auf diesem Ball hier sind!«
Megan lachte. »Also du müsste st doch nun wirklich wissen, dass es in diesem Riesenhaus immer ein freies Zimmer gibt! Außerdem hatte ich doch, noch bevor ich nach London gefahren bin, extra für dich eine Suite reservieren lassen. Hat man sie dir denn noch nicht gezeigt?«
»Dieses Mini-Mausoleum da? Ja, eine der Zofen ist gerade dabei, mein Ballkleid aufzuhängen. Aber wo ist denn deines ? Ich kann es gar nicht erwarten zu sehen, was du an deinem großen Tag anziehen wirst!«
Megan führte ihre Freundin in ihr Ankleidezimmer. Sie selbst war von ihrem neuen Ballkleid nicht sonderlich angetan. Duchy hatte die Wahl der Garderobe diesmal nicht Megan selbst überlassen, sondern das Modell für sie ausgesucht und die letzten Details noch eigenhändig entworfen. Denn es sollte doch ein ganz besonderes Fest werden, und sie war sich nicht sicher, ob Megan wirklich in der Lage wäre, für einen so außergewöhnlichen Anlass ein angemessenes Kleid auszuwählen. Das Ergebnis war dann auch ein wahrer Traum: eine luxuriöse und dennoch elegant-dezente Kreation aus elfenbein- und saphirfarbener Seide - nicht rosa, wie sie scherzhaft zu Devlin gesagt hatte. Das tief ausgeschnittene Oberteil war mit kostbaren Perlen bestickt, und auch die Schleppe und der Kranz weißer Rosen, der den seitlich gerafften Rock schmückte, waren mit schimmernden Perlen übersät.
»Großer Gott! Du wirst wie eine Prinzessin aussehen!« rief Tiffany begeistert.
»Nein, nur wie eine Herzogin«, seufzte Megan.
Tiffany wunderte sich, dass Megans Stimme so niedergeschmettert klang - und erriet sofort den Grund. »Du hast es Devlin immer noch nicht gesagt, stimmt's?«
»Nein, aber heute werde ich es ihm sagen.«
»Und deshalb hast du jetzt ganz schön Bammel.« Wieder hatte sie den Nagel auf den Kopf getroffen.
Megan lächelte schwach. »Ja, ich glaube schon.«
»Dann verschieb es einfach auf einen anderen Tag. Dieser Ball heute Abend ist doch schon aufregend genug.«
»Was denn verschieben?« fragte Duchy, als sie in den Ankleideraum gerauscht kam.
Megan versuchte, der Antwort auszuweichen. »Ist Devlin schon da?«
»Er ist gerade eben gekommen, und der gute Junge ist ziemlich zornig auf mich, um die Wahrheit zu sagen. Ich hätte ihm vielleicht doch eine Abschrift der Gästeliste schicken sollen.«
»Warum denn? Hast du jemanden eingeladen, den er ganz besonders wenig leiden kann?«
»Das lässt sich bei so einem Fest nie vermeiden, aber das ist nicht der Punkt. Nein, er ist ganz einfach stinksauer, weil er letzte Nacht in einem Stall hat übernachten müssen.«
»Das darf doch nicht wahr sein!« rief Megan ungläubig.
»Das habe ich dir ja gleich gesagt!« kicherte Tiffany.
Duchy seufzte nur. »Er hat in drei verschiedenen Gasthöfen nachgefragt,
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