Lodernde Träume
oder?« antwortete Megan.
»Dann darf ich Ihnen statt dessen mein herzliches Beileid ausdrücken.«
»Wie bitte?«
Die Frau lachte kurz auf. Es war ein brüchiges, heiseres Lachen. »Sie haben keine Ahnung, wer ich bin, stimmt's?«
»Wie sollte ich auch?«
»Da haben Sie recht. Ich bin Marianne Aitchison, die Frau, die Ihr Ehemann vor wenigen Monaten vor den Stufen des Altars sitzengelassen hat.«
Megan starrte sie an. Sie war fassungslos. Wie durch einen Schleier hindurch hörte sie einen der Gentlemen sagen: »Ich glaube, Gräfin, bis zum Altar haben Sie es wohl nicht ganz geschafft, oder? Wenn ich mich recht erinnere, hat Wrothston die Verlobung gelöst, bevor es soweit kam.«
»Dann erinnern Sie sich vielleicht ebenso daran, dass er mich zehn Jahre lang auf die Hochzeit hat warten lassen!« fauchte sie zurück. »Zehn verlorene Jahre!«
Megan war sprachlos. Die Verbitterung dieser Frau war mit Händen zu greifen. Zehn Jahre? Großer Gott! Devlin war also tatsächlich zehn Jahre mit dieser Frau verlobt gewesen? Warum hatte ihr das eigentlich niemand vorher gesagt? Es wusste n doch offenbar alle. Nur sie hatte keine Ahnung davon!
»Sie haben verdammtes Glück gehabt, mein Kind«, bemerkte Marianne fast mit einem Anflug von Freundlichkeit, doch mit unüberhörbarer Bitterkeit. »Sie haben ihn heiraten können, bevor er das Interesse an Ihnen verloren hat. Und er wird es verlieren, und zwar schnell, ganz plötzlich, von einem Tag auf den anderen, das schwöre ich Ihnen! Vergessen Sie also seine Liebeserklärungen! Sie sind in den Wind gesprochen, sie sind nichts wert!«
Welche Liebeserklärungen denn, wollte Megan wissen. Aber dann fragte sie: »Warum waren Sie denn so lange verlobt?«
»Weil er dauernd die Hochzeit verschoben hat, immer und immer wieder, und als ich schließlich dieses Spiel nicht mehr mitmachen wollte, hat er die Verlobung endgültig gelöst.«
»Aber warum denn bloß?« fragte Megan verwirrt.
»Ja, warum wohl, meine Liebe? Weil er gar keine Ehefrau haben wollte. Das einzige, was er brauchte, war eine Verlobte, um vor all den Müttern sicher zu sein, die ihn sich sonst als Ehemann für ihre süßen kleinen Töchter geangelt hätten.«
Megan wurden die Knie weich. In ihr brach eine Welt zusammen. Also wollte Devlin gar keine Frau haben! Sie sowieso nicht, und Marianne Aitchison offensichtlich auch nicht! Es klang wirklich überzeugend, was diese Frau ihr sagte, und Megan konnte ihre Bitterkeit gut verstehen. Da hatte Marianne also zehn lange Jahre gewartet, dass er sie heiraten würde, hatte in der ganzen Zeit keinen weiteren Heiratsantrag bekommen, weil ja jedermann wusste , dass sie schon verlobt war, und wenn sie dennoch einen bekam, hatte sie ihn ablehnen müssen. Und zum Dank für ihr geduldiges Warten wurde sie dann von einem Tag auf den anderen sitzengelassen!
Die Gräfin war zwar durchaus noch attraktiv, aber sie war nun einmal nicht mehr die Jüngste. Ihre Zukunftsaussichten standen äußerst schlecht. In ihrem Alter war es ziemlich schwer, noch einen Ehemann zu finden, wo doch jedes Jahr erneut Scharen von jungen, hübschen Mädchen auf den Heiratsmarkt drängten. Devlin hatte sie dazu verurteilt, ein Leben als alte Jungfer zu fristen.
Megan wusste nicht, was sie Marianne Aitchison antworten sollte. Sie konnte gut verstehen, dass sie so verbittert war, aber es wäre eine sinnlose, leere Floskel gewesen, ihr dies zu sagen. Sie empfand tiefes Mitleid mit ihr und verachtete Devlin für seine abgrundtiefe Gefühllosigkeit...
»Na, Marianne, sind Sie mal wieder dabei, Ihr Gift zu verspritzen?« Freddy stand plötzlich neben Megan.
»Ich sage nur, wie die Dinge liegen«, erwiderte die Gräfin mit ge presste r Stimme, doch es war ihr jetzt auf einmal offensichtlich etwas unbehaglich zumute.
»Großartig!« sagte der Marquis mit liebenswürdigem Lächeln. »Dann sollten wir uns die Dinge doch vielleicht auch einmal aus anderem Mund anhören, hm?«
»Halt dich da raus, Freddy«, ertönte plötzlich Devlins Stimme von hinten.
»Laß mich, alter Junge, ich habe schließlich noch einiges wiedergutzumachen - vor allem, wo man dir jetzt auch noch erzählt hat, ich wäre in deine Frau verliebt, was natürlich völliger Blödsinn ist!« Devlin hatte ihn gerade darauf angesprochen - oder besser: zähnefletschend angeknurrt -, als die beiden Männer sahen, dass Marianne gerade bei Megan stand und auf sie einredete, was absolut nichts Gutes verhieß. »Damit will ich natürlich nicht
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