Loderne Glut
ansehen, wie schwierig das für ihn war, und ein Teil in ihr wollte ihm sagen, er sollte seine Gefühle lieber für sich behalten. Sie wünschte sich, daß sie jetzt aufstehen, in die Gewerkschaftszentrale fahren und abends dann weiter zum Rummelplatz könnte. Bitte, betete sie im stillen, lieber Gott, mach, daß er mir nicht den Jahrmarktbesuch heute abend verdirbt!
»Ich lag die ganze Nacht wach«, erklärte er. »Ich habe dich heimkommen hören.«
Wer hatte das nicht? dachte sie.
»Ich weiß nicht - und möchte auch nicht wissen -, was dich gestern so lange von daheim ferngehalten hat, aber ich kann nicht umhin zu vermuten, daß ich zum Teil schuld daran bin, daß du abends so lange wegbleibst. Ich weiß nicht, ob du begreifst, daß der Grund, warum ich dich einer so strengen Disziplin unterworfen habe, in meiner Angst lag, dich sonst zu verlieren. Ich weiß, daß du glaubst, die Ranch habe sehr viel mit meiner Werbung um dich zu tun, und wenn ich ehrlich sein soll, ist die finanzielle Sicherheit für mich tatsächlich wichtig. Aber ich habe dich gebeten, mich zu heiraten, weil ich dich liebe.«
Er sah sie an, und in seinen dunklen Augen, die Amanda immer so gefürchtet hatte, zeigten sich Schmerzen und Pein. »Du hast mir meinen Glauben an die Frauen wieder zurückgegeben, Amanda. Meine Mutter. . .« Er hielt inne und drehte sein Gesicht zur Seite.
Ihre Augen wurden ganz groß. Amanda wußte gar nichts von seiner Herkunft und Familie. »Deine Mutter?« fragte sie leise.
Er sah wieder zu ihr hin, und Amanda glaubte, Tränen in seinen Augen blitzen zu sehen. Sie legte ihre Hand auf die seine.
»Meine Mutter hat mich verraten, und ich dachte, alle Frauen wären wie sie, aber du bist anders, Amanda. Du bist ein braves und gutes Mädchen, und ich habe dich ... ich habe dich gräßlich behandelt.«
»Nein, das hast du nicht«, protestierte sie und drückte seine Hand. »Du hast mir so viel beigebracht, daß ich vermutlich die gebildetste Frau von Amerika bin.«
Er schenkte ihr ein kleines dankbares Lächeln. »Dann haßt du mich also nicht?«
»Dich hassen? Wie käme ich dazu? Wir sind verlobt und haben uns die Ehe versprochen, falls ich dich daran erinnern darf.« Sie wollte die linke Hand hochheben, um ihm den Verlobungsring zu zeigen; doch dann fiel ihr noch rechtzeitig ein, daß sie wieder vergessen hatte, ihn anzustecken.
Sein Lächeln wurde breiter. »Amanda, ich möchte aufrichtig zu dir sein. Ich bin wirklich nicht sehr bewandert in der Kunst, einer Frau den Hof zu machen. Aber ich werde mich anstrengen, auch dieser Aufgabe gerecht zu werden. Von jetzt an bist du nicht mehr meine Schülerin und ich nicht mehr dein Lehrer. Keine Stundenpläne mehr, keine Lektionen und keine Prüfungen. Wir werden nur noch das tun, was andere verlobte Paare auch tun. Amanda, ich möchte, daß wir glücklich sind.«
Warum bin ich jetzt nicht froh? dachte Amanda. Warum möchte ich in mein Zimmer laufen und dort jahrelang weinen? »D-das klingt ja wundervoll«, stammelte sie.
»Du siehst aber nicht sehr glücklich aus«, stellte er in neckischem Tonfall fest. »Vielleicht brauchst du ein paar Beweise meiner ehrlichen Absicht.« Er drehte sich auf seinem Stuhl und schlug sich mit der flachen Hand auf die Knie. »Komm — setz dich auf meinen Schoß.«
Entsetzen war das einzig richtige Wort, um zu beschreiben, was Amanda bei diesem Ansinnen empfand.
»Mach doch kein so schockiertes Gesicht, Amanda. Es ist absolut schicklich, wenn ein verlobtes Paar so etwas tut.«
Steif erhob sie sich von ihrem Stuhl, und er streckte beide Hände nach ihr aus und zog sie auf seinen Schoß.
»Also - ist das nicht ein angenehmes Gefühl? Amanda, du bist wirklich eine Schönheit.« Seine Hände glitten ihre Arme hinauf, und er versuchte, sie an sich zu ziehen und zu küssen.
Bilder schossen jetzt Amanda durch den Kopf, wie sie in der Besenkammer auf Hanks Schoß saß. >Ich denke, ich würde ihn jetzt küssen<, hatte sie gesagt. >Nein<, hatte Hank erwidert. >Sie dürfen nicht so plump Vorgehen. Küssen Sie erst meinen Hals, knöpfen Sie mein Hemd auf, streichen Sie sacht mit einer Hand durch mein Haar.<
Taylor küßte sie; aber da war nichts an diesem Kuß, das sie veranlaßte, ihre Steifheit zu verlieren.
Er löste sich von ihr und blickte sie amüsiert an. »Ich sehe schon, es wird seine Zeit brauchen. Amanda, ich weiß, daß du jetzt vermutlich lieber auf deinem Zimmer wärest und studieren würdest, aber das Leben besteht nicht nur
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