Loderne Glut
andere Seite ihres Schreibtischs. »Von dem Lohn, den Sie mir niemals bezahlt haben, möchte ich hinzufügen.«
Hank folgte ihr. »Ist etwas passiert? Wenn dieser Schuft Taylor Ihnen irgend etwas angetan haben sollte, werde ich . . .«
»Taylor hat mir gesagt, daß er mich liebt und heute abend mit mir zum Jahrmarkt in Terrill City gehen möchte, Dr. Montgomery. Ich will mich bei Ihnen aufrichtig bedanken für Ihren Nachhilfeunterricht in Lebenskunde. Es scheint, daß Sie einen hundertprozentigen Erfolg damit hatten.« Sie hielt ihm eine Hand hin, daß er sie ergreifen und schütteln sollte. »Sie haben mir damit einen unschätzbaren Dienst geleistet.«
Er blickte sie an, dann ihre Hand. »Keine Ursache«, entgegnete er genauso kühl wie sie. »Wenn Sie noch mehr . . . äh . . . Hilfe benötigen« - er blickte sie auf unverschämte Weise von oben bis unten an —, »brauchen Sie mir nur Bescheid zu sagen.« Er holte seine Geldbörse aus der Rocktasche, zog zwei Fünfdollarscheine heraus und knallte sie auf den Schreibtisch. »Für geleistete Dienste. Gedenken Sie nun weiterhin hier zu arbeiten, oder hat die reiche Miß Caulden heute wichtigere Dinge zu erledigen?«
»Ich kann an einem Tag mehr Arbeit leisten als Sie in einer ganzen Woche«, erwiderte sie und wünschte sich, daß er ihr aus den Augen gehen möge, damit sie sich nicht ständig daran erinnern mußte, wie er mit ihr getanzt, sie geküßt oder sie liebkost hatte..
»Das wollen wir doch erst mal sehen.« Er drehte sich um und ging zu seinem Schreibtisch zurück.
Jeder im Zimmer und draußen auf dem Flur hatte diese Szene natürlich verfolgt. Joe blickte Reva an und schüttelte dabei die Hand, als hätte er sich die Finger verbrannt, und Reva blickte zur Seite und lächelte; aber das Lächeln war nicht von langer Dauer. Sie hatte zwar Amanda von Hank getrennt; aber der Gedanke, daß dieser wunderbare Mr. Driscoll nun wieder mit Amanda zusammengespannt war, wollte ihr auch nicht gefallen. Entweder der eine oder der andere - Amanda konnte nicht verlieren. Die Tatsache, daß sie beide Männer hatte, erboste Reva über alle Maßen.
Hank wußte, daß er sich kindisch benahm; aber er konnte seinen Ärger über Amanda nicht einfach hinunterschlucken. Sie hatte ihm von Anfang an die Wahrheit gesagt - ihm stets versichert, daß sie nur Taylor haben wollte. Sie hatte von ihm Unterweisungen in sexuellen Dingen haben wollen, damit sie ihren Verlobten reizen konnte. Es war, so dünkte ihm, nur irgendwie nicht echt gewesen. Er hatte nie wirklich geglaubt, daß sie diesen kalten, salbungsvollen Halunken tatsächlich zu heiraten beabsichtigte.
Er knallte Papiere auf den Schreibtisch und schnauzte jeden an, bis Reva ihn anfunkelte: »Was willst du denn eigentlich? Ist es dein Wille, Amanda zu heiraten? Wenn ja -warum trittst du dann nicht vor sie hin und bittest sie um ihre Hand, statt uns anderen hier das Leben schwerzumachen?«
»Nein, ich möchte sie nicht heiraten«, gab er schroff zurück. »Sie liebt ja diesen kalten Fisch Driscoll, und obendrein ist sie noch ein kleiner. ..« prüder Snob? Nein, das war keine prüde und arrogante Miß gewesen, die gestern nacht mit ihm getanzt hatte. Das war kein Blaustrumpf gewesen, der in der Besenkammer auf seinem Schoß gesessen hatte. Und die Frau, die ihn angefleht hatte, mit ihr zu schlafen . . .
»Hast du denn nichts mehr zu arbeiten?« Fauchte er Reva an und faßte sie dann, als sie sich von ihm wegdrehte, am Arm. »Gehst du mit mir heute abend zum Jahrmarkt?«
Reva drehte die Augen zur Decke. »Amanda will heute abend mit ihrem Verlobten den Jahrmarkt besuchen, und du tauchst dort zufällig wieder einmal mit einer anderen Frau auf, richtig?«
»Willst du nun mit mir zum Jahrmarkt oder nicht?«
»Weshalb nicht?« gab sie verärgert zurück. »Es kann ja nicht schlimmer werden als bei meinen bisherigen Verabredungen mit dir. Hank, wenn du diese Stadt wieder verläßt, wird sie sich zusammenrollen und sterben vor Langeweile.«
Amanda war froh für die vielen Aufgaben, die Dr. Montgomery ihr zu erledigen gab, und sie war sicher, daß einiges, was er ihr auftrug, nur Schikane war; aber zumindest hielt sie das davon ab, über ihn und sich nachzudenken. Sie ging allein zum Lunch, und zum ersten Mal, seit sie Hank kannte, hatte sie keinen Hunger.
Als sie vom Essen in das Gewerkschaftshaus zurückkam, hatten sich zwei Männer um eine hübsche junge Frau geprügelt, und der eine hatte den anderen mit einem Messer
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