Loderne Glut
zeigte. Aber es gefiel ihm nicht, daß sie glaubte, sie hätte ein Recht darauf, seine Vorgehensweise auf der Ranch zu erörtern. In den letzten paar Tagen hatte auch Taylor ihm Probleme gemacht. Was wußten Leute wie Amanda und Taylor schon von der Leitung einer Ranch? Sie hatten ihr Leben lang ihre Nase nur in Bücher gesteckt. Harker begann die Weisheit seiner Entscheidung anzuzweifeln, Taylor zu seinem Schwiegersohn zu machen. Vielleicht sollte er sich einen anderen Mann suchen, dem er seine Tochter zur Frau gab.
Doch nun stand Amanda vor ihm und sah wie ein ängstliches Kaninchen aus, das versuchte, ein tapferes Gesicht zu machen. Sie wollte von ihm wissen, wie er seine Ranch leitete. Er war versucht, ihr zu sagen, sie sollte sich zum Teufel scheren; aber dann überlegte er, daß es klüger wäre, die Verbindung seiner Tochter zu diesem Gewerkschaftsabschaum auszunützen. Vielleicht konnte sie ihm helfen, Schwierigkeiten zu vermeiden. Nicht, daß ihm das sonderlich wichtig gewesen wäre. Die »Bulldogge« verpflichtete gerade Dutzende Männer als Hilfssheriffs, die er dann während der Hopfenernte über die Felder verteilen wollte. Sie würden jedes Unheil unterbinden, ehe es anfing.
»Haben Sie zu dir gesagt, daß ich nur an meinen Profit denke?« fragte J. Harker.
»Nun — ja.«
»Daß mir die Hopfenpflücker auf den Feldern gleichgültig sind?«
Amanda verlor allmählich ihre Angst vor ihm.
»Ja, das sagten sie.«
»Ich hoffe doch, Amanda, daß du diesen Leuten nicht glaubst. Daß du dich nicht gegen deinen Vater aufhetzen läßt.«
»Nein, Sir, das lasse ich mich nicht. Aber ich möchte trotzdem die Wahrheit von dir hören.«
»Ich bin froh, daß du mit diesem Problem zu mir gekommen bist. Es wird Zeit, daß du etwas über die Ranch lernst, die dich ernährt. Es ist nicht das erste Mal, daß ich Probleme erwarte — verstehst du? In den letzten elf Jahren hat es immer Drohungen von Streiks und Schießereien gegeben; und ich habe das alles ertragen, ohne mich zu verteidigen. Jeder denkt, ich würde einen enormen Gewinn mit dieser Ranch erzielen, aber tatsächlich kann ich sie gerade ohne Verlust über die Runden bringen. Die Gewerkschaftsvertreter denken nur an den Preis, den ich für meinen Hopfen erziele, und vergessen immer die Kosten, die ich dafür zu tragen habe. Amanda, der Ballen Hopfen kostet mich vierundzwanzig Dollar, und davon muß ich zwanzig Dollar den ungelernten Erntearbeitern bezahlen. Himmel, allein die Strippen für die Hopfenspaliere kosten mich jedes Jahr neuntausend Dollar. Niemand denkt jemals an die Unkosten, die ich für den Hopfen aufwende, oder? Ich glaube, die denken, ich bekäme alles irgendwo umsonst. Und dazu kommen dann noch die Kosten für das Trocknen des Hopfens und für den Versand. Und heuer herrschte eine solche Trockenheit, daß ich nur zwei Drittel der Ernte vom letzten Jahr einbringen werde. Das alles läppert sich zusammen.« Er hielt inne und starrte sie an.
»Ich werde diesen Leuten zwanzig Dollar für jeden Ballen Hopfen bezahlen«, fuhr Harker fort. »Ich weiß, daß sie arm sind, und ich weiß auch, daß sie mich für reich halten, aber ich bezahle ihnen soviel ich kann. In diesem Jahr sind die Preise für Hopfen so tief im Keller, daß ich an allen Ecken und Enden sparen muß - aber ich spare nicht an den Löhnen dieser Leute, Amanda. Ich kürze an anderen Stellen die Ausgaben, damit ich diesen armen Leuten noch immer Spitzenlöhne bezahlen kann. Zum Beispiel habe ich in allen anderen Jahren den Geschäftsleuten von Kingman erlaubt, kleine Zweigbetriebe auf meinen Feldern zu errichten. Die Arbeiter geben ihr Geld bei den Geschäftsleuten von Kingman aus, während ich das Land dafür zur Verfügung stelle und die Verkaufsmöglichkeiten, aber ich hatte nichts dagegen - ich teile meine Profite mit anderen, wo ich kann.
Doch in diesem Jahr kann ich mir diese Großzügigkeit nicht leisten. Taylor baut Buden, in denen Vorräte lagern, die ich gekauft habe. Auf diese Weise, über diese Verkaufsbuden, wird es mir möglich sein, wenigstens einen kleinen Profit in diesem Jahr zu machen; aber ich werde auf keinen Fall die Löhne der armen Arbeiter beschneiden.«
Amanda war nun zum Jubeln zumute. Ihr Vater war kein Ungeheuer, wie jedermann behauptete. Sie verstanden ihn nur einfach nicht. »Wenn die Gewerkschaftsführer zu dir kämen und dich bäten, daß man Wasser an die Arbeiter verteilen sollte, würdest du dir dann ihre Bitten anhören?«
J. Harker
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