Loderne Glut
»du kannst nicht. . .«
Sie wandte sich ihm zu. »Setz dich!« zischte sie, als wäre er ein lästiger kleiner Schoßhund. Sie funkelte ihn an, bis er ihr gehorchte, ging dann zum Schreibtisch ihres Vaters, stemmte die Hände darauf und beugte sich vor. »Du hast die Leute jahrelang betrügen können, aber diesmal kommst du damit nicht durch. Ich glaube, daß die Pflücker sich mit dem Schmutz und den spärlichen Wasserrationen noch abfinden würden, aber sie werden nicht zusehen, wie du sie um ihren Lohn bringst. Wenn du ihnen nicht zahlst, was ihnen zusteht, werden sie anfangen zu schießen.« Sie blickte ihren Vater an, und in diesem Augenblick sahen sie sich sehr ähnlich - mit zornigem und eigensinnigem Gesichtsausdruck.
»Amanda, ich .. .«, begann Taylor erneut.
Amanda streifte ihn mit einem kurzen Seitenblick. »Schweig oder verschwinde.« Sie blickte auf ihren Vater zurück. »Nun?«
J. Harker ließ ein verächtliches Schnauben hören. »Ich habe fünfzehn Männer auf den Feldern, die für mich arbeiten. Sie berichten mir, was dort vorgeht, und falls sie mich nicht erreichen können, um sich meine Erlaubnis für gewisse Handlungen einzuholen, dann haben sie Waffen, die sie auch verwenden können, ohne mich erst zu fragen. Die Bulldogge hat noch zusätzlich Männer um die Felder herum postiert. Laß die Gewerkschafter doch reden, soviel sie wollen; aber wenn Blut vergossen wird, dann ihres, nicht meines.«
Amanda trat vom Schreibtisch zurück. Sie hatte nicht die Absicht, ihn zu fragen, warum er so unmenschlich war, denn sie hatte eingesehen, daß eine solche Diskussion sinnlos gewesen wäre. Er hätte seine Einstellung nie geändert. Sie hätte ihm jetzt gern gedroht. Aber sie wußte nicht, was ihm etwas bedeutete außer der Ranch. Wenn sie ihm damit drohte, daß sie das Haus verlassen würde, wenn er das Lager nicht in einen menschenwürdigen Zustand brachte, würde ihn das kaltlassen. Hank hatte recht gehabt: ein Mann, der seine eigene Frau ächten und seine Tochter im eigenen Haus wie eine Gefangene halten konnte, war zu allem fähig.
J. Harkers Augen blickten sie triumphierend an.
»Gewinnen bedeutet für dich alles, wie?« fragte Amanda. »Egal, was sich dir in den Weg stellt - du mußt darüber hinwegtrampeln und gewinnen. Doch diesmal wirst du nicht der Sieger sein. Du magst zwar heute ein paar arme, ungebildete Wanderarbeiter um ihren mageren Lohn bringen; aber morgen wirst du verlieren. Deine Zeit ist vorbei.« Sie drehte sich auf dem Absatz um und verließ den Raum. Sie konnte die Nähe dieses Mannes nicht mehr länger ertragen.
Taylor holte sie auf der Treppe ein. »Amanda«, sagte er leise. »Es war nicht meine Absicht, dich zu .. .«
»Doch«, unterbrach sie ihn mit zornigen Augen, »jede demütigende Handlung, zu der du mich gezwungen hast, war von dir so gewollt. Jahrelang hast du dich bemüht, so zu werden wie mein Vater. Er hatte Tausende von hilflosen Pflückern, die er tyrannisieren konnte, während dir nur ein von der Umwelt isoliertes, hilfloses einsames Mädchen zur Verfügung stand, das dir gern gefällig sein wollte. Taylor, so wie diese Pflücker genug haben von meinem Vater, habe ich genug von dir.«
»Aber, Amanda, ich liebe dich doch.«
»Nein, das tust du nicht. Du kennst mich nicht einmal. Du liebst eine hölzerne Puppe, die du so zurechtgeschnitzt hast, wie deiner Meinung nach eine Frau sein sollte. Wenn du mich brauchst, holst du mich, wenn du mich nicht mehr brauchst, schickst du mich auf mein Zimmer und gibst mir ein kleine Liste, die mich beschäftigt halten soll.« Sie wollte nicht länger ihre Zeit mit ihm verschwenden, sondern fuhr fort, die Treppe hinaufzusteigen.
»Amanda« rief er und stellte sich vor sie, »was wirst du jetzt tun? Ich meine, unsere Verlobung ist. . .«
»Gelöst«, ergänzte sie, blieb noch einmal stehen und nahm ihre ganze Geduld zusammen. »Zuerst werde ich tun, was in meiner Macht steht, um den Pflückern zu helfen. Ich werde . . .«, sie hielt inne und überlegte, was sie eigentlich tun konnte, ». . . ich werde ihnen Limonade besorgen - kostenlose Limonade. Und wenn der Hopfen gepflückt ist, gehe ich von hier fort.«
»Mit ihm?« schoß Taylor zurück. »Ich bin nicht so blind, wie du zu glauben scheinst.«
Sie blickte Taylor an, als hätte sie ihn noch nie zuvor gesehen. »Du magst zwar nicht blind sein, aber ich bin es gewesen. Wenn Hank mich haben will - ja, dann werde ich mit ihm gehen, aber es ist nicht wahrscheinlich, daß
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