Loderne Glut
ihren Vater und ihre Freundinnen in der Schule geärgert.
Dann hatte ihr Vater Taylor angestellt und ihm die totale Kontrolle über ihr Leben überlassen. Er hatte sie aus ihrer Schule in Kingman genommen und angefangen, ihr Privatunterricht zu geben. Zu diesem Zeitpunkt veränderten sich die Dinge grundlegend. Amanda hatte rasch gelernt, daß Ärger und Trotz nutzlose Gefühle waren. Taylor tolerierte beides nicht. Er hatte Amanda einen Stundenplan vorgeschrieben, der keinen Ärger zuließ (16 Uhr 13 — Kontrolle der Emotionen). Und er hatte Mrs. Gunston engagiert, um sicherzugehen, daß Amanda auch tat, was ihr aufgetragen wurde.
Wenn sie nicht bei ihm im Unterricht weilte, so hatte Taylor behauptet, hätte Amandas Mutter einen schlechten Einfluß auf sie, denn es war ja bekannt, daß Grace Caulden eine »Vergangenheit« hatte. J. Harker hatte ihm recht gegeben, und Grace war auf eine lange Reise durch alle Heilbäder der Welt geschickt worden. Als sie wieder nach Hause kam, hatte man ihrer Tochter nicht einmal erlaubt, sie zur Begrüßung zu umarmen. Grace hatte sich in ein leeres Schlafzimmer an der Rückseite des Oberstocks zurückgezogen und hatte diesen Raum nur noch selten verlassen.
Als Amanda zum zweiten Mal die Treppe herunterkam, schwor sie, daß sie sich noch mehr anstrengen wollte, Dr. Montgomery zu gefallen - und somit Taylor.
Kapitel Vier
Hank kam zu spät zum Dinner, und er spürte Taylors empörte Mißbilligung, sobald er den Fuß ins Eßzimmer setzte. Herrschte in diesem Haus der Geist einer Kadettenanstalt? Wieder ließ sich J. Harker nicht beim Essen blicken, und sie saßen nur zu dritt beim Essen. Wenn man das, was auf dem Teller lag, überhaupt als Essen bezeichnen konnte. Allerdings hatte er sich in dem Menü getäuscht. Es war zwar gekochtes Huhn, auch ein Löffel gekochter Reis, aber es gab keine Kartoffeln, sondern rote Bete.
Er konnte sich eine Bemerkung nicht verkneifen. »Ernähren Sie Ihre Arbeiter auch so gut? Kein Wunder, daß die Gewerkschaftsführer Ihr Haus für einen Streik ausgesucht haben.«
Taylor strafte ihn mit einem eiskalten Blick. »Es ist besser für den Körper, wenn er leichte Kost bekommt. Amanda und ich führen einen Kampf gegen die Völlerei.«
»Sie haben ihn gewonnen«, seufzte Hank und schob seinen Teller von sich weg. »Sie entschuldigen mich doch? Ich muß noch etwas nachlesen.«
»Amanda ist auch schon mit dem Essen fertig«, behauptete Taylor. »Sie möchte Ihnen gern den Mandelgarten zeigen.«
»Sehr liebenswürdig von ihr, aber ich habe heute schon genug von der Ranch gesehen.« Hank stand auf und bewegte sich auf die Tür zu.
Taylor funkelte Amanda an, womit er ihr zu verstehen gab, daß sie dem Professor folgen müßte. Mit einem sehnsüchtige Blick auf ihren noch halbvollen Teller folgte Amanda Dr. Montgomery vor die Tür.
Hank blieb stehen, als er ihre Schritte hinter sich hörte. »Haben Sie Angst, ich könnte etwas sehen, was ich nicht sehen sollte?«
»Ich habe keine Ahnung, was Sie damit meinen, Dr. Montgomery«, erwiderte sie aufrichtig.
»Wissen Sie zufällig, wo sich hier die Küche befindet?«
»Dort entlang«, erklärte sie und deutete in eine Richtung, dann folgte sie ihm. Sie war schon seit Jahren nicht mehr in der Küche gewesen - nicht seit Taylor sie dort eines Tages ertappt hatte, wie sie eine Milchsuppe mit eingebrocktem Zwieback aß. Er war entsetzt gewesen, daß sie sich so vergessen hatte.
In der Mitte der großzügigen Küche befand sich ein Eichentisch, auf dem viele Schüsseln mit Gerichten standen: Roastbeef, Soße, mindestens fünf verschiedene Gemüsesorten, Hefebrötchen, Butter, Fruchtsalat, grüner Salat, und auf einer Anrichte befanden sich noch Platten mit dreierlei Kuchen. Das Hauspersonal hatte sich gerade an den Tisch gesetzt, um ihr Dinner einzunehmen, doch nun blieben Gabel und Löffel auf halbem Weg zum Mund plötzlich in der Luft hängen, als die Bediensteten Hank und Amanda erblickten.
»Miß Amanda!« rief die Köchin erschrocken und sprang von ihrem Stuhl auf.
Hank betrachete nur mit offenem Mund den reichgedeckten Tisch. »Haben Sie was dagegen, wenn ich mit Ihnen esse?«
»Ja!« rief Amanda, wohl wissend, daß Taylor ihr eine fürchterliche Szene machen würde, wenn er erfuhr, daß sie Dr. Montgomery erlaubt hatte, beim Gesinde zu sitzen. »Ich meine . . .«
Die Köchin, die schon im Hause Caulden tätig gewesen war, als Amanda noch ein Wickelkind war, und sehr wohl wußte, was in der Familie
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