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Loderne Glut

Titel: Loderne Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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so vor sich ging, war natürlich informiert über die magere Kost, die man diesem großen, kräftigen und so gesund aussehenden Dr. Montgomery heute verabreicht hatte. »Ich richte Ihnen einen Teller her«, versprach sie Hank.
    »Danke«, war alles, was er erwidern konnte, weil ihm bereits das Wasser im Munde zusammenlief. Nach einer Weile setzte er hinzu: »Und von jetzt an möchte ich richtige Mahlzeiten haben.«
    Die Köchin lächelte ihn an. »Wenn Mr. Taylor es erlaubt . . .«
    »Ich werde es erlauben«, unterbrach sie Hank und nahm ihr den Teller ab, der bis zum Rand mit leckeren Speisen gefüllt war.
    »Miß Amanda?« forderte die Köchin auf und nahm einen leeren Teller in die Hand.
    Amanda konnte sich nicht mehr daran erinnern, wann sie zuletzt solche Berge von Köstlichkeiten gesehen hatte, und sie fühlte sich vor Verlangen fast einer Ohnmacht nahe. Aber Taylor wäre zutiefst schockiert; er mochte keine korpulenten Frauen. »Nein, vielen Dank«, lehnte sie schließlich widerstrebend ab.
    »Schön«, sagte Hank, »dann bringen Sie mich in den Mandelgarten oder an einen anderen Ort, wo ich mich hinsetzen kann.«
    Amanda führte Hank durch die Hintertür ins Freie und ließ die köstlichen Verführungen der Küche hinter sich. Sie folgte dem Duft, der von Hanks Teller ausging, wie ein hungriger Hund.
    »Dort«, sagte Hank mit vollem Mund und deutete mit dem Bratenstück, das er auf seine Gabel gespießt hatte, auf das kleine Sommerhaus. Es bestand aus einem Boden, einem Dach und vier Pfosten mit Lattenwerk, und darin standen Bänke, die sich über alle vier offenen Wände hinzogen.
    Sie gingen in das Sommerhaus und setzten sich. Amanda konnte sich auf nichts anderes konzentrieren als auf die appetitlichen Speisen.
    »Wollen Sie mir nicht sagen, wann dies gebaut wurde?« fragte Hank ironisch, während er ein Stück Roastbeef hinunterschlang. »Oder was das für ein Holz ist, aus dem es besteht?«
    »Es wurde 1903 erbaut, gleich nachdem meine Eltern und ich hierherzogen. Das Baumaterial ist Zypressenholz, und das Häuschen ist eine genaue Kopie eines englischen Aussichtstürmchen, das meine Mutter in einem Magazin entdeckt hat.«
    »Oh, bedaure. Sie sprechen vermutlich nicht gern von Ihrer Mutter.«
    Sie war überrascht, daß er das wußte - aber jeder in Kingman wußte es - warum also nicht auch dieser Fremde? Er verzehrte jetzt ein mit Butter bestrichenes Hefebrötchen. Taylor hielt nicht viel von Brot und schon gar nichts von Butter. »Ich spreche in der Tat nicht gern von ihr.«
    »Ich verstehe. Wann ist sie gestorben?«
    »Gestorben?« gab Amanda zurück. »Meine Mutter ist nicht tot.«
    »Aber sie wohnt doch nicht bei Ihnen, nicht wahr?«
    »Meine Mutter pflegt sich in ihrem Zimmer aufzuhalten. Vielleicht sollten wir lieber das Thema wechseln, Dr. Montgomery.«
    Sie drehte den Kopf zur Seite. Hank saß da, aß und beobachtete sie. Als er ihr Profil im Mondlicht betrachtete, erinnerte er sich wieder an seinen ersten Eindruck von ihr, als käme sie aus einer anderen Zeit und von einem anderen Ort und als hätte er sie schon früher gekannt. Aber ihre Kälte, ihr Hochmut und ihr Snobismus machten ihm deutlich, daß er sich irren mußte. Er fragte sich, ob in ihrem mageren kleinen Körper überhaupt ein Funken Gefühl steckte.
    Er vernahm ein Geräusch vom Haus her und sah, wie die Köchin durch den dunklen Garten kam, in jeder Hand einen Teller, auf dem jeweils drei dicke Stücke Kuchen lagen.
    »Ich dachte mir, Sie hätten sicherlich noch gern eine Nachspeise«, lachte sie, stellte den Kuchen auf die Bank, räumte Hanks leeren Teller ab und entfernte sich wieder.
    Hank schob Amanda einen der beiden Teller hin, aber sie schüttelte nur den Kopf. »Wie Sie meinen, der Kuchen schmeckt ganz ausgezeichnet.« Hölzern bis in die Knochen, dachte er bei sich - zu beherrscht, um selbst ein einziges Stück Kuchen anzunehmen. Zweifellos glaubte sie, ihre Reinheit würde Schaden nehmen, wenn sie die Todsünde beginge, ein Stück Kuchen zu verzehren. Er fragte sich, ob sie und Taylor sich überhaupt küßten. Vermutlich war ein Kuß so geschmacklos wie der Fisch heute mittag.
    Amanda wagte nicht, ihn anzusehen, solange er den Kuchen aß. Ihr Magen knurrte, und der Duft betäubte sie fast. Doch sie wagte nicht, auch nur von dem Kuchen zu kosten, aus Angst, Taylor könnte den Schokoladenguß in ihrem Atem riechen oder zwischen ihren Zähnen entdecken. Er würde sie nicht mehr mögen, wenn sie so einen schwachen Willen

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