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Loderne Glut

Titel: Loderne Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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kannte. Er ließ seine Gabel fallen, und sie riß erschrocken die Augen auf.
    »Schmeckt-«, seine Stimme brach, »schmeckt es Ihnen?«
    »Ja, vielen Dank, das tut es.«
    Sie setzte ihre Mahlzeit fort, zum Glück jetzt mit offenen Augen. Dennoch hatte Hank noch Mühe mit dem Schlucken. Beruhige dich, Montgomery, beschwor er sich selbst. Sie ist nur ein hübsches Mädchen - mehr nicht. Du bist hierhergekommen, um mit Gewerkschaftsführern zu verhandeln, nicht um dich wie mit Blythe Woodley in Schwierigkeiten zu bringen.
    »Miß Caulden - könnten Sie mir vielleicht etwas über Kingman erzählen?«
    Wie ein Spielautomat loslegt, wenn man die richtige Münze hineinsteckt, so begann sie, Fakten und Daten herauszusprudeln. Sie erzählte ihm von den fünf Eisenbahngeleisen - eine durchgehende Hauptlinie, vier Nebengeleise -und den sieben Postzustellungen pro Tag. Sie erzählte ihm von den Bergwerks-Indianern, den spanischen Landlehen, den Kupferminen. Sie erzählte ihm von der Donner-Party östlich von Kingman auf der Johnson-Ranch, und sie rasselte ihm die Jahreszahlen herunter, wie viele Rettungsmannschaften wie viele Tote und Überlebende geborgen hatten. Sie nannte ihm die Jahre, wann die Stadt überschwemmt wurde und wann sie abgebrannt war. Sie erzählte ihm, welche Dämme und welche Brücken wann gebaut wurden. Sie nannte ihm die Zahl der Einwohner, wann die Schulen errichtet worden waren, wann . . .
    »Aufhören!« rief er und rang nach Luft. Sie war wie ein aufgedrehtes Spielzeug, dessen Feder offenbar nie ausgeleiert war, aber zumindest hatte seine eigene Glut einen kräftigen Dämpfer erhalten. Taylor Driscoll konnte sie haben. Sie hatte nur eine schöne Fassade und nichts sonst. »Essen Sie Ihren Kirschkuchen«, forderte er sie auf und schob ihr den Teller mit dem Dessert zu. Er lächelte über die Art, wie sie den Teller leerputzte. Für jemand, der sich Sorgen machte, er könne dick werden, konnte sie verdammt viel verdrücken.

Kapitel Fünf
    Taylor Driscoll stand hinter dem Schreibtisch in der Bibliothek und starrte unverwandt aus dem Fenster. Dann sah er zum wiederholten Mal auf die Uhr. Vierzehn Uhr dreizehn. Wo blieb sie? Er hatte ihr am Morgen den Stundenplan gegeben, der ihre Rückkehr Punkt zwölf Uhr vorsah. Warum hatte sie sich nun schon über zwei Stunden verspätet?
    Vierzehn Uhr vierzehn. Immer noch kein Zeichen von dem Auto. Zur Hölle mit ihr! dachte er. Zur Hölle mit ihr, daß sie ihn solchen Gefühlen aussetzte. Er verfluchte sie und verfluchte sich, daß er sich solche Sorgen um sie machte. Er hatte sich vor langer Zeit geschworen, sich nie wieder in eine Frau zu verlieben — Frauen verdienten kein Vertrauen. Sie sagen einem, daß sie verliebt seien, und dann verließen sie einen.
    Während er durch das Fenster starrte, schien er in seine Kindheit zurückversetzt zu werden, in der er ständig am Fenster gestanden und darauf gewartet hatte, daß seine Mutter heimkam. Sie tauchte dann endlich auf der Vortreppe auf, schwankend, von zwei jungen Männern gestützt, mit wirren rotgefärbten Haaren und wogenden schweren Brüsten. Und dann schwenkte sie ihre dicken Hüften, während einer der Männer sie hin und wieder in ihren üppigen Hintern kniff, was ihr ein rohes Lachen entlockte. Der junge Taylor pflegte dann immer zuzusehen, wie sein Vater, der stets so lange aufblieb, bis seine Frau nach Hause kam, aus der Vordertür eilte und ihr in die Halle half. Die jungen Männer machten dann stets zweideutige höhnische Bemerkungen über Mr. Driscoll, die dieser jedoch nie zu hören schien.
    Taylor wandte sich dann wieder vom Fenster ab und ging ins Bett; doch dort lag er auf dem Rücken, die kleinen Hände neben sich zu Fäusten geballt. Er haßte beide Elternteile: die Mutter, weil sie so fett, laut, dumm war und sich nie um ihn kümmerte, und den Vater, weil er so gebildet und edelsinnig war und doch so töricht, eine so unwürdige Frau zu lieben.
    Taylor verbrachte jeden freien Moment mit Lesen und Studieren, um sich von seiner Mutter abwenden zu können, die sich auf dem Sofa herumfletzte, Schokolade aß und auch nicht die geringsten Anstalten machte, bei der Haushaltsführung zu helfen oder gar mit ihrem Sohn zu sprechen, der ihr einziges Kind war. Zuweilen stand Taylor in der Tür und funkelte seine Mutter wütend an, doch das brachte sie nur zum Lachen, und so blieb er die meiste Zeit auf seinem Zimmer. Seine Bücher wurden für ihn zum Inbegriff für Liebe, denn sonst war im ganzen Haus

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