Loderne Glut
nicht ein Funken von Liebe zu spüren. Seine Mutter gab freimütig zu, daß sie seinen Vater nur seines Geldes wegen geheiratet hatte, und ihre Hauptsorgen waren nahrhafte, reichliche Kost, Kleider mit gewagtem Ausschnitt und Rüschen. Ihr einziges Bestreben war, »sich einen netten Abend zu machen«, worunter sie das Trinken von Whisky in Gesellschaft gutaussehender junger Männer verstand.
Der Vater war nur damit beschäftigt, sich elend zu fühlen und zu leiden, weil er diese heruntergekommene Frau liebte. Er schien diese Liebe zu ihr als eine unheilbare Krankheit zu betrachten, mit der er sich irgendwo angesteckt hatte.
Taylor war zwölf, als sein Vater starb, und binnen eines Jahres hatte seine Mutter jeden Penny ausgegeben, den er ihnen beiden hinterlassen hatte. Taylor hatte ohne Bedauern einen Sack mit schmutziger Wäsche zusammengepackt - die Dienstboten waren schon vor Monaten weggegangen hatte die hundert Dollar genommen, die er seiner Mutter aus der Tasche hatte stehlen können, als sie betrunken war, und hatte sich auf die Suche nach den Verwandten seines Vaters gemacht.
Jahrelang hatte er bei ihnen das Geld für seine Ausbildung zusammenbetteln müssen. Er hatte ein starkes Gefühl von Stolz entwickelt, als er noch im Haus seiner Eltern wohnte -er brauchte diesen Stolz, um die Schande, die Erniedrigungen und die Mißachtung seiner Person überleben zu können, aber er hatte unter Mühen seinen Stolz überwinden müssen, als er diesen Verwandten und jenen Verwandten um ein bißchen Geld anbettelte. Nach einem Jahr betrachteten sie ihn als eine Last, und sie wußten, falls sie ihm nicht Geld oder ein Empfehlungsschreiben schickten - oder was immer Taylor von ihnen verlangte -, würde er sie mit Briefen bombardieren oder andere Verwandte alarmieren, die Taylor um Vermittlung gebeten hatte.
Als er zwanzig war und mit summa cum laude das College absolvierte, nahm jeder Verwandte das ausschließliche Verdienst für sich in Anspruch, ihn durch das College gebracht und ihn ermutigt zu haben, als er schon aufgeben wollte.
Nach seinem Abschlußexamen am College versuchte sich Taylor in einer Reihe von Jobs, die ihn jedoch nicht befriedigten, und er spielte bereits mit dem Gedanken, wieder die Schulbank zu drücken, seinen Doktor der Philosophie zu machen und Lehrer zu werden, als er einen Brief von einem entfernten angeheirateten Vetter, J. Harker Caulden, erhielt. Caulden schrieb, er hätte eine aufsässige und streunende Tochter, die, wie er fürchtete, seiner Kontrolle entglitt. Ihre Mutter wäre ungeeignet, ihr Disziplin beizubringen, und er selbst hätte keine Zeit. Er wollte, daß Taylor in sein Haus käme und das Mädchen als Privatlehrer erzöge, bis sie das heiratsfähige Alter erreicht hatte.
Taylor hatte sogleich das Bild seiner Mutter vor Augen und sich eine vierzehnjährige wilde Göre vorgestellt, die nachts heimlich aus dem Fenster stieg, um zu Partys zu gehen. Taylor hoffte, daß er sie retten konnte, und wenn er energisch genug mit ihr verfuhr, mochte er vielleicht verhindern, daß noch einmal so ein Wesen wie seine Mutter entstand.
Er nahm J. Harkers Angebot an und fuhr nach Kalifornien auf die riesige Caulden-Ranch, um mit der Zähmung der jungen Miß Amanda zu beginnen.
Taylor hätte fast gelacht, als er Amanda zum ersten Mal sah. Er hatte eine junge Version seiner Mutter erwartet, und statt dessen wurde ihm ein großes, schlankes, fast hübsches Mädchen vorgeführt, das ihn mit großen erwartungsvollen Augen ansah. Und er brauchte nur zwei Tage dazu, um herauszufinden, daß sie einen exzellenten Verstand besaß - ein Gehirn, das jedoch nicht mit Lehrstoff, sondern mit Kleidern, Jungen, Tratsch und anderen frivolen Dingen vollgestopft war.
Sogleich erkannte er hier die große Chance. Sie war so formbar wie ein Klumpen nasser Lehm. Er konnte Amanda in eine Lady verwandeln, in das exakte Gegenteil seiner Mutter. Er konnte sie unterrichten, so daß sie sich auch über andere Themen als die gerade in Mode gekommenen Tänze unterhalten konnte. Er konnte sie anspruchsvoll, aber schlicht kleiden. Sie würde unter seiner Aufsicht niemals dick werden.
Sie war eine ausgezeichnete Schülerin - so lerneifrig, so leicht zufriedenzustellen. Er scheute nicht die Extrastunden, die er dafür benötigte, um ihre täglichen Stundenpläne niederzuschreiben; denn dann wußte er genau, wo sie war. Amanda würde niemals die Zeit haben, ihn zu verlassen.
Mit den Jahren verwandelte sich Amanda in eine sehr
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