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Loderne Glut

Titel: Loderne Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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tun sollte. Sie hatte den bestimmten Eindruck, daß Dr. Montgomery sie verabscheute, und im nächsten Moment näherte er sich ihr so schamlos.
    »Amanda!« bellte Taylor scharf. »Warum sind deine Haare so zerzaust?«
    Eine Strähne hatte sich aus dem strengen Knoten im Nacken gelöst. Sie steckte sie rasch wieder fest. »Ich hatte heute nur wenig Zeit, weil Dr. Montgomery so lange im Badezimmer war.« Mit einemmal gab sie ihre Zurückhaltung auf: »O Taylor, ich wünschte, du würdest ihm auch einen Stundenplan geben. Er ist so unberechenbar! Er kommt und geht zu den unmöglichsten Zeiten; benützt das Badezimmer, wann es ihm paßt; ißt, wenn er hungrig ist, und tut alles, was ihm gefällt. Er macht allen anderen das Leben so schwer.«
    Taylor erschrak und war zunächst über ihren Temperamentsausbruch ungehalten, aber dann verzog er den Mund zu einem Lächeln. Das war ein Beweis, daß Amanda eine Frau war, die logisch denken konnte. Sie würde nie um zwei Uhr morgens betrunken nach Hause kommen, bis Mittags schlafen oder für drei Tage verschwinden. Amanda würde niemals ihre Kinder oder ihren Ehemann verlassen.
    Zu Amandas Verblüffung beugte Taylor sich leicht nach vorn und küßte sie auf die Stirn. Er hatte sie noch nie zuvor geküßt.
    »Meine Liebe«, flüsterte er weich. »Vielleicht möchtest du heute gern ein bißchen Erdbeermarmelade zum Frühstück haben, und in ein paar Wochen, wenn der Hopfen gepflückt und Dr. Montgomery mit seinen Gewerkschaftsleuten wieder abgezogen ist, können wir vielleicht über unsere Heiratspläne sprechen.«
    Amanda war so erschüttert, daß sie zu keiner Antwort fähig war. Was hatte sie gesagt? Was hatte sie getan? Eben noch war er zornig gewesen, weil sie Dr. Montgomery nicht so behandelte, wie er es sich wünschte, und im nächsten Moment sprach er über ihre Hochzeit.
    Amanda setzte sich an den Frühstückstisch. Was auch die Ursache dieser Veränderung sein mochte: Sie war froh darüber. Sie strich Marmelade auf ihren Toast, schloß die Augen, und wie bei dem Lunch mit Dr. Montgomery kostete sie den Geschmack mit Zunge und Gaumen aus.
    Diesmal war es Taylor, der ihren Gesichtsausdruck schockiert zur Kenntnis nahm. »Amanda!« keuchte er.
    »Es ... es tut mir leid«, stammelte sie. »Es schmeckt einfach so gut.«
    Er schob den Marmeladentopf auf die andere Seite des Tischs hinüber, als würde er einem Alkoholiker die Schnapsflasche wegnehmen, und Amanda bemühte sich, nicht voller Verlangen dorthin zu sehen.
    Hank fühlte sich schrecklich, als er aufwachte, und deshalb ging er ins Badezimmer, füllte die Wanne zur Hälfte mit eiskaltem Wasser und setzte sich hinein. Seine Zähne klapperten, und seine Haut zog sich wie eine Bandage um seinen Körper zusammen; aber das ernüchterte ihn und half ihm, seine Träume von Amanda zu vergessen.
    Noch eine Mahlzeit mit ihr, dachte er, und dann würde er dieses seltsame Haus verlassen, in dem vier Leute lebten, von denen er jedoch immer nur zwei zu Gesicht bekam.
    Nachdem er sich angezogen hatte, wollte er gerade die Treppe hinuntergehen, hielt aber dann inne. Jenseits des Treppenabsatzes befand sich das Zimmer von Amanda, dessen Tür einen Spalt offen stand. Zu seiner Linken, hinter der Wand, konnte er die schwachen Tritte des Dienstmädchens hören, das die Hintertreppe hinunterstieg. Er war allein im Oberstock.
    Ohne erst zu bedenken, was er tat, ging er die paar Schritte zu Amandas Zimmer und schob die Tür ganz auf. Er wußte nicht, warum ihn das überraschte; aber der Raum hatte weniger Charakter als die Grundrißzeichnung eines Architekten. Da war nichts Falsches in diesem Raum; er war möbliert, Bilder hingen an den Wänden und Vorhänge an den Fenstern, aber es befand sich nichts Persönliches darin. Die Gästezimmer im Haus seiner Mutter waren mit Häkeldeckchen auf den Tischen versehen, mit einem bunten Schal, den man über die Füße breiten konnte, wenn man nachts lesen wollte; gestickte Kissen lagen auf jedem Stuhl und Romane neben dem Bett, frische Blumen standen herum, wo immer sie Platz fanden; und kleine Duftkissen lagen auf der Frisierkommode.
    Amandas Zimmer wies nichts dergleichen auf. Die Oberflächen der Möbel waren kahl. Das Bett mit seiner Überdecke aus blauer Baumwolle wirkte spartanisch: es gab keine kleine Kissen mit Spitzensäumen. Die Bilder waren langweilige Stiche von Landschaften - zu perfekt, um schön zu sein. Die Vorhänge waren dunkelblau - aber nicht von dieser tiefen, leuchtendblauen

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