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Loderne Glut

Titel: Loderne Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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sehr geräuschvoll verließ sie ihr Zimmer gewiß nicht. Sie nahm ein Notizbuch und ihren Füllfederhalter mit, aber keine Lampe. Sie hoffte, das Mondlicht würde für ihre Zwecke ausreichen. Zudem wollte sie die Konstellation der Sterne studieren, und das konnte sie am besten im Dunkeln tun.
    Es war ein seltsamer Abend gewesen - wie überhaupt jede Minute, seit Dr. Montgomery im Haus eingetroffen war, merkwürdig verlaufen war. Nachdem er dieses . . . dieses Gedicht rezitiert hatte, war er aus dem Zimmer gegangen, und sie hatte gehört, wie er anschließend mit seinem hübschen kleinen Automobil weggefahren war. Eine Weile lang hatte sie nicht ein Wort von dem gehört, was Taylor zu ihr gesagt hatte. Ihr stand nur vor Augen, wie Dr. Montgomery sie angesehen hatte, als er dieses Gedicht vorsagte.
    Sie wünschte, daß er sie wenigstens ein wenig nett fand und sie vielleicht in Poesie unterrichten würde. Aber dieser Gedanke erschreckte sie - ein anderer Lehrer war fast so, als wäre sie Taylor untreu -, doch ging es letztendlich nicht darum, daß sie etwas lernte? Und wenn sie genug gelernt hatte, würde Taylor sie heiraten, und sie könnten hier auf der Ranch glücklich zusammen leben bis zum Ende ihrer Tage.
    Als sie im Freien war, begab sie sich zum Sommerhaus, in dem sie mit Dr. Montgomery zusammengesessen hatte. Amanda hielt es für besser, nicht an die köstliche Mahlzeit, die er hier eingenommen hatte, zu denken, weil ihr Magen knurrte wegen des ausgefallenen Dinners.
    Sie lehnte sich gegen einen Pfosten und blickte zu den Sternen hinauf. Obwohl sie nun mehrere Nächte hintereinander kaum geschlafen hatte, empfand sie keine Müdigkeit. Da war etwas in dieser trägen, heißen Luft, dazu der Duft der Blumen und die Klarheit des Himmels, was ein seltsames Gefühl in ihr auslöste.
    Während sie zu den Sternen emporschaute, näherte sich das leise Motorengeräusch eines Automobils auf der Auffahrt, und sogleich versuchte sich Amanda so klein wie möglich zu machen, damit Dr. Montgomery sie nicht bemerkte. Sie hielt den Atem an, als der Motor zum Stillstand kam und Schritte sich auf dem Kies vernehmen ließen. Sie würde warten, bis er im Haus war, und dann erst wieder hineingehen. Sie wollte ihm nicht auf der Treppe begegnen, und noch weniger konnte sie jetzt seine ätzenden Bemerkungen ertragen!
    Als sie wartete und lauschte, schien er - sie mochte es kaum glauben - nicht zum Haus zu gehen - er kam auf sie zu! Sie wagte nicht, sich zu bewegen.
    »Habe ich mich also doch nicht getäuscht«, sagte er, als er noch ein paar Schritte von ihr entfernt war.
    Amanda stieß mit einem Seufzer den Atem aus. Gefangen! dachte sie und murmelte: »Guten Abend, Dr. Montgomery.«
    Hank betrat das Sommerhaus und setzte sich so weit von ihr entfernt nieder, wie es nur irgend ging. Er hatte lediglich ein Stück ihres weißen Kleides im Scheinwerferlicht aufblitzen sehen. Normalerweise hätte er davon wohl kaum Notiz genommen, aber er schien, was Amanda betraf, einen sechsten Sinn zu haben. Geh zu Bett, sagte er sich. Du hast Bier getrunken, fühlst dich gut nach der schnellen Fahrt mit dem Wagen und solltest nicht hier bei ihr sitzen. Doch sein Körper bewegte sich nicht; also blieb er sitzen. »Ich habe heute abend eine Freundin von Ihnen kennengelernt.«
    Amanda konnte sich nicht vorstellen, wer sich als ihre Freundin betrachten könnte; seit Jahren sah sie nur noch Taylor und ihre Familie. »Oh?« machte sie. Sie mußte nach oben gehen. Taylor wäre entsetzt, wenn er von diesem Treffen wüßte. Das stand nicht auf seinem Plan; tatsächlich gehörten im Augenblick Sternenkonstellationen nicht zu ihren Studienthemen.
    »Reva Eiler«, sagte er.
    Einen Moment lang schien Amanda nicht zu wissen, wo sie diesen Namen unterbringen sollte, bis ihr wieder ihre Zweikämpfe mit Reva einfielen. War sie noch immer die Amanda von damals? Nein - Gott sei Dank hatte Taylor sie vor ihrem eigenen Temperament gerettet.
    »Entsinnen Sie sich nicht mehr an Reva?« fragte Dr. Montgomery. »Reva erinnert sich sehr wohl an Sie - und an das blaugeschlagene Auge.«
    Widerwillig mußte Amanda lächeln. »Ja, ich erinnere mich an sie. Sie tat mir leid; aber sie konnte das nicht ausstehen. Sie wollte stets . . .«
    »Was?« drängte er.
    »Sie schien sich immer zu wünschen, was ich hatte. Wenn ich ein blaues Kleid mit kleinen Herzen darauf trug, kam sie zwei Tage später in einem blauen Kleid mit kleinen Herzen darauf zur Schule. Einmal band mir meine Mutter

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