Loderne Glut
Sie wußte, daß dieser paradoxe Gemütszustand Dr. Montgomerys Schuld war. »Ich brauche einen Rat«, sagte Amanda leise.
Grace legte ihren Stift beiseite und schenkte ihrer Tochter ihre volle Aufmerksamkeit. »Ich werde mein Möglichstes tun.«
»Ich . . . ich habe etwas sehr Dummes getan.« Amanda blickte auf ihre Hände hinunter.
Grace unterdrückte den Impuls, >gut!< zu sagen, und wartete, während ihre Tochter dastand und mit ihren Fingern spielte. Amandas schrecklich unmodernes häßliches Kleid war zerknittert und voller Flecken, ihre Haare zerzaust.
»Ich habe eine Wette abgeschlossen«, gestand Amanda und erklärte so rasch, wie sie sprechen konnte, wie es dazu gekommen war.
Als sie geendet hatte, saß Grace mit offenem Mund vor ihr. »Dieser Dr. Montgomery ist. . .«, ihre Stimme verebbte.
»Er ist ein schrecklicher Mann! Es wäre mir nicht im Traum eingefallen, auf diese lächerlichen Bedingungen einzugehen, wenn er mir nicht versprochen hätte, Kingman zu verlassen, falls ich gewinne. Taylor hat keine Vorstellung davon, wie dieser Mann ist, sonst hätte er mich nie gebeten, meine Zeit mit ihm zu verbringen.«
Graces Augen fingen zu leuchten an, während sie rasch überlegte. »Du mußt diese Wette gewinnen. Zum Vorteil aller, die auf dieser Ranch leben, mußt du sie gewinnen. Jetzt ist nicht der Zeitpunkt, an dich zu denken. Du mußt dich Taylor an den Hals werfen und der Natur ihren Lauf lassen. Ich bin sicher, Taylor wird das verstehen — und darauf eingehen. Schließlich ist er doch ein normaler, gesunder Mann, und du bist eine schöne junge Frau. Zudem ist nichts Unrechtes dabei, da ihr verlobt seid und euch das Heiratsversprechen gegeben habt. Ich möchte wetten, Taylor muß sich sehr beherrschen, daß er dich nicht anfaßt. Er nimmt lediglich Rücksicht auf dich.«
»Du glaubst also nicht, daß Taylor mich verabscheuen wird, wenn ich zu ... zu dreist werde? Er scheint aufdringliche Frauen nicht zu mögen.«
»Ich sagte dir doch - er nimmt Rücksicht auf dich. Zeige ihm nur, daß du ein bißchen weniger Respekt brauchst und etwas mehr Liebesbeweise, und du wirst nicht nur deine Wette gewinnen, sondern auch einen verbindlichen Hochzeitstermin bekommen - und obendrein diesen schrecklichen Dr. Montgomery loswerden. Was kannst du noch mehr verlangen?«
Amanda lächelte ihrer Mutter zu. »Ich glaube, du hast recht. Vielen Dank.« Sie wandte sich wieder zum Gehen; aber Grace rief sie noch einmal zurück.
»Amanda«, fragte sie leise, »was hat dich dazu bewegt, zu mir zu kommen?«
»Dr. Montgomery hat mich nach dir gefragt, und ich . . . nun, ich schätze, ich .. .«
»Ich verstehe. Und jetzt geh. Du hast nur zweieinhalb Stunden Zeit, deine Wette zu gewinnen.«
Amanda lächelte noch einmal ihrer Mutter zu und verließ das Zimmer.
Grace lehnte sich zurück und richtete ihren Blick himmelwärts. »Bitte, lieber Gott«, betete sie, »ich brauche deine Hilfe. Ich weiß nicht, wie ich jemals in den Himmel kommen soll mit diesen Haßgefühlen, die ich gegen Taylor Driscoll hege.«
Dann sah sie sich wieder im Zimmer um und lächelte. Wenn Amanda diesem kalten Fisch Taylor Avancen machte, war er bestimmt entsetzt. Dr. Montgomery hatte recht - in Taylor steckte nicht ein Funken von Leidenschaft. Grace hoffte, daß Amanda sich ihm an den Hals werfen und Taylor dies so abscheulich finden würde, daß er die Verlobung löste. Vielleicht war es ihm sogar so peinlich, daß er die Ranch verließ.
»Das wird dieser Halunke niemals tun«, murmelte Grace. Taylor begehrte diese Ranch so sehr, daß er Amanda unterjocht, Grace geächtet und Harker in den Glauben versetzt hatte, er könnte ohne ihn die Ranch nicht mehr leiten.
Dr. Montgomery, dachte Grace, bevor sie wieder an ihre Schreibarbeit ging, sie mußte sich diesen jungen Mann einmal anschauen.
Amanda stand inzwischen vor dem offenen Kleiderschrank. Ich habe nur zweieinhalb Stunden Zeit, dachte sie, und bereits fünfzehn Minuten davon vergeudet in dem Bemühen, das richtige Kleid auszusuchen. Sie war nicht daran gewöhnt, ihre Garderobe selbst zusammenzustellen, da ihr Taylor seit Jahren vorschrieb, was sie anzuziehen hatte. Sie glaubte nicht, daß sie ihn fragen könnte, was sie zu seiner eigenen Verführung anziehen sollte.
Endlich suchte sie ein einfaches pinkfarbenes Kleid heraus, da Rosa der Farbe Rot noch am nächsten kam, und als sie sich ankleidete, überlegte sie, was an praktischen Maßnahmen zum Gewinnen der Wette erforderlich wäre. Ein
Weitere Kostenlose Bücher