Loderne Glut
Abend, an dem er nur den Schatten ihres Kleides erspäht hatte und zu ihr in das Sommerhaus gekommen war.
Sie ermahnte sich, an Taylor zu denken und nicht an Dr. Montgomery; doch im Augenblick fiel ihr nur ein, daß er sie mit der griechischen Übersetzung bestraft hatte. Taylor hatte ihr einfach die Schuld, daß Dr. Montgomery das Haus verlassen hatte, in die Schuhe geschoben, ohne ihr die Erlaubnis zu einer Erklärung zu geben und ohne ihren spärlichen Angaben, die sie hatte Vorbringen können, zu glauben.
Ein Wagen fuhr in die Garage, und Amanda hielt einen Moment die Luft an. Es war natürlich nicht Dr. Montgomery, der jetzt nach Hause kam, und sie wollte selbstverständlich nicht, daß er zurückkehrte; aber es konnte ja -vielleicht - sein, daß er es war.
Doch als sie dann Schritte auf dem Kies hörte, wußte sie, daß es Taylor war. Dr. Montgomerys Schritte waren schwerer, eher die eines . . . Beutemachers; während Taylor leicht auftrat und rasch dahinschritt — fast so, als würde er rennen.
Er sah sie nicht, wie sie sich das gleich gedacht hatte, und ging ins Haus hinein. Amanda müßte jetzt eigentlich auf ihrem Zimmer sein und an der Übersetzung von Moby Dick arbeiten; aber statt dessen saß sie hier draußen und genoß die Stille der Nacht.
Sie lauschte, wie Türen im Haus geöffnet und wieder geschlossen wurden, und wußte, daß ihre Abwesenheit entdeckt worden war. Zum Glück hatte gestern abend niemand nach ihr gesehen, als sie zu dieser Tanzveranstaltung gegangen war.
Nach einer Weile wurde es wieder still im Haus, und die Hintertür wurde geöffnet und wieder geschlossen. Sie konnte dann Taylors Schritte auf dem Kies hören. »Amanda?« rief er mit einer leicht reservierten Stimme.
Aus irgendeinem Grund hätte Amanda ihm fast nicht geantwortet. Schließlich hatte er sie ungerecht behandelt, und außerdem war Taylor bestimmt kein Mann, mit dem eine Frau unter dem Sternenhimmel sitzen mochte. Diese Gedanken hatte sie natürlich wieder Dr. Montgomery zu verdanken, sagte sie sich. Wenn er nicht hierhergekommen wäre . . .
»Hier«, rief sie Taylor zu und beobachtete, wie er näher kam.
»Hast du etwas dagegen, wenn ich mich zu dir setze?«
»Natürlich nicht«, erwiderte sie und begann dann zu erklären: »Es war so heiß in meinem Zimmer, daß ich keinen klaren Gedanken fassen konnte. Im Augenblick mache ich nur eine Pause.« Sie stand auf. »Ich gehe jetzt wieder an die Arbeit.«
»Warte«, bat er, und als sie auf der Schwelle der Hintertür stehenblieb, fuhr er fort: »Amanda, vielleicht war ich heute morgen ein bißchen zu barsch zu dir. Du hast bisher dein Bestes bei jeder Arbeit gegeben, die ich dir auftrug, und ich vermute, daß du dich, was die Betreuung von Dr. Montgomery betrifft, bemüht hast. Ich fürchte, ich war heute genauso wütend über mich selbst wie über jeden anderen, und diese Wut habe ich dann an dir ausgelassen.«
Amanda verharrte regungslos auf der Stelle. Taylor hatte bisher noch nie einen Fehler zugegeben. »Ich verstehe«, flüsterte sie. »Dr. Montgomery ist uns allen auf die Nerven gegangen.«
»Ich glaube, ich habe dich mit ihm aus dem Haus geschickt, weil ich ihn, wenn ich ehrlich sein will, nicht ausstehen konnte.«
»Oh?« meinte Amanda und kam in das Sommerhäuschen zurück. Taylor hatte bisher noch nie über so persönliche Dinge mit ihr gesprochen.
»So ein unverschämter, fauler Mann. Er hatte offenbar noch nie mehr als zwei Nickel in der Tasche gehabt, und es ging mir wohl gegen den Strich, daß er in dem schönen Haus deines Vaters wohnte. Kannst du mir verzeihen?«
»Nun, ja, natürlich.« Sie zögerte. »Muß ich noch mehr Moby Dick übersetzen?«
Taylor zuckte zusammen. »Nein.« Sie schwieg eine Weile still. »Amanda«, sagte Taylor schließlich. »Ich habe dir etwas Wichtiges mitzuteilen.«
Amanda betete im stillen, daß er ihr nicht noch mehr Differentialrechnungen aufgeben möge. Da »sie« ihren Test mit »ausgezeichnet« bestanden hatte, fürchtete sie, Taylor wollte ihr Mathematik als Hauptfach zuteilen.
»Ich denke, es wäre an der Zeit, daß wir über unsere Hochzeit redeten.«
»Oh«, staunte Amanda, die das ganz und gar nicht erwartet hatte, und ließ sich dann schwer auf die Bank auf der anderen Seite des Eingangs fallen.
»Du wirst jetzt eine junge Frau, und es wird Zeit, daß wir uns ernsthaft überlegen, wann wir heiraten. Ich habe bereits darüber nachgedacht und meine, wir sollten uns heute in zwei Monaten trauen
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