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Loderne Glut

Titel: Loderne Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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es doch nur eine Möglichkeit gegeben hätte, diese Verwirrung loszuwerden!
    Der Morgen kam und mit ihm Mrs. Gunston, die Amanda Taylors letzten Stundenplan aushändigte; aber Amanda warf kaum einen Blick darauf. Und sie erkannte, daß sie Mrs. Gunstons Verhaltensweise ebenfalls mißbilligte. Wer war schließlich von ihnen beiden der Arbeitgeber und wer die Angestellte?
    Amanda verabscheute das magere Frühstück, das sie mit Taylor teilte, und ebenso den mageren Lunch. Taylor schickte sie nach dem Lunch in ihr Zimmer zurück, damit sie den Verlobungsring holen sollte, den sie sich anzustecken vergessen hatte. Um zwei Uhr nachmittags hatte sie mit knapper Not ihre Geschichtsprüfung bestanden, und Taylor hatte kein einziges Wort gesagt. Sein kaltes Schweigen war schlimmer, als wenn er sie geschlagen hätte. »Ich vermute, damit sind alle weiteren Küsse gestrichen«, murmelte sie in sich hinein, als er ihr das Prüfungspapier mit einem »gerade noch ausreichend« zurückgab.
    Sie kehrte in ihr Zimmer zurück und warf einen Blick auf die letzten Eintragungen des Stundenplans. Dabei überkam sie ein bedrückendes Gefühl. Wenn sie schon keine Gefangene war, warum kam sie sich dann so vor?
    Um fünfzehn Uhr dreißig trat sie ans Fenster und sah ihre Mutter Zeitung lesend im Schatten zweier Mandelbäume sitzen. Amanda verschwendete nicht einmal einen Gedanken daran, daß sie das Zimmer verließ, obwohl sie sich laut Stundenplan mitten im Studium von Vermeers’ Gemälden befand.
    »Hallo«, sagte Amanda leise, als sie unter den Mandelbäumen anlangte.
    Grace blickte von ihrer Zeitung auf und bemerkte sofort, daß ihre Tochter geweint hatte - sehr lange und viel geweint, ihrem geschwollenen Gesicht nach zu schließen. Sie fragte sich, was dieser Schuft Taylor Driscoll ihr nun schon wieder angetan hatte.
    »Nimm dir den Stuhl dort«, empfahl Grace. »Die Limonade ist noch kalt.«
    Amanda goß sich ein Glas kalter Limonade ein, setzte sich und nippte daran. Da war auch eine bis zum Rand gefüllte Schale mit Plätzchen, und sie aß zwei davon, ehe sie sagte: »Bist du schon einmal so verwirrt gewesen, daß du nicht wußtest, was du tun solltest?«
    »Täglich; aber warum sagst du mir nicht genau, was dich verwirrt? Außer wenn es sich um lateinische Verben handeln sollte. Bei Schularbeiten bin ich noch nie eine große Hilfe gewesen.«
    »Es geht um Männer«, gestand Amanda und schluckte die Tränen hinunter.
    »Auf diesem Gebiet könnte ich dir vielleicht helfen.«
    Amanda wußte nicht, wo sie anfangen sollte. »Ich fürchte, dieser schreckliche Dr. Montgomery hat mein Leben ruiniert.«
    Grace verlor fast die Fassung. Sie sah ihr erstes Enkelkind bereits unehelich zur Welt kommen. Sie würde mit Amanda in die Schweiz fahren. Sie würde . . .
    »Er scheint mich - äh - ruhelos gemacht zu haben«, fuhr Amanda fort. »Ich liebe Taylor. Ich habe ihn immer geliebt, und ich weiß, daß ich ihn heiraten möchte. Er hat mir gestern abend einen Verlobungsring geschenkt. Oh, verflixt! Ich habe ihn schon wieder oben liegenlassen. Egal - ich weiß, daß ich Taylor liebe, aber seit Dr. Montgomery hier war, kann ich mich anscheinend über nichts mehr freuen. Meine Studien sind mir plötzlich zur Last geworden. Meine Gedanken schweifen ständig umher.«
    »Das halte ich für normal«, urteilte Grace.
    »Für normal? Es ist normal für eine verlobtes Mädchen, daß es an einen anderen Mann denkt?«
    »Ja, natürlich. Weiß du - was du jetzt wirklich brauchst, ist eine Kur, die dein Nervensystem von diesem Dr. Montgomery befreit. Einem Mann wie ihm bist du noch nie begegnet, verstehst du? Das ist alles. Es ist genauso wie bei einem Kind, das zum ersten Mal Eiscreme ißt. Man sollte dem Kind gestatten, soviel davon zu essen, bis es ihm davon schlecht wird, damit es beim nächsten Mal seinen Verstand gebraucht und sich nicht wieder den Bauch vollschlägt mit dem Zeug.«
    »Du meinst, ich sollte noch mehr Zeit mit diesem Dr. Montgomery verbringen? Ich dachte, es wäre am besten für mich, wenn er das Haus und die Stadt verließe.«
    »Genau das Gegenteil ist der Fall«, erwiderte Grace. »Du hast ihn gerade oft genug gesehen, um von ihm fasziniert zu sein. Schließlich bist du bisher ja ein sehr behütetes Mädchen gewesen, und diese Art von Mann weicht immerhin so weit vom Durchschnitt ab, daß er deine Neugierde geweckt hat. Wenn du nun noch mehr Zeit mit ihm verbrächtest, würdest du bald erkennen, daß er in Wahrheit nicht einmal die

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