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Löffelchenliebe (German Edition)

Löffelchenliebe (German Edition)

Titel: Löffelchenliebe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kaufhold
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zu welchem Gate ich muss. Und wo ist überhaupt mein Trolley ? Ach so, den zieht er.
    »Sagen Sie, sind Sie auf dem Weg in den Skiurlaub ?« Er mustert mich im Gehen.
    »Skiurlaub ? Ach so, na ja, so ähnlich. Mir steht eine Schneewanderung in den bayrischen Alpen bevor.«
    »Verstehe. Sie fliegen dann nicht zufällig auch nach München ?«
    »Ja, genau, München.«
    Ich wische mir mit dem Handrücken den Schweiß von der Oberlippe. Meine Mundhöhle ist eine einzige Salzwüste. Ich brauche unbedingt etwas zu trinken.
    »Wenn Sie auch den Lufthansa-Flug nehmen, sitzen wir in derselben Maschine.« Er bleibt vor einer Anzeigetafel stehen.
    »Gate B39 ?«
    Durch den Salzfilm versuche ich meinen Abflug zu orten. Die Anzeige verschwimmt, ich kneife meine Augen zusammen und vergesse einen Moment zu lang meine Wimperntusche, die jetzt, ich spüre es deutlich, unter meiner Augenbraue klebt. Ich brauche umgehend einen Spiegel. Ich muss sofort und augenblicklich hier weg.
    »Und, haben Sie Ihr Gate gefunden ?«
    »Also, es sieht so aus, als ob, wenn mich nicht alles täuscht, könnte es sein, äh, ja«, meine Stimme senkt sich zu einem Flüstern, »B39.«
    »Wunderbar ! Warten Sie einen Augenblick. Rühren Sie sich nicht von der Stelle. Ich werde Ihnen einen Platz neben meinem organisieren.«
    »Nicht nötig. Hören Sie, warten Sie !«
    Doch Hector ist schon mit wehendem Jackett auf und davon, und ich stürme geistesgegenwärtig in die entgegengesetzte Richtung.
    Im Flugzeug sitzt ein Schneemann. Das bin ich. Ich habe es tatsächlich geschafft, unbemerkt auf meinen gebuchten Platz zu gelangen, der sich fern von der Businessclass befindet, wo ich Hector vermute. Es ist ja nicht so, dass ich keine Lust hätte, neben ihm zu sitzen, er war ja wirklich sehr freundlich zu mir, aber bitte nicht so. Ich meine, warum muss mein Körper gerade jetzt Schweißmengen ausschütten wie andere Leute in drei Jahren ? Da kriegt dieser Mann ja einen völlig falschen Eindruck von mir. Ich blicke starr aus dem Fenster, was mir gar nicht guttut.
    In meiner Reihe hat ein dicker Mann seinen braunen Cord-Hintern zwischen die Armlehnen des Gangplatzes gepresst. Ich kann von Glück reden, dass zwischen ihm und mir ein Sitz frei ist, denn sein rechter Arm ragt ob seiner Fülle über die Mittelarmlehne hinaus und nimmt fast die Hälfte des freien Platzes ein. Außerdem steckt er sich ununterbrochen Kautabak in die Wangentasche, was wirklich übel riecht. Wollte doch so gerne am Gang sitzen. Ich setze meine Sonnenbrille auf, die von der Stirn bis zu den Mundwinkeln alles verdeckt. Falls Hector den Gang entlangkommt, will ich nicht erkannt werden. Die Mütze klebt mir noch immer an den Haaren, die sich sicherlich schon fürchterlich gekräuselt haben in dem feuchten Mikroklima.
    Ich schließe die Augen. Bloß nicht nach unten sehen. Es ruckelt ganz schön, und ich triefe. Ich könnte die Beine meiner Hose abzippen, oh ja, das wäre eine Erleichterung. Und der Schweiß an meinen Waden wird ja hoffentlich nicht allzu unangenehm riechen, schlimmer als der Kautabak meines Nachbarn bestimmt nicht. Während ich die olivgrünen halben Hosenbeine über meine Wanderschuhe zerre, weil ich meine Schweißfüße unmöglich auspacken kann, höre ich die Stewardess mit ihrem Wägelchen heranrollen. Ob ich ein Käse- oder Schinkenbaguette möchte ? Nein danke, ich habe keinen Hunger.
    »Aber ein Wasser, bitte, ohne Kohlensäure.«
    Mein Kopf ist starr zum Fenster gewandt, meine Augen noch immer geschlossen, als ich das Wasser tastend in Empfang nehme. Noch fünfzig Minuten durchhalten, dann werde ich mich auf der Flughafentoilette in München einmal nackt ausziehen, mir so viel Luft wie möglich zufächern und meinen nassen, erhitzten Körper mit einem feuchten Tuch abreiben.
    »Anna, hier sind Sie ja. Sie waren mit einem Mal verschwunden.«
    Oh nein, ich bin gar nicht da.
    »Stewardess, die Dame sitzt neben mir.«
    »Nein !«, rufe ich. Hector sieht mich erstaunt an. »Ich wollte sagen, ich sitze hier doch ganz gut. Und«, ich räuspere mich, »ich will niemandem Mühe bereiten.«
    Die Stewardess läuft eilig voraus in die Richtung, aus der Hector gekommen ist.
    »Der Platz neben mir ist extra für Sie reserviert. Außerdem muss ich Ihnen doch noch Ihre Creme wiedergeben. Kommen Sie.«
    Er zieht meinen Trolley mit einem Ruck aus der Gepäckablage, hievt ihn über den dicken Mann hinweg und schleift ihn den Gang entlang in Richtung Businessclass. Mir bleibt nichts anderes

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