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Lösegeld Für Einen Toten

Lösegeld Für Einen Toten

Titel: Lösegeld Für Einen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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ich sterben.«
    »Aber ich muß gehen, das wissen wir beide. Wie sonst könnte ich diese wichtige Sache für dich tun - nämlich dir deinen Vater zurückzugeben?« Aber genausowenig konnte er den Schmerz ertragen. Wenn er sie jetzt losließ, war er für immer verloren, es würde keine andere geben, die ihren Platz einnehmen konnte. Das kleine dunkle Geschöpf in Wales, in seiner Erinnerung so verblaßt, daß er kaum noch ihr Gesicht sah, sie war nichts, sie hatte keinen Anspruch auf ihn. Wenn er nicht Melicent haben konnte, würde er das Leben eines Einsiedlers vorziehen.
    »Willst du ihn denn nicht zurück?«
    »Doch!« sagte sie energisch, zitternd und schaudernd, um das Wort sogleich wieder zurückzunehmen: »Nein! Nicht, wenn ich dich dabei verliere! O Gott, wie soll ich wissen, was ich will? Ich will euch beide, dich und ihn - aber vor allem dich.
    Ich liebe meinen Vater von Herzen - aber eben nur wie einen Vater. Ich muß ihn lieben, wie es sich in einer Familie gehört, aber... oh, Elis, ich kenne ihn kaum, er kam mir nie nahe genug, um geliebt zu werden. Immer war er in Pflichten und Aufträgen unterwegs, und meine Mutter und ich saßen einsam daheim und dann starb meine Mutter... Er war nie unfreundlich und hat immer für mich gesorgt, aber er war immer fort. Sicher liebe ich ihn, aber nicht so wie... nicht wie ich dich liebe! Es ist kein gerechter Tausch...«
    Sie sagte nicht: ›Wenn er nun gestorben wäre...‹, aber der Gedanke lauerte in ihrem Hinterkopf und erschreckte sie.
    Wenn er gar nicht oder tot gefunden worden wäre, dann hätte sie um ihn geweint, ja, aber ihre Stiefmutter hätte nicht allzu viele Gedanken daran verschwendet, wen sie zum Ehemann erwählte. Was für Sybilla allein gezählt hätte, wäre ihr Sohn gewesen, der alles geerbt hätte, während die Tochter ihres Mannes mit einer bescheidenen Mitgift abgefunden worden wäre.
    »Aber das muß doch nicht das Ende sein!« stöhnte Elis wütend. »Warum sollen wir klein beigeben? Ich will dich nicht aufgeben, ich kann nicht, ich will nicht von dir scheiden.«
    »Oh, du Narr!« sagte sie, während ihre Tränen über seine Wange rannen. »Die Eskorte, die ihn heimbringt, wird dich mitnehmen. Man hat ein Abkommen geschlossen, das eingehalten werden muß. Du mußt gehen und ich muß bleiben, und das wird das Ende sein. Oh, wenn er doch nur nie hier ankäme...« Sie erschrak, als sie ihre eigene Stimme so etwas sagen hörte und verbarg die Lippen an seiner Schulter, um die unverzeihlichen Worte zu unterdrücken.
    »Nein, aber hör mir zu, mein Herz, meine Geliebte! Ich kann doch zu ihm gehen und um deine Hand anhalten. Warum sollte er mich abweisen? Ich bin der Nachkomme eines Prinzen, ich besitze Ländereien, ich bin ihm ebenbürtig - warum sollte er sich weigern, dich mir zu geben? Ich kann dich gut versorgen, und kein Mann könnte dich mehr lieben als ich.«
    Er hatte ihr noch nicht verraten, was er so unumwunden Bruder Cadfael erzählt hatte, nämlich daß er von Kindheit an mit einem Mädchen in Wales verlobt war. Aber diese Übereinkunft war über ihre Köpfe hinweg von anderen getroffen worden, und mit Geduld und gutem Willen konnte man sie zur allseitigen Zufriedenheit ehrenhaft auflösen. Eine solche Abkehr mochte in Gwynedd zwar eine Seltenheit sein, aber es war nicht gänzlich ausgeschlossen. Er hatte Cristina kein Leid zugefügt, und es war nicht zu spät, um einen Rückzieher zu machen.
    »Du unschuldiger süßer Narr«, sagte sie, zwischen Lachen und Zorn hin-und hergerissen. »Du kennst ihn nicht!
    Der wichtigste Besitz für ihn ist das Land an der Grenze; er mußte viele Male dafür kämpfen. Siehst du denn nicht, daß nach der Kaiserin Wales sein nächster Feind ist? Und er haßt die Waliser! Er würde seine Tochter lieber einem blinden Aussätzigen in St. Giles geben als einem Waliser, und wenn es der Prinz von Gwynedd selbst wäre. Komm ihm ja nicht in die Nähe, denn er wird sich nur verhärten und dich in Stücke reißen. Oh, glaube mir, wir haben keine Hoffnung.«
    »Und doch will ich nicht von dir lassen«, schwor Elis in ihr duftiges helles Haar, das sich vor seinem Gesicht regte und ihn streichelte wie ein Büschel feiner Federn, als besäße es ein Eigenleben. »Irgendwie, irgendwie... Ich schwöre, ich werde dich behalten, egal, was ich dafür tun muß, egal, wie viele ich bekämpfen oder aus dem Weg räumen muß. Ich werde jeden töten, der sich uns entgegenstellt, meine Geliebte, mein Schatz...«
    »Oh, schweig!«

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