Lösegeld Für Einen Toten
Hat jemand gesprochen?«
»Nein, aber ich hörte einen Stock gegen den Boden klopfen - sehr leicht nur -, und dann quietschte die Tür. Ich glaubte, es sei Bruder Wilfred, der hier aushilft, wenn es nötig ist, denn er ist der einzige Bruder, der am Stock geht, seit er als junger Mann lahm wurde.«
»Ist er hineingegangen?«
»Das fragt Ihr ihn besser selbst, denn das kann ich Euch nicht sagen. Es war eine Weile still, dann hörte ich ihn über den Flur zur Außentür tappen. Vielleicht hat er nur die Tür aufgestoßen und ins Zimmer geschaut und gelauscht, ob alles in Ordnung wäre.«
»Er muß die Tür hinter sich wieder zugezogen haben«, sagte Cadfael, »denn sonst hättet Ihr sie nicht ein zweites Mal quietschen gehört. Wann machte Bruder Wilfred seinen Besuch?«
Bruder Rhys wußte die Zeit nicht genau. Er schüttelte den Kopf und grübelte. »Ich habe nach dem Mittagessen eine Weile geschlummert. Woher soll ich wissen, wie lange? Aber die anderen Brüder waren danach gewiß noch eine Zeitlang im Refektorium, denn Bruder Edmund kam erst später zurück.«
»Und das zweite Mal?«
»Das muß noch später gewesen sein, vielleicht eine Viertelstunde danach. Die Tür quietschte noch einmal. Wer auch immer da kam, hatte einen leichten Schritt, denn ich hörte ihn nur auf der Türschwelle, danach vernahm ich nichts mehr.
Und weil die Tür kein Geräusch macht, wenn sie zugezogen wird, weiß ich nicht, wie lange er da drinnen war, aber ich nehme an, daß er hineinging. Bruder Wilfred mochte einen guten Grund gehabt haben, dort drinnen nach dem Rechten zu sehen, aber dieser zweite hatte gewiß keinen.«
»Wie lange war er dort drinnen? Wie lange kann er drinnen gewesen sein?«
»Ich habe wieder geschlummert«, gab Rhys bedauernd zu, »und kann es Euch nicht sagen. Und er ging sehr leise, der Schritt eines jungen Mannes.«
Also konnte der zweite Elis gewesen sein, denn als Edmund ihm ins Zimmer folgte und ihn hinauswies, wurde zunächst kein Wort gesprochen, und Edmund, der sich so lange unter Kranken aufgehalten hatte, bewegte sich leise wie eine Katze. Vielleicht war es auch jemand anderes gewesen, ein bisher Unbekannter, der unentdeckt gekommen und gegangen war, bevor Elis mit seinem sicherlich harmlosen Anliegen eintrat.
Unterdessen konnte man zumindest herausfinden, ob Bruder Wilfred tatsächlich auf der Krankenstation geblieben war, um zu wachen, denn Cadfael hatte beim Mittagsmahl im Refektorium die Brüder nicht gezählt und nicht darauf geachtet, wer anwesend war und wer fehlte. Dann fiel ihm noch etwas ein.
»Hat irgend jemand während der fraglichen Zeit dieses Zimmer hier verlassen? Bruder Maurice zum Beispiel schläft tagsüber kaum, und wenn die anderen schlafen, könnte er vielleicht ruhelos werden und Gesellschaft suchen.«
»Solange ich wach war, kam niemand an mir vorbei und ging hinaus«, sagte Rhys bestimmt. »Und ich habe nicht sehr tief geschlafen; ich glaube, ich wäre aufgewacht, wenn jemand vorbeigegangen wäre.«
Das mochte wohl wahr sein, aber man durfte es nicht als sicher annehmen. Doch was er gehört hatte, schien recht zuverlässig. Die Tür war zweimal quietschend so weit aufgegangen, daß jemand das Zimmer hatte betreten können.
Bruder Maurice hatte sich, sobald ihm der Tod des Sheriffs zu Ohren kam, ohne gefragt zu werden zu der Tat geäußert. Bruder Edmund berichtete Cadfael in der halben Stunde Freizeit vor der Schlafenszeit davon.
»Ich hatte Gebete für des Sheriffs Seele gesprochen und gesagt, daß wir morgen eine Messe für ihn lesen würden - für einen ehrenhaften Mann, der hier unter uns starb und dem Haus ein guter Patron gewesen war. Und da steht Maurice auf und sagt geradeheraus, daß er gern Gebete für die Erlösung des Mannes sprechen würde, da nun seine Schuld voll gesühnt und der göttlichen Gerechtigkeit Genüge getan sei. Ich fragte ihn, durch welche Hand dies wohl geschehen wäre, da er doch so viel wisse«, erzählte Edmund mit einer für ihn untypischen Bitterkeit und noch mehr Resignation, »und er schalt mich, weil ich zweifelte, daß es Gottes Hand gewesen sei. Manchmal frage ich mich, ob die Krankheit seines Geistes ein Unglück oder bloß Verschlagenheit ist. Aber wenn man versucht, ihn festzunageln, dann windet er sich immer heraus. Er ist gewiß sehr zufrieden über diesen Todesfall. Gott möge uns alle unsere Verirrungen vergeben, und besonders jene, in die wir unwissentlich geraten.«
»Amen!« sagte Cadfael inbrünstig. »Maurice ist
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