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Lösegeld Für Einen Toten

Lösegeld Für Einen Toten

Titel: Lösegeld Für Einen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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betrat? Saht oder hörtet Ihr irgend etwas, das Euch seltsam vorkam? Vielleicht ein herumschleichender Mann, der nicht dorthin gehörte? Der Sheriff hatte Feinde«, sagte Cadfael fest, »wie wir anderen Sterblichen auch, und einer von ihnen war ein Todfeind. Was auch immer er schuldig war, hat er jetzt bezahlt oder wird es zahlen. Möge Gott keinem von uns eine so schlimme Rechnung präsentieren.«
    »Amen«, sagte Anion. »Bruder, als ich die Krankenstation verließ, traf ich keinen Mann, und ich sah keinen Mann, weder Freund noch Feind, in der Nähe jener Tür.«
    »Wohin wolltet Ihr gehen? Hier herunter, um die walisischen Pferde zu betrachten? Wenn dies so ist«, erklärte Cadfael leichthin, indem er Anions scharfem Blick auswich, »dann könntet Ihr ein Zeuge sein, falls einer dieser Burschen sich entfernte und etwa zu dieser Zeit seine Gefährten alleinließ.«
    Anion tat es mit einem geringschätzigen Achselzucken ab. »Ich war gar nicht in den Ställen, da noch nicht. Ich ging durch den Garten zum Bach hinunter. Bei Westwind kann man da unten die Berge riechen«, sagte er. »Mir wurde schlecht vom Geruch der eingesperrten alten Männer und von ihrem Gerede, das sich immer um dieselben Dinge dreht.«
    »Genau wie meines!« entgegnete Cadfael mitfühlend und erhob sich vom Sattel. Sein Blick fiel auf die Krücke, die achtlos an der offenen Stalltür lehnte, gute fünfzig Schritte von ihrem Besitzer entfernt. »Ja, man kann sehen, daß Ihr die Krücke bald nicht mehr braucht. Ihr habt sie gestern noch benutzt, jedenfalls, wenn Bruder Rhys sich nicht geirrt hat. Er hörte Euch auf dem Weg zum Garten durch den Flur tappen, oder er glaubt es jedenfalls.«
    »Das kann gut sein«, sagte Anion und schüttelte sich die zottige schwarze Mähne aus der gewölbten braunen Stirn. »Ich habe mich daran gewöhnt, nachdem ich sie so lange brauchte, auch wenn es jetzt nicht mehr nötig ist. Aber wenn es ein Tier zu versorgen gibt, dann vergesse ich sie und lasse sie hinter mir in der Ecke stehen.«
    Er drehte sich demonstrativ um, legte dem Pony einen Arm um den Hals und führte es langsam auf dem Pflaster herum, um seinen Gang zu beobachten. Das Gespräch war beendet.
    Bruder Cadfael war den ganzen Tag über mit seinen Alltagspflichten beschäftigt, doch dies hinderte ihn nicht daran, ausgiebig über die Umstände von Gilbert Prestcotes Tod nachzudenken. Der Sheriff hatte sich schon vor langer Zeit eine Gruft in der Kirche der Abtei, deren beständiger Patron und Wohltäter er gewesen war, reservieren lassen, und am folgenden Tag sollte er dort zur letzten Ruhe gebettet werden.
    Doch die Umstände seines Todes würden jenen, die zurückgeblieben waren, keine Ruhe lassen. Von seiner verzweifelten Familie bis zu den unglücklichen walisischen Verdächtigen und Gefangenen in der Burg gab es keinen Menschen, der nicht sein eigenes Leben durch diesen Todesfall erschüttert und verändert sah.
    Die Neuigkeit machte inzwischen sicher schon überall im Land die Runde, von Dorf zu Dorf und von Hof zu Hof in der ganzen Grafschaft. Zweifellos waren die Männer und Frauen in den Straßen von Shrewsbury eifrig damit beschäftigt, diesem und jenem die Schuld zuzuschreiben, wobei Elis ap Cynan ihr Lieblingsbösewicht war. Allerdings hatten sie nicht die winzigen Fädchen gesehen, die Cadfael in seiner kleinen Schachtel verwahrte, und sie waren nicht vergeblich durch den ganzen Bezirk geeilt, um ein Tuch zu finden, das aus den gleichen Farbtönen und einem gezwirbelten Goldfaden gewirkt war. Sie wußten auch nichts von der massiv goldenen Nadel, die aus Gilberts Totenzimmer verschwunden und im ganzen Bezirk nicht mehr aufzufinden war.
    Cadfael hatte Lady Prestcote mehrmals im Hof zwischen der Friedhofskapelle, wo ihr Gatte im Totengewand aufgebahrt lag, und dem Gästehaus hin und her gehen gesehen. Nur das Mädchen war nicht aufgetaucht. Gilbert, der jüngere Sohn, ein wenig verstört, doch des Unglücks nicht gewahr, spielte mit den Zöglingen und wurde dabei zärtlich von Bruder Paul, dem Novizenmeister, behütet. Mit seinen sieben Jahren betrachtete er die Absonderlichkeiten der Erwachsenen mit unbesorgtem Gleichmut und konnte sich heimisch fühlen, wo immer seine Mutter ihn plötzlich unterbrachte. Sobald sein Vater beerdigt war, würde sie ihn gewiß wieder von hier fortbringen, wahrscheinlich zu einem der Güter ihres Mannes, wo sein Leben unbeschadet und angenehm weitergehen würde.
    Einige enge Freunde des Sheriffs waren eingetroffen

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