Lösegeld Für Einen Toten
und hatten sich wohnlich eingerichtet. Cadfael sah ihnen müßig zu und verband edle Namen mit den trauernden Gesichtern. Er war gerade auf dem Weg zum Herbarium, als er einen unerwarteten, doch willkommenen Besuch entdeckte.
Schwester Magdalena trat zu Fuß und allein energisch durch die Pforte und sah sich nach einem bekannten Gesicht um.
Nach ihrem freudigen Blick und ihrem raschen Weiterschreiten zu schließen, war sie froh, Cadfael zu begegnen.
»Nun, nun!« sagte Cadfael und ging ihr entgegen, um sie ähnlich erfreut zu begrüßen. »Wir hätten nicht gedacht, Euch so bald schon wiederzusehen. Geht alles gut in Eurem Wald?
Keine weiteren Überfälle?«
»Bisher nicht«, entgegnete Schwester Magdalena vorsichtig, »aber ich würde nicht behaupten, daß sie es nicht wieder versuchen werden, wenn sie bemerken, daß Hugh Beringar gerade nicht zur Stelle ist. Es muß Madog ap Meredith hart angekommen sein, von einer Handvoll Waldleuten und Bauern zurückgeschlagen zu werden, und er mag wohl auf Rache sinnen und auf einen günstigen Augenblick warten.
Doch die Wäldler geben gut acht. Aber anscheinend sind nicht wir es, bei denen jetzt Aufregung herrscht. Was hörte ich da in der Stadt? Gilbert Prestcote tot und der walisische Bursche, den ich Euch schickte, der Tat beschuldigt?«
»Dann wart Ihr also in der Stadt? Und diesmal ohne kräftigen Begleitschutz?«
»Zwei sind bei mir«, sagte sie, »aber ich ließ sie bei dem Tuchhändler zurück, wo wir übernachten werden. Wenn es wahr ist, daß der Sheriff morgen begraben werden soll, dann muß ich bleiben, um ihm die letzte Ehre zu erweisen. Als wir heute morgen aufbrachen, habe ich an nichts Böses gedacht; ich kam in einer ganz anderen Angelegenheit. Eine Großnichte von Mutter Mariana, die Tochter eines Tuchhändlers hier aus Shrewsbury, will zu uns kommen und den Schleier anlegen. Ein einfaches Kind, nicht sehr klug, aber willig, und sie weiß, daß sie kaum Aussichten auf eine gute Partie hat. Besser, sie kommt zu uns, als daß sie wie ein schlechtgewachsenes Fohlen an den Erstbesten verkauft wird, der ein halbherziges Angebot für sie abgibt. Ich habe meine Männer und die Pferde auf ihrem Hof gelassen, wo ich erfuhr, was hier geschehen ist.
Im übrigen will ich die ganze Wahrheit hören - da unten in den Straßen kursieren sehr verschiedene Versionen.«
»Wenn Ihr eine Stunde Zeit habt«, sagte Cadfael munter, »dann kommt und trinkt ein Gläschen Wein mit mir im Kräutergarten. Ich will Euch die ganze Wahrheit berichten, so weit sie jedenfalls bis jetzt bekannt ist. Wer weiß, vielleicht findet Ihr einen Fingerzeig, den ich übersehen habe.«
In dem nach Holz duftenden düsteren Verschlag im Herbarium erzählte er ihr gemütlich und ausführlich alles, was er über Gilbert Prestcotes Tod wußte oder gefolgert hatte, auch das, was er im Hinblick auf Elis ap Cynan wußte. Sie lauschte, breitbeinig und aufrecht auf der Bank gegen die Wand gelehnt, den Becher mit beiden Händen umschlossen, um den schweren Rotwein zu wärmen. Sie bemühte sich nicht mehr, anmutig zu wirken, falls sie das überhaupt jemals getan hatte, besaß ihre kräftige Gestalt doch eine ganz eigene Anmut.
»Ich würde nie behaupten, daß der Junge nicht töten könnte«, sagte sie schließlich. »Diese Jungen handeln ohne nachzudenken, und das Bedauern kommt erst hinterher. Aber ich glaube nicht, daß er den Vater seines Mädchens töten würde. Ihr sagt, es muß sehr leicht gewesen sein, den Mann aus der Welt zu schaffen, und ich glaube Euch; so könnte selbst einer, der gar keinen Mord begehen will, es tun, ohne zu bemerken, was er tut. Ja, aber die, welche ein Mann leichthin tötet, sind für gewöhnlich Fremde, die ihm nichts bedeuten.
Doch dieser hier hatte eine klare Identität - er war ihr Vater, kein geringerer als der Mann, der sie zeugte. Und doch«, räumte sie kopfschüttelnd ein, »mag ich mich in ihm irren. Er mag einer sein, der tut, was jemand seiner Art eigentlich nicht tut. Es gibt immer eine Ausnahme.«
»Das Mädchen glaubt fest an seine Schuld«, sagte Cadfael nachdenklich, »vielleicht, weil sie sich nur zu gut dessen bewußt ist, was sie für ihre eigene Schuld hält. Der Herr kehrt zurück, und die Liebenden werden auseinandergerissen - es ist kein großer Schritt davon zu träumen, daß er nicht zurückkehrt, und kein großer Sprung, seinen Tod als letztendliche Ursache des Ausbleibens herbeizuwünschen.
Doch waren dies gewiß nur Träume, keine
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