Lösegeld Für Einen Toten
wissen, ob es zu mehr Erkenntnissen führt, als wir bereits besitzen. Nur, daß es so sein könnte! Ach, es gibt so viele Seelen, die zu ihrem Trost diese Angelegenheit geklärt wissen wollen. Sogar der Schuldige.«
»Der an erster Stelle«, sagte Radulfus und schwieg eine Weile. Das Licht in seinem Sprechzimmer begann gerade zu verblassen. An diesem bewölkten Tag war die Dämmerung früh gekommen. Etwa zu dieser Zeit, vielleicht ein wenig früher, wartete Hugh wahrscheinlich am großen Wall bei Rhyd-y-Croesau in der Nähe von Oswestry auf Owain Gwynedd. Es sei denn, Owain neigte wie er dazu, zu einem Treffen zu früh zu kommen. Diese beiden würden sich ohne viele Worte verstehen. »Laßt uns zum Abendgebet gehen«, sagte der Abt, indem er aufstand, »und um Erleuchtung beten. Morgen nach der Prim werden wir noch einmal darüber reden.«
Die Waliser aus Powys hatten bei ihrem Vorstoß nach Lincoln sehr gut abgeschnitten, denn sie führten ihn eher wegen der Beute aus, als aus dem Wunsch heraus, dem Grafen von Chester, der weit häufiger Feind als Verbündeter war, zu helfen. Madog ap Meredith war gern bereit, abermals gemeinsam mit Chester zu handeln, vorausgesetzt, für Madog war Profit herauszuschlagen, und die Nachricht von Ranulfs Vorstößen über die Grenzen von Gwynedd und Shropshire ließen ihn an erfreuliche Gelegenheiten denken. Es war schon einige Jahre her, daß die Männer aus Powys die Burg von Caus eingenommen und teilweise niedergebrannt hatten; dies war geschehen, nachdem William Corbett gestorben und sein Bruder und Erbe abwesend gewesen war; sie hatten diesen vorgeschobenen Außenposten seitdem als günstig gelegene Basis für weitere Übergriffe gehalten. Da Hugh Beringar nun mit der halben Garnison von Shrewsbury nach Norden gezogen war, schien die Zeit reif zum Handeln.
Das erste, was geschah, war ein Blitzüberfall von Caus aus durch das Tal in Richtung Minsterley, wo ein isoliertes Anwesen niedergebrannt und eine kleine Viehherde weggetrieben wurde. Die Räuber zogen sich so schnell zurück, wie sie gekommen waren, und als die Männer von Minsterley sich gegen sie sammelten, waren sie mit ihrer Beute schon durch die Hügel nach Caus geflohen. Aber es war ein deutlicher Hinweis darauf, daß man sie mit einem größeren Aufgebot noch einmal erwarten mußte, da dieser erste Überfall so mühelos und ohne Verluste gelungen war. Alan Herbard schwitzte, trieb noch ein paar Männer auf, um Minsterley zu verstärken, und wartete auf das Schlimmste.
Die Botschaft von diesem probeweisen Überfall erreichte die Abtei und die Stadt am nächsten Morgen. Die trügerische Ruhe, die darauf folgte, war zu schön, um wahr zu sein, aber die Männer aus dem Grenzland, die an Unsicherheit wie an eine Alltäglichkeit des Lebens gewöhnt waren, beseitigten gelassen die Trümmer und hielten ihre Hippen und Mistgabeln bereit.
»Es scheint mir jedoch«, sagte Abt Radulfus, als er die Situation ohne Überraschung oder Schrecken, doch mit Sorge um die von zwei Seiten bedrohte Grafschaft bedachte, »daß es für beide Parteien jener Konferenz im Norden gut wäre, wenn sie von diesem Überfall wüßten. Hier besteht ein beidseitiges Interesse. Wie kurzlebig es sich auch erweisen mag«, fügte er trocken hinzu und lächelte. Als Fremder unter den Walisern hatte er seit seiner Ernennung in Shrewsbury eine Menge dazugelernt. »Gwynedd ist ein enger Nachbar von Chester, Powys jedoch nicht, und ihre Interessen sind sehr unterschiedlich. Außerdem, scheint mir, kann man darauf vertrauen, daß er ehrbar und vernünftig ist. Der zweite aber - nein, nach unseren Maßstäben würde ich ihn weder für klug noch für zuverlässig halten. Ich will nicht, daß unsere Leute im Westen bedrängt und ausgeplündert werden, Cadfael. Ich habe über unser gestriges Gespräch nachgedacht. Wenn Ihr noch einmal nach Wales reist, um jene Herren zu finden, die uns besuchten, dann werdet Ihr auch in der Nähe des Ortes sein, an dem Hugh Beringar mit dem Prinzen berät.«
»Gewiß«, erwiderte Cadfael, »denn Einon ab Ithel ist in der Rangfolge nach Owain Gwynedds penteulu, dem Hauptmann seiner Leibwache, der zweite. Sie werden zusammen sein.«
»Wenn ich Euch denn also als meinen Gesandten zu Einon schicke, dann wäre es nur gut, wenn Ihr auch zur Burg gehen und dem jungen Stellvertreter erklären könntet, daß Ihr Euch auf diese Reise begeben wollt und nach seinem Belieben Botschaften an Hugh Beringar übermitteln könnt. Ich glaube, Ihr
Weitere Kostenlose Bücher