Lösegeld Für Einen Toten
verschlafen?«
»Ich vermißte ihn, als ich erwachte«, sagte Eliud. »Ich weiß nicht, wie und wann er ging. Aber ich kenne ihn. Wenn er in der Nacht aufstand, weil er die Ankunft Eures Mannes hörte, und wenn er dabei belauschte - trifft dies zu? -, daß die Waliser von Powys und in großer Zahl nahe heranrücken, dann, so schwöre ich Euch, ist er nur aus Furcht um Gilbert Prestcotes Tochter geflohen. Sie ist bei den Schwestern in Godric's Ford, und Elis liebt sie. Ob sie ihn verschmäht oder nicht, er hat nicht aufgehört, sie zu lieben, und wenn sie in Gefahr ist, wird er sein Leben und sogar seine Ehre hingeben, um sie in Sicherheit zu bringen. Wenn er das getan hat«, fuhr Eliud leidenschaftlich fort, »dann wird er hierher zurückkehren, um sich dem Schicksal zu stellen, das ihn erwartet. Er ist kein Abtrünniger!
Er hat seinen Eid nur für Melicent gebrochen - und er wird zurückkommen! Ich verpfände meine Ehre für ihn! Mein eigenes Leben!«
»Ich möchte Euch daran erinnern«, sagte Herbard grimmig, »daß Ihr das bereits getan habt. Jeder von Euch hat sein Wort für beide gegeben. In diesem Augenblick habt Ihr Eure Ehre verloren und seid die Sicherheit für seinen Verrat.
Ich könnte Euch hängen lassen und wäre völlig im Recht.«
»Dann tut es!« entgegnete Eliud und wurde kreidebleich.
Seine Augen weiteten sich und flackerten grün. »Hier bin ich, immer noch das Unterpfand für ihn. Ich sage Euch, dieser Hals gehört Euch, wenn ich mich in Elis irre. Ich gebe Euch selbst die Erlaubnis dazu. Wie ich sehe, bereitet Ihr Euch auf einen Ausritt vor. Ihr wollt gegen die Waliser von Powys ziehen.
Nehmt mich mit Euch! Gebt mir ein Pferd und eine Waffe, und ich werde für Euch kämpfen, und Ihr könnt einen Bogenschützen in meinem Rücken postieren, der mich niederschießt, sobald ich eine falsche Bewegung mache. Und wenn Elis nicht bis aufs letzte Wort genau das tut, was ich sage, nun, Ihr könnt mir jetzt schon ein Seil um den Hals legen, um mich an den nächsten Baum zu knüpfen, sobald die Männer aus Powys zurückgeschlagen sind.«
Er zitterte vor Inbrunst, gespannt wie eine Bogensehne.
Herbard riß angesichts solcher Leidenschaft die Augen weit auf und musterte ihn einen langen Augenblick in besorgter Überraschung. »So sei es!« sagte er schließlich abrupt und wandte sich an seine Männer. »Sorgt dafür! Gebt ihm ein Pferd und ein Schwert, legt ihm ein Seil um den Hals und laßt den besten Bogenschützen dichtauf folgen; er soll sich bereithalten, ihn zu erschießen, falls er uns hintergeht. Er sagt, er sei ein Mann, der zu seinem Wort steht, und sein entflohener Freund sei nicht anders wie er. Nun gut, wir wollen ihn bei seinem Wort nehmen.«
In der Tür drehte er sich noch einmal um. Eliud hatte Elis' roten Mantel aufgehoben und hielt ihn in den Armen. »Wenn Euer Vetter nur halb der Mann gewesen wäre, der Ihr seid«, sagte Herbard, »dann könntet Ihr Euch Eures Lebens völlig sicher sein.«
Eliud fuhr herum und drückte den zusammengefalteten Mantel an sich, als wolle er einen unerträglichen Schmerz mit Balsam lindern. »Habt Ihr es denn immer noch nicht verstanden? Er ist besser als ich, tausendmal besser!«
12. Kapitel
Auch in Tregeiriog stand man im ersten Morgengrauen auf, kaum zwei Stunden nach Elis' Flucht durch die Pforte in Shrewsbury, denn Hugh Beringar war die halbe Nacht durchgeritten und im taubengrauen Dämmerlicht des frühen Morgens eingetroffen. Schläfrige Burschen standen mit roten Augen da, um die Pferde ihrer englischen Gäste zu übernehmen; es war eine Truppe von zwanzig Männern. Hugh hatte die anderen gutbewaffnet und gutausgerüstet im Norden der Grafschaft verteilt, und bisher hatten sie den wenigen und zögernden Angriffen, denen sie ausgesetzt worden waren, leicht widerstanden.
Bruder Cadfael, der auf nächtliche Ankömmlinge ebenso empfindsam reagierte wie Elis, war aus dem Schlaf gefahren, als er die Geräusche und das Gemurmel hörte. Die Sitte, bis auf die Kapuze in voller Tracht zu schlafen, so daß er sofort aufstehen und gehen konnte, barfuß oder nachdem er die Sandalen angezogen hatte, wie mitten am Tag, hatte einiges für sich. Zweifellos war diese Sitte entstanden, als die Mönchsklausen an sehr gefährlichen Orten erbaut worden waren, und die Zeit hatte ihr den Segen der Tradition gegeben.
Cadfael verließ das Zimmer und hatte schon die halbe Strecke zu den Ställen zurückgelegt, als er Hugh im perlmuttfarbenen Zwielicht begegnete;
Weitere Kostenlose Bücher