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Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Löwenherz. Im Auftrag des Königs

Titel: Löwenherz. Im Auftrag des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Schwert, das du da trägst, Johnny!«, zischte er.
    »Im Augenblick trägt es der da vorne!«, gab Johnny zurück und deutete auf einen der Wachsoldaten. Die Männer hatten die Waffen der Kinder an sich genommen. Keiner der Ritter und Edelleute in der großen Halle trug eine Waffe – König Richard war der Einzige, und allen dreien war mittlerweile klar geworden, dass es das zeremonielle Krönungsschwert gewesen war, mit dem er den Streich des Soldaten abgefangen hatte. Wenn man so wollte, dann hatte das Symbol für die Wehrhaftigkeit des Königreichs Edith gerettet.
    »Und ich …«, murmelte Johnny kaum hörbar.
    Robert blieb hartnäckig: »Ich will mein Schwert zurück!«
    »Genau deswegen hab ich’s doch meinem Vater geklaut, du Idiot!«, brauste Johnny auf. »Damit ich es dir zurückbringen kann.« Als er merkte, dass alle im Thronsaal ihn und Robert anstarrten, wurde er rot wie ein Granatapfel.
    Edith war erstaunt, dass der König den Aufruhr draußen mit keinem Wort erwähnte. Stattdessen befahl er den Musikern, das unterbrochene Spiel wieder aufzunehmen.
    Der Boden der Halle war mit frischem Heu bestreut, Tische und Bänke bildeten ein großes U, das zu einem Podium hin offen war. Darauf stand ein langer Tisch, an dem bereits einige kirchliche Würdenträger Platz genommen hatten. Dienstboten brachten für jeden eine dicke Brotscheibe, die als Tellerersatz diente. Später würde Fleisch aufgelegt werden, und wenn die Brote sich mit Bratensoße und Fett vollgesogen hatten, würden die Gäste sie unter den Tisch werfen, wo die Jagdhunde hungrig darauf warteten. Wer sich von den Herren als besonders großzügig gegenüber dem Gesinde erweisen wollte, warf das Brot stattdessen zu der Strohschütte in der Ecke des Saals, wo Knechte und Mägde mit ihren Kindern lagerten und hofften, etwas von der Tafel zu bekommen. Die Kinder würden sich kaum weniger grimmig um die Beute balgen als die Hunde unter den Tischen.
    Richard flüsterte einem grauhaarigen Mann etwas zu. Dieser trat nun sichtlich widerwillig auf die neuen Gäste zu und lud sie ein, an der Tafel Platz zu nehmen.
    »Je näher wir an dem Einzeltisch vorne sitzen, desto höher werden wir geschätzt!«, raunte Robert Johnny aufgeregt zu.
    Sie erhielten Plätze am untersten Ende. »Na, da liegen wir ja goldrichtig!«, brummte Johnny.
    Schon kam ein Diener mit Brotscheiben herbei. Dann erhielten Johnny und Edith, die nebeneinandersaßen, einen gemeinsamen Becher, Robert einen eigenen. Die Magd legte neben jeden Platz ein kurzes Messer.
    »Löffel, Mylord?«, fragte sie mit untrüglichem Instinkt Robert und nicht Johnny. Eigentlich führte jedermann auf Reisen seinen eigenen Löffel mit, aber John Millers Leute hatten Edith und Robert alles abgenommen. Und Johnny Greenleaf war Hals über Kopf aus dem Lager geflohen.
    »Wir wurden ausgeraubt«, erklärte Robert, als er merkte, dass seine Sitznachbarn hämisch grinsten.
    Ein Mann mit einem Pagenkopf beugte sich zu Robert hinüber und fragte: »Woher kennt Ihr den Kanzler Seiner Gnaden?«
    Robert sah ratlos aus. Sein Nachbar nickte in die Richtung des grauhaarigen Mannes, der ihnen die Plätze zugewiesen hatte. »Guilhelm de Longchamp.«
    »Wir sind nicht mit ihm bekannt. Aber wir kennen den König.«
    »Oh.« Der Mann mit dem Pagenkopf hob spöttisch die Augenbrauen.
    Edith, die erstaunt bemerkt hatte, dass sich die Frauen hier so munter am Gespräch beteiligten wie die Männer, warf ein: »Wir kennen Seine Gnaden nicht persönlich, aber wir sind Verwandte.«
    »Ah.«
    »Genauer gesagt ist unsere Mutter mit Königin Aliénor verwandt«, erklärte Edith, die registrierte, dass ihr Gegenüber einen starken angelsächsischen Akzent hatte. Hier am Tischende saßen nur die Rangniedersten – und das waren anscheinend die Angelsachsen.
    »Wir sind hier, um …«, begann Robert.
    »… um König Richard zu gratulieren«, unterbrach Edith ihn schnell.
    »Ich dachte, Euer … hm …« Ein halb ratloser, halb herausfordernder Seitenblick traf Johnny.
    Edith hatte bisher keine Zeit gehabt nachzudenken, aber jetzt wurde ihr klar, dass die andern Gäste sich über sie und ihre beiden Gefährten wundern mussten: Eine junge Frau in ihrem Alter reiste allein mit zwei Halbwüchsigen! Wo, so fragten sich die Tischnachbarn sicher, war Ediths Magd, Mönch oder Kaplan, wo die Anstandsdame, wo ihre Eskorte? Nicht einmal die ärmsten Bauernmädchen waren allein mit zwei Männern unterwegs.
    »… mein Cousin«, improvisierte

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